Marcus Jach ist seit Herbst 2021 für den Spielbetrieb in der Rollstuhlbasketball-Bundesliga zuständig. Gerade während der Corona-Zeit war der Vorsitzende der Kommission 1 gefordert und hat kräftig jongliert, um eine ordentlichen Ablauf in den Ligen sicherzustellen. Woher der 41-Jährige seine persönliche Motivation nimmt, was es mit dem neuen Play-off-Modus in der RBBL2 auf sich hat und was der Bezirksliga-Basketballer plant, um die Liga und den Sport noch attraktiver zu gestalten, verrät der gebürtige Herforder im ausführlichen Interview.
Marcus, seit September 2021 zeichnest du dich für den hiesigen Rollstuhlbasketball-Spielbetrieb verantwortlich. Was war deine persönliche Motivation, dich in den Fachbereich einzubringen?
Ich bin seit über 10 Jahren im Rollstuhlbasketball aktiv. Zunächst bin ich als Schiedsrichter eingestiegen. Später habe ich dann das Amt des Schiedsrichterwartes in der AG NRW übernommen.
Wie ging es weiter?
Hans-Jürgen Bäumer fragte mich dann, ob ich mit in die Kommission 1 einsteigen und ihn unterstützen möchte. Da musste ich nicht lange zögern.
Warum das?
Nun, ich habe in all den Jahren viel gelernt – über den Sport, die Menschen und auch über mich selbst. Daran bin ich gewachsen und habe mich weiterentwickelt. Der Sport, und hier ganz speziell der Rollstuhlbasketball, hat mir persönlich sehr viel gegeben und ich fand, dass es an der Zeit war, ihm auch etwas zurückzugeben.
Das ist eine tolle Einstellung. Jetzt war es aber so, dass du während der Corona-Hochzeit mit Sicherheit stark gefordert warst und mit Spielansetzungen jongliert hast. Wie müssen sich Außenstehende deinen Job vorstellen? Kannst du uns die wesentlichen Eck- und Schwerpunkte deiner Arbeit nennen, so dass sich die Community ein Bild des Aufgabenspektrums machen kann?
Schwerpunkt meiner Arbeit ist die eigentliche Vorstandsarbeit im Fachbereich. Dort bringe ich meine Themen und Vorschläge ein. Ein wiederkehrendes Hauptthema auf meinem Tisch ist beispielweise das jährliche Veröffentlichen der Gesamtausschreibung – es steht in Kürze wieder an.
Was noch?
Ferner bin ich der Hauptansprechpartner für die RBBL und RBBL2 und organisiere bspw. die regelmäßigen Online-Sitzungen oder die jährliche Bundesliga-Versammlung. Im Grunde genommen gibt die Kommission 1 die Rahmenbedingungen vor, auf denen der gesamte Spielbetrieb fußt. Daraus ergibt sich dann auch wieder eine Schnittstelle in die Regionen, die ich ebenfalls bediene.
Und dann war da Corona …
… ganz genau. Corona war in den letzten zwei Jahren das dominierende Thema und gerade in den letzten Wochen hatten auch wir in der RBBL und RBBL2 massiv damit zu kämpfen. Im Grunde genommen agiert man dann wie ein Notfall-Manager und steht mit den Vereinen im regelmäßigen Kontakt und Austausch.
Marcus Jach im Einsatz als RBBL-Referee (Foto: Franziska Möller)
Als „berufsmäßiger Controller“ bist du es gewohnt, den Entscheidungsträgern Zahlen, Daten und Fakten zu liefern und Handlungsempfehlungen auszusprechen, so dass der Return on Investment wie auch das Betriebsergebnis steigt. Was muss deiner Meinung nach noch angestoßen werden, dass der Spielbetrieb noch besser läuft bzw. dich der Sport an sich weiter positiv entwickelt?
Für mich sind es mehrere Aspekte. Stabile Verhältnisse in der RBBL und RBBL2 mit beständigen Teilnehmerzahlen, also gemeldeten Mannschaften, und insbesondere ein funktionierender Unterbau in den darunter befindlichen Ligen. Das sorgt dann aus meiner Sicht dafür, dass sich Spieler*innen in den Mannschaften weiterentwickeln, mit ihren Mannschaften vielleicht eine Liga aufsteigen oder irgendwann Spielzeit bzw. führende Rollen in Bundesliga-Mannschaften bekommen. Leider hat uns da aus meiner Sicht die Corona-Zeit massiv zurückgeworfen und wir werden jetzt alle gemeinsam viel Arbeit investieren müssen, um z.B. Teams nach fast 2-jähriger Pause wieder in den geregelten Spielbetrieb zurückzubekommen.
Blickst du auch über den Tellerrand?
Ja, klar. Da ich ursprünglich vom Fußgängerbasketball komme, habe ich natürlich die dortigen Entwicklungen und den Aufbau der entsprechenden professionellen Strukturen in den letzten Jahren mitbekommen. Ich sehe die ProB und Regionalligen im DBB als eine Art Blaupause für unseren Sport an und schaue regelmäßig, welche dortigen Regelungen und Strukturen bei uns vielleicht auch Sinn machen könnten. Dabei will ich die Vereine aber auch nicht überfrachten, denn nicht alles was im Fußgängerbasketball funktioniert lässt sich bei uns eins-zu-eins umsetzen.
