Sie gehen ihren Weg im Sitzen: Rollt.-Magazin zeichnet Arbeit des BBC Warendorf aus

Im Rahmen seiner aktuellen Jahreskampagne „Rollt. bei mir“ hat Deutschlands Rollstuhlbasketball-Magazin Rollt., den Standort Warendorf und damit die Arbeit des BBC Warendorf ausgezeichnet. 

BBC Warendorf & die Auszeichnung "Rollt bei Mir"

BBC Warendorf & die Auszeichnung “Rollt bei Mir”

In der sechsten Ausgabe des 60-Seiten-starken Magazins wurde der BBC unter dem Motto „In the Army Now“ “ für herausragende Arbeit in Sachen Inklusion und Sport vorgestellt. Insgesamt acht Städte bzw. neun Vereine werden in 2015 durch die Redaktion der Rollt. für innovative und kreative, oder besonders fortschrittliche Vereinsarbeit gewürdigt, die als Vorbild für den Aufschwung des Rollstuhlbasketballs in Deutschland steht.

Mit dem Slogan der Kampagne „Rollt. bei mir“ nehmen die Verantwortlichen dabei das Jugendwort des Jahres 2014, „Läuft bei dir“, augenzwinkernd auf. Mit „du hast es drauf“ übersetzte die Jury die Phrase, die Jugendliche häufig dazu gebrauchen, um ein positives Gefühl, ein Lob oder einen Erfolg zu vermitteln.

„Hinter „Rollt. bei mir“ steckt sehr häufig harte Arbeit am Standort, die auf das Engagement vieler Kräfte vor und hinter den Kulissen baut. Wir möchten zum einen ein öffentliches Lob genau dafür aussprechen und zum anderen unseren Lesern an gelungenen Beispielen zeigen, wie sich der Rollstuhlbasketball in  Deutschland positiv  entwickelt“, kommentieren die beiden Rollt.-Geschäftsführer Martin Schenk und Sven Labenz die erstmalig durchgeführte Auszeichnung.

Neben einem Portrait in der Print- und Online-Ausgabe von Rollt., erhalten die Vereine ein öffentlichkeitswirksames Schild mit der Kampagnen-Aufschrift „Rollt. bei uns“, das beispielsweise an der Sporthalle, der Geschäftsstelle oder bei Heimspielen angebracht werden kann, um örtliche Partner und Medien auf die Auszeichnung aufmerksam zu machen. Beim BBC Warendorf würdigten die Verantwortlichen der Rollt. vor allem die enge Zusammenarbeit mit der Sportschule der Bundeswehr sowie die altersübergreifende Zusammenarbeit im Sinne der Inklusion.

Das Rollt.-Portrait über den BBC Warendorf: In the Army now

Wir schreiben das Jahr 1946, als die Geschichte des organisierten Rollstuhlsports in den USA und Großbritannien beginnt. In beiden Ländern waren die ersten Rollstuhlsportler junge Kriegsverletzte, denen innerhalb ihrer medizinischen Rehabilitation Sport als therapeutische Maßnahme verordnet wurde. Zum damaligen Zeitpunkt eine revolutionäre Behandlungsmethode für Rückenmarkverletzte – schließlich galten sie auf Grund der gefürchteten Sekundärschäden als nahezu unheilbar. Blasen- und Nierenentzündungen, aber auch Wundgeschwüre führten dazu, das Ende der 40er Jahre gerade einmal 10 Prozent der Querschnittsgelähmten überlebten. Junge verletzte Soldaten suchten in verschiedenen amerikanischen Armeekrankenhäusern zu dieser Zeit einen Mannschaftssport, der ihnen zugleich Spaß, als auch das Gefühl vermittelte, noch leistungsfähig zu sein: Der Rollstuhlbasketball wurde geboren.

