Interview mit Annette Kahl: „Wenn ich mir Rollstuhlbasketballspiele anschaue juckt es mich schon in den Fingern und ich hätte Lust, mal wieder zu spielen.“ | Die ehemalige Rollstuhlbasketballerin und Paralympionikin Annette Kahl spricht im Rollt-Interview über ihre Arbeit am BG Klinikum Hamburg, ihre schönsten Momente mit der Nationalmannschaft und über das kommende Großereignis an der Elbe: die Rollstuhlbasketball-Weltmeisterschaft in Hamburg im August 2018!

Annette, du hast nach den Paralympics 2008 in Peking aufgehört Rollstuhlbasketball zu spielen. Was machst du seitdem hauptsächlich?

Neben der Arbeit kümmere ich mich um meine Tochter, die mittlerweile 7 Jahre alt ist. Ich mache mit viel Spaß das, was Mütter halt so tun und versuche viel Zeit mit Familie und Freunden zu verbringen.

Verfolgst du noch die Spiele in der RBBL? Was denkst du über die Entwicklung der Liga?

Ich schaffe es leider nicht regelmäßig, mir Spiele anzusehen, aber wenn die Zeit es zulässt, fahre ich zu den Heimspielen der BG Baskets. Einerseits ist es natürlich toll, dass die Liga immer professioneller wird, allerdings sollte die Nachwuchsarbeit in den Vereinen  darunter  nicht leiden, sondern eher davon profitieren.

Was erwartest du von der kommenden Rollstuhlbasketball-Weltmeisterschaft in Hamburg 2018? 

Ich durfte mir vor kurzem das WM-Organisationsbüro ansehen und war sehr beeindruckt. Ich glaube, dass diese WM eine tolle Veranstaltung wird und hoffe, dass es gelingt, möglichst viele Menschen für unsere Sportart zu begeistern und dass diese Begeisterung auch Menschen erreicht, die wegweisende Entscheidungen zugunsten von Rollstuhlnutzern im Allgemeinen und Rollstuhlsportlern im Besonderen treffen können.

Wirst du dir auch einige Spiele ansehen?

Ich werde auf jeden Fall so oft ich kann vor Ort sein. Wenn es sich zeitlich einrichten lässt vielleicht sogar als Volunteer. Außerdem habe ich eine Einladung zum „Veteranen-Treffen“ im Rahmen der WM erhalten und freue mich schon sehr, die vielen alten Bekannten und Wegbegleiter wiederzusehen.

Du hast von 2003 bis 2008 an drei Europameisterschaften, einer Weltmeisterschaft und zwei Paralympics teilgenommen. Was sind die schönsten Momente, an die du dich zurück erinnern kannst?

Zum einen das Finale der EM 2003 in Hamburg, weil dort vor heimischem Publikum für uns als Mannschaft, aber auch für mich persönlich, einfach alles funktioniert hat. Dann ein Jahr später die Eröffnungsfeier der Paralympics in Athen, weil es ein so überwältigendes Gefühl war, zum ersten Mal in ein Olympiastadion einmarschieren zu dürfen. Ich bekomme jetzt noch eine Gänsehaut, wenn ich an die Atmosphäre dort denke – und natürlich der Gewinn der Silbermedaille in Peking!

Kannst du dir vorstellen, wieder aktiv Rollstuhlbasketball zu spielen? Bist du außerhalb des Spielfeldes noch im Rollstuhlbasketball Umfeld tätig und wenn ja, wie und in welchem Bereich?

Wenn ich mir Rollstuhlbasketballspiele anschaue juckt es mich schon in den Fingern und ich hätte Lust, mal wieder zu spielen. Vielleicht fahre ich ja irgendwann zu einem der Ü40-Turniere nachdem ich meinen Rolli von Spinnenweben befreit habe. Außerhalb des Spielfeldes bin ich in Bezug auf Rollstuhlbasketball zurzeit nicht aktiv.

Du arbeitest im Bereich der Sporttherapie beim BG Klinikum in Hamburg. Wie sieht dort dein Alltag aus? Beinhaltet die Sporttherapie auch das Heranführen an den Rollstuhlsport?

In der Sporttherapie betreuen wir Patienten aus dem gesamten Klinikum. Alle Patienten bekommen von uns ein individuell angepasstes Trainingsprogramm zum Wiedererlangen oder Verbessern der Belastbarkeit, Kraft, Ausdauer und Koordination. Bei den Patienten aus dem Querschnittgelähmtenzentrum ist das Angebot der Sporttherapie noch umfangreicher. Neben dem täglichen Rollstuhl- und Mobilitätstraining versuchen wir den Patienten natürlich den Rollstuhlsport näher zu bringen. Sie haben im Rahmen ihres Aufenthalts in der Klinik die Möglichkeit, verschiedene Sportarten wie z. B. Rollstuhlbasketball, Tischtennis, Badminton oder Boccia auszuprobieren. Außerdem können die Patienten Handbikes erproben und das Schwimmen „neu“ erlernen. Wir sind eng mit dem DRS vernetzt, so dass die Patienten noch in der Klinik einen ersten Kontakt in Richtung Sportverein knüpfen können.

Nun noch eine abschließende Frage: Was sind deine Pläne für die nahe Zukunft? Spielt Rollstuhlbasketball dort auch eine Rolle für dich?

Gesund bleiben und das Leben genießen. Rollstuhlbasketball wird immer irgendwie eine Rolle spielen, auch wenn es aktuell eher eine kleine Rolle ist.

Annette, vielen Dank für deine Zeit!

Interview: Annika Aul | Foto: Andreas Joneck

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