Lass mich direkt sein und das Thema wechseln: Am 13. Spieltag lagen von drei RBBL-Partien nach Spielende keine vollständigen Stats resp. kein Scouting vor. Wir von der Rollt. – aber auch andere interessierte Dritte – konnten nicht auf wichtige Infos zurückgreifen. Mit Sicherheit gibt es immer Gründe, die zu diesen Ausfällen führen. Was wird seitens des Fachbereichs getan, dass die Datenqualität und die Informationsversorgung steigt?
Das ist im höchsten Maße ärgerlich und sollte eigentlich nicht vorkommen. Wir werden dazu den Dialog mit den Vereinen suchen, um gemeinsame Maßnahmen zu erarbeiten und zu beschließen, damit so etwas in der Zukunft nicht wieder vorkommt, also z.B. Back-ups oder wiederkehrende Schulungen. Für die Zukunft glaube ich, dass der elektronische Spielberichtsbogen insgesamt noch eine Verbesserung bringen wird. Der DBB hat diesen im Fußgängerbasketball bereits in den ersten Ligen im Einsatz und wir möchten ihn mittelfristig ebenfalls bei uns in der Bundesliga einsetzen.
In der RBBL2 gibt es bekanntermaßen einen neuen Play-off-Modus. Magst du diesen stichpunktehaft erläutern und berichten, was sich der Fachbereich von der Neuerung verspricht?
Gerne. Wir spielen drei Runden, jeweils mit Hin- und Rückspiel. Es kommt die Mannschaft eine Runde weiter, die in der Addition beider Spiele mehr Punkte erzielt hat. Das führt dazu, dass es auch mal in einem Spiel zu einem Unentschieden kommen kann. Im Viertelfinale wird noch innerhalb der beiden Staffeln gespielt, ab dem Halbfinale über Kreuz.
Was war der Hintergrund der Neuregelung?
Nun, uns war es wichtig, die RBBL2 aufzuwerten, den sportlichen Stellenwert zu erhöhen und die Liga damit schlussendlich mehr publik zu machen. Deshalb wird auch erstmals offiziell ein Titel vergeben – „Meister der RBBL2“ – und eine Trophäe übergeben. Die Pläne dazu hatten wir bereits vor Corona ausgearbeitet, konnten sie aber bekanntermaßen nicht umsetzen. Außerdem können wir mit dem Modus den Teams so auch mehr Spiele anbieten, im Hinblick auf die Anwerbung von Sponsoren ein nicht von der Hand zu weisendes Argument. Der Modus ist mit den Teams besprochen worden und hatte breite Zustimmung erfahren.
Kannst du uns kurz an die Hand nehmen und uns von den Themen berichten, die, neben dem operativen Tagesgeschäft, auf deiner bzw. eurer Zukunftsagenda stehen? Stichwort: Ein- oder zweigleisige RBBL2.
Mein Ziel ist es auch weiterhin eine zweigleisige RBBL2 auszuschreiben. Das funktioniert aber nur, wenn es genug Mannschaften gibt, die am Spielbetrieb teilnehmen. Wenn die Vereine jedoch beschließen, zukünftig lieber in einer eingleisigen RBBL2 an den Start gehen zu wollen und mir das mitteilen, werde ich den Auftrag annehmen und das entsprechend umsetzen.
Was steht noch auf deiner bzw. eurer To-do-Liste?
Auf der Agenda steht für uns definitiv noch das Thema Unterbau und Breitensport. Hier müssen wir, wie schon zuvor angedeutet, wieder etwas aufholen. Wir wollen also ein Angebot für die Vereine schaffen, einfacher in den geregelten Spielbetrieb einzusteigen und damit Anfängern und Einsteigern die Möglichkeit zu geben, mehr zu spielen. Dazu laufen bereits interne Gespräche und ich bin zuversichtlich hier in naher Zukunft auch etwas Positives berichten zu können.
Gibt es etwas, dass dir noch wichtig ist?
Dass hoffentlich mit der neuen Saison wieder regulär in allen Ligen gespielt wird und uns durch die Corona-Zeit nicht zu viele Spieler*innen und Teams verloren gegangen sind.
Zum Schluss möchte ich dich bitte, noch eins, zwei persönliche Worte über Hans-Jürgen Bäumer zu verlieren. Was wäre der Spielbetrieb bzw. der organisierte Rollstuhlbasketball ohne ihn?
Ich glaube, dass wir ohne ihn nicht dort wären, wo wir heute im Spielbetrieb stehen. Er hat, gerade mit seinem Wissen und der Erfahrung aus den ganzen Jahren im Fußgängerbasketball, bei uns viele Dinge im Hintergrund angestoßen und modernisiert, dabei auch teilweise gegen Widerstände ankämpfen müssen. Dafür gebührt ihm mein und unser aller Respekt und Dankeschön.
Dem kann ich mich nur anschließen. Ich danke dir für deine Zeit, Marcus.
Interview: Martin Schenk | Foto: Franziska Möller