70 Jahre später: An der Sportschule der Bundeswehr im beschaulichen Warendorf flitzen von den Einsätzen im Kosovo oder Afghanistan schwer gezeichnete deutsche Soldaten über das Parkett, versenken Korbleger und treffen Distanzwürfe. Der Sport trägt seinen Teil dazu bei, das Trauma des Krieges besser zu verarbeiten. Dass diese Rehabilitätsmaßnahme für querschnittsgelähmte oder Bein-amputierte Mitglieder der Streitkräfte möglich ist, dafür sorgen Dietmar und Marcel Fedde. Das Trainer-Duo des BBC Warendorf führt in Kooperation mit der Sportschule der Bundeswehr wöchentlichen Rollstuhlsport auf dem Gelände der Streitkräftebasis durch, organisiert Teilnahmen an Turnieren der US-Army und vermittelt so ein (neues) Selbstbewusstsein über den Rollstuhlsport.

Sie gehen ihren Weg im Sitzen

Seit 1996 ist der BBC Warendorf regelmäßiger Teilnehmer der 2. Rollstuhlbasketball-Bundesliga, aktuell rollt die Truppe durch die Regionalliga West, die Reserve in der Landesliga. Das Motto des 1992 gegründeten Vereins: Wir gehen unseren Weg im Sitzen. Wir, das sind in diesem Fall Jungs und Mädels, Frauen und Männer, behinderte und nicht behinderte Menschen im Alter zwischen 17 und 62 Jahren. Angeführt wird der BBC vom Dienstältesten: Diemar Fedde, der mit 28 Jahren vom Sitz-Volleyball zum Rollstuhlbasketball wechselte, verwirklicht in Warendorf seine Vision einer inklusiven Sportart – unterstützt von seinem 32-jährigen Sohn Marcel, der als Spieler-Trainer in der Regionalliga tätig ist.  „Unser erster Gedanke ist es, Inklusion zu fördern“, erklärt der Vereinschef. „Wir gehörten 1994 zu den Vorreitern, die behinderte und nicht behinderte Menschen zusammen auf Korbjagd geschickt haben. Danach haben alle Vereine bis zur Bundesliga nachgezogen.“ Bereits Kinder ab vier Jahren werden in Warendorf spielerisch an den Rollstuhlsport herangeführt, dabei setzen Vater und Sohn seit 2007 verstärkt auf den Breitensport, der mittelfristig die Basis für den Spitzensport darstellen soll. „Der Bedarf ist riesig. Unser Credo ist: Kommt ihr nicht zum Sport, kommt der Sport zu euch“, so Fedde, der alle Vereinsgruppen auf inklusiver Basis betreibt und mit großem Zeitinvest sowie jeder Menge Leidenschaft tagtäglich lebt. „Wir wollten in Warendorf einfach etwas Vernünftiges machen.“

Der Wunschtraum: Ein mobiler Trainer

Neben der Kooperation mit der Sportschule der Bundeswehr zählt auch die Arbeit an einer Körperbehindertenschule zum Repertoire des BBC. Die dortige Schulmannschaft nimmt regelmäßig an Wettbewerben der Deutschen Schulsportstiftung teil – wer Interesse hat, ist im Landesliga- oder Regionalliga-Training der Warendorfer Rollis herzlich willkommen. „Mein Traum ist, einen mobilen Trainer zu beschäftigen, der zu den Vereinen und Schulen der Region fährt und inklusiven Sport anbietet“, beschreibt Dietmar Fedde seine Vision, um den Sport zu den Menschen zu bringen. „Dafür muss allerdings Geld vorhanden sein. Inklusive Angebote bedeuten Zusatzkosten, beispielsweise in der Anschaffung von Rollstühlen.“ Ein eigener Förderverein mit einem Mindestbeitrag von 15 Euro pro Jahr soll helfen.

Keine einfache Aufgabe in Warendorf, die sich selbst als „Die Stadt des Pferdes“ bezeichnet. Im Regierungsbezirk Münster regiert der Reitsport, rund 120 Zuschauer wollen zu besten Zeiten die Rollstuhlbasketballer sehen. „Mehr Aufmerksamkeit ist unser großes Ziel“, so Fedde abschließend. Und dafür geht der 62-jährige gemeinsam mit seinem Team den Weg im Sitzen. Ganz Inklusiv. Und ziemlich gut.

 

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