BIG #108: Wer kreativ und anders ist, fällt auf

„Journalisten sind grundsätzlich faul“, hauchte mir mal ein Kollege der schreibenden Zunft bei einer Tasse Kaffee über den Frühstückstisch. Die Zeitungsauflagen sinken, die Personaldecken werden dünner, und die Zeitfenster für echte Recherche und investigativen Journalismus haben nur noch die Breite eines unbeschriebenen Blattes Papier. Um es auf den Punkt zu bringen: Wer es als Basketballverein regelmäßig in die lokale Presse schaffen möchte, muss eine gesunde Hartnäckigkeit an den Tag legen und dafür Sorge tragen, dass der Redakteur an seinem Notebook möglichst wenig Arbeit hat. Copy & paste heißt die Devise in vielen (Zeitungs-)Redaktionen der Republik.

Wobei an dieser Stelle die freche Frage erlaubt sei: Warum möchte ich als Klub überhaupt regelmäßig in der Zeitung stehen? Denn: Wer liest heutzutage noch bedrucktes Papier? Sind die Haptiker unter den News-Nerds überhaupt meine Zielgruppe? Freut sich der Sponsor noch, wenn ihm die beflockte Trikotbrust im lokalen Käseblatt entgegenstrahlt? Fragen über Fragen.

Bevor mich jetzt das Kündigungsschreiben der BIG-Chefredaktion erreicht, muss ich mich outen – und eine dicke Lanze für bedrucktes Papier brechen. Ich mag das Schmökern in einer Zeitschrift, den Duft, das Stöbern im Zeitschriftenladen am Bahnhof und den kindlich-erwartungsfrohen Gang zum Briefkasten. Aber sei’s drum. Anderes Thema. Ein Basketballverein muss sich in der Tat fragen, wie er in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden möchte.

  • Welche Botschaften sollen wie und wo ankommen?
  • Was sind die Kanäle, die der Klub bespielen möchte?
  • Wer liefert die Inhalte (neudeutsch: Content)?
  • Wen möchte ich erreichen?
  • Und wie werde ich dem FOMO-Typen (Fear of Missing Out: Angst, etwas zu verpassen) und dem News-Überdrüssigen gerecht?

Während sich der seichte News-Empfänger A über die Meldung zur neuen Frisur seines Lieblingsspielers freut, erwartet Empfänger B eine substanzielle Informationsversorgung. Relevanz heißt das Zauberwort. Oberflächlichkeit, Boulevard und Clickbait-Überschriften treffen auf Hintergrundinformationen, Recherche und echten Zeiteinsatz. Für welchen (Mittel-)Weg sich der Verein und sein Pressesprecher auch entscheiden mag, es gibt auf jeden Fall einige Leitplanken, an denen sich die Verantwortlichen orientieren sollten:

Kontinuität und Verbindlichkeit

Alle paar Wochen mal eine Pressemeldung zu schreiben oder hier und da mal einen Facebook-Post rauszuhauen, hat dieselbe Wirkung wie Wasser ins Meer zu schütten – es verpufft. Fans und Informationsinteressierte werden nicht abgeholt. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier und liebt Routinen. Sprich: Der Klub muss eine wie auch immer geartete Regelmäßigkeit sicherstellen. Einfache Redaktionspläne bieten Abhilfe: Freitag Vorbericht, Samstag: Spielankündigung, Samstagabend: Ergebnismeldung, Sonntag: Statement zum Spiel, Montag: Fotos, Dienstag: Jugend, Mittwoch: Vereinshistorie usw.

Professioneller Anspruch

Ich muss kein Vollprofi und Pulitzer-Preisträger sein, aber einen professionellen Anspruch an mein Handwerk sollte ich auf jeden Fall haben. Verwackelte Handyfotos, Videos mit miserablem Sound, Posts, Pressemeldungen und Spielberichte mit Grundschul-Rechtschreibfehlern etc. sind ein absolutes No-Go. All dieser Content spiegelt die Handschrift des Vereins wider. Und, ganz ehrlich, wer möchte gegenüber Fans, Sponsoren und Journalisten als Amateur dastehen?

Reichweite und Follower

Zur Monstranz Reichweite habe ich eine ganz persönliche Meinung, die sich in einem Satz zusammenfassen lässt: Es ist total egal, ob dir 100, 1000 oder 1 000 000 Menschen zuschauen oder folgen, wichtig ist, dass dir die richtigen Menschen folgen. Nur mal laut gedacht: Du hättest – auf der einen Seite – die Wahl zwischen 10 000 Followern, von denen sich eine Handvoll für das interessiert, was du machst. Und auf der anderen Seite 100 Follower, die voll zu dir stehen. Was wäre dir lieber? Jetzt mag es Marketing-Schlaumeier geben, die die 10 000 Follower bevorzugen, weil sich diese in Akquise-Gesprächen und Sponsoring-Hochglanzbroschüren besser machen. Gerne doch. Die Frage ist nur: Was zahlt langfristig auf deinen Vereinserfolg ein? Was interessiert einen Sponsor und Partner mehr? Eine Botschaft, die von 10 000 Leuten überflogen wird? Oder eine Botschaft, die von 100 Menschen tatsächlich wahrgenommen wird, da sie einen ganz anderen Bezug zum Absender haben als 10 000 Schönwetter-Follower?

Anders sein

Bevor mit voller Kraft ins mediale Meer gestochen wird, solltet ihr euch bei den Menschen informieren, für die ihr die ganze Lebens- und Schreibzeit investiert: bei den Fans, der Presse bzw. den Vereins-Stakeholdern. Allzu oft wird über das berichtet, was einem selbst gefällt oder von dem der Journalist glaubt, dass es Dritte interessiert. Kleiner Hinweis am Rande: Wenn das nächste Fan-Treffen ansteht oder Zuschauer in der Halle (erlaubt) sind, schnappt euch zehn Menschen und fragt sie, was sie tatsächlich interessiert. Hört auf die Zwischentöne und lest zwischen den Zeilen. So dringt ihr zu dem vor, was den Puls eurer Community schneller werden lässt. Parallel dazu solltet ihr einen Blick auf andere Sportarten, Firmen und Privatpersonen werfen und euch dort Inspiration holen. Wie machen es Branchenfremde? Wie macht es der Maschinenbauer? Wie macht es der Geflügelzuchtverein? Denkt einfach mal weiter als die Dreipunktelinie und out of the box, seid kreativ. Kreativität ist ein gutes Stich- und Schlusswort. Denn: Wer kreativ und anders ist fällt auf. Wer auffällt, zieht Blicke und Aufmerksamkeit auf sich. Wer Aufmerksamkeit auf sich zieht, wird gehört und besitzt Strahlkraft sowie Energie. Und zu guter Letzt: Wer (positive) Energie ausstrahlt, zieht Menschen und Unternehmen mit Energie an.

Text: Martin Schenk – erschienen in BIG-Ausgabe #108 | Foto: Uli Gasper

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