Im „Wackel-Dackel-Lauf“ zum Platz robben – Auswärtsfahrten im Rollstuhlbasketball

Auswärtsfahrten im Basketball? Kein Problem! Selbst im Amateursport oft ein nettes Happening, wenn man sich zur gemeinsamen Autobahnfahrt in Privat-PKW`s oder via Klein-Bus an der Sporthalle trifft, um danach gemeinsam auf fremdem Parkett zu wirbeln. Doch wie läuft – oder besser rollt- das ganze eigentlich beim Rollstuhlbasketball? Wie funktioniert eine Auswärtsfahrt für eine Mannschaft mit querschnittsgelähmten Spielern und Akteuren ohne Beine? Rollt. hat bei Sebastian Block nachgefragt, der es wissen muss – schließlich organisiert und koordiniert Block seit vielen Jahren die Auswärtsfahrten des Deutschen Meisters RSV Lahn-Dill.

Sebastian Block vom RSV Lahn-Dill

Sebastian Block vom RSV Lahn-Dill

Sebastian, was genau ist dein Job beim RSV Lahn-Dill? 

Ich bin seit 2006 im Verein und aktuell zuständig für die Koordination der Auswärtsfahrten sowie der Heimspiele. Angefangen habe ich als Fahrer eines Klein-Busses, wenn wir in der Bundesliga auswärts unterwegs waren. Doch wir sind immer weiter gewachsen und heute habe ich die Gesamtkoordination der Auswärtsfahrten übernommen. Nun ziehe ich mir einen Nachfolger heran, der die Fahrten quer durch Deutschland begleitet.

Und das läuft alles genau wie? 

Zu Beginn der Saison plane ich die gesamte Spielzeit, stimme mich mit unserem Bus-Partner ab und berechne die Kilometer. Ich überlege, ob und wo wir Zwischenstopps machen, wie die Verpflegung aussieht und wie oft wir anhalten. Hier geht es ja schon los: Wir benötigen selbstverständlich länger bei einem Verpflegungsstopp und können nicht mal eben an der Autobahnraststätte rausspringen.

Wie läuft denn eine Auswärtsfahrt genau ab? 

Zunächst treffen wir uns alle an der August-Bebel-Halle in Wetzlar. Dann haben die ganzen Rollstuhlfahrer erst mal Pause, schließlich müssen wir den Bus mit dem ganzen Equipment beladen. Hierzu gehört das gesamte Material des Technikers, unser Equipment für Videoaufnahmen, die Verpflegung, die Sportrollstühle und das Material der medizinischen Abteilung. Das läuft Hand in Hand und schon ziemlich gut. Mittlerweile haben wir sogar einen Packplan und der Busfahrer weiß genau, wo er was hinpacken muss. Das ist schon ein großer Vorteil.

Und wie “steigt” dann die Mannschaft in den Bus? 

Von der Lufthansa haben wir einen Rolli erhalten, der sonst bei Flugzeugen eingesetzt wird. Damit können wir unsere Lowpointer wie Björn Lohmann oder Annabel Breuer in den Bus hieven. Sie sitzen dann die gesamte Fahrt auf einem Platz, nämlich dort, wo wir sie hingetragen haben. Die anderen Spieler können “wackel-dackel-mäßig” zu ihrem Platz robben. Für die Jungs ist das Routine, vor allem weil wir einen gut ausgestatteten Reisebus mit bequemen Sitzen und Toilette an Bord haben.

Nun spielt ihr ja auch international. Wie sieht das ganze denn in der EuroLeague bei Flugreisen aus? 

Wir fliegen eigentlich generell nur Lufthansa und haben prinzipiell Probleme mit Übergepäck. Vorab werden immer sehr viele Fragen beim Check-In gestellt, vor Ort ist alles dann aber doch ein Problem – vor allem der zweite Rollstuhl, also quasi das Sportgerät. Flugzeuge und die Gepäckausgaben sind einfach nicht gemacht für Rollstuhlfahrer, das muss man klar sagen. Die Airlines reagieren da doch recht tollpatschig, Normalität gibt es hier eigentlich kaum. Einige Fluggesellschaften lehnen es übrigens ab, so viele Rollis mitzunehmen.

Gab es nicht beim letzten Finalturnier der EuroLeague einen unerfreulichen Vorfall in Madrid? 

In der Tat. Der Sportrollstuhl von unserem britischen Nationalspieler Joe Bestwick wollte einfach nicht durch die Ladeluke passen. Leider wurde der Rollstuhl durch den Druck verbogen und war für Joe nicht nutzbar. In einer Nacht- und Nebel-Aktion haben wir dann einen neuen Rollstuhl aus England organisiert.

Gibt es denn auch positive Beispiele? 

Ja, zum Beispiel die Japan Airlines, als wir 2006 über Tokio nach Fukushima zum Weltpokal geflogen sind. Die waren organisiert, aufgeräumt und serviceorientiert. Dort waren wir einfach normale Fluggäste und nicht Rollstuhlfahrer, die auch mal fliegen.

 

Übrigens: Das ganze Interview und noch viel mehr gibt es bei unserem Partnermagazin OBEN – Basketballkultur im Nordwesten.

 

Interview: Sven Labenz // Foto: RSV Lahn-Dill 

 

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