Interview mit Marina Mohnen: “Zur Förderung der Damen muss an verschiedenen Stellen angesetzt werden.”

In den letzten Tagen wurde bekannt, dass Marina Mohnen dem neuen U25-Trainer der Damen, Dennis Nohl, an der Seitenlinie assistieren wird. Was die gebürtige Bitburgerin über jüngere Vorgesetzte denkt, welche Erfahrungen sie an die Nachwuchsathletinnen weitergeben möchte und was sie zur Rolle der Frauen in der RBBL sagt, verrät die Paralympicssiegerin des Jahres 2012 im ausführlichen Rollt.-Interview.

 

Marina, herzlichen Glückwunsch zum Co-Traineramt bei den U25-Damen. Wie kam’s?

Vielen Dank. Das kam völlig überraschend. Irgendwann Mitte Januar hat Dennis Nohl mich angerufen und mir gesagt, dass Nora Schratz ihren Posten als U25-Trainerin abgegeben hat und er sich um die Nachfolge bewerben möchte. Und ob ich nicht Interesse hätte, seine Co-Trainerin zu werden. Ich fand das Angebot sofort spannend und habe nach Abklärung mit meinem Arbeitgeber sofort zugesagt.

 

Mit Dennis hast du sozusagen einen jungen Vorgesetzten. In der freien Wirtschaft haben einige Angestellte oder Manager ein Problem mit jüngeren Chefs. Wie sieht das bei dir aus?

Ich denke, das bekommen wir hin (lacht). Ich habe bisher den Eindruck, dass wir uns sehr gut ergänzen.

 

Auf welche Philosophie bzw. Marschroute habt ihr euch eigentlich festgelegt?

Wie Dennis schon im Rollt.-Interview sagte, ist es schwierig, eine Philosophie herauszugeben. Insbesondere in diesem Jahr ist die Zeit bis zur WM extrem kurz und die Möglichkeiten zur Vorbereitung begrenzt. Ich stimme Dennis zu, dass es in der Juniorinnen-Nationalmannschaft ein großes Entwicklungspotenzial gibt, das es auszuschöpfen gilt. Das ist aber eine längerfristige Aufgabe.

 

Nachdem die deutschen Damen in den letzten Jahren große Erfolge gefeiert haben und eine Medaille nach der anderen gewonnen haben, gab es zuletzt eine Zäsur und andere Teams, die an den Damen vorbeigezogen sind. Was kann und muss die U25 leisten, dass die A-Nationalmannschaft wieder um Titel spielt?

Die U25 bildet die Basis der Damen-Mannschaft und ermöglicht den jungen Spielerinnen, erste Erfahrungen in Trainingslagern und auf internationalem Parkett zu sammeln. Zusätzlich werden wir auch versuchen, vermehrt Spielerinnen zu sichten. Das Ziel muss natürlich sein, die Spielerinnen an die A-Natio heran zu führen. Gut finde ich dabei zum Beispiel, dass wir dieses Jahr an Ostern ein gemeinsames Trainingslager haben. Da bekommen die U25-Spielerinnen einen Eindruck, was sie in den nächsten Jahren leisten müssen, um mal in die A-Natio zu kommen. Einige werden anschließend auch mit zum Trainingslager nach Lanzarote fliegen.

 

Was war eigentlich der beste Tipp, den dir ein Trainer jemals gegeben hat? Etwas, an das du dich heute noch erinnerst?

Der beste Tipp ist eigentlich kein Tipp, sondern mehr eine Philosophie. Die kommt von Holger Glinicki und bezieht sich auf Turniere. Er hat immer gesagt: „Hinten hat der Fuchs …“. Frei übersetzt bedeutet das: Ein Turnier ist erst zu Ende, wenn das letzte Spiel gespielt ist. Dies hat sich oft bewahrheitet, schließlich kann so einiges passieren.

 

Welche Dinge möchtest du an die jungen Damen weitergeben?

Ich hoffe, dass ich von meinen gesammelten Erfahrungen als Spielerin einiges an die Mädels weitergeben kann.

 

Das wäre?

Etwas Konkretes zu nennen, finde ich schwierig, da jede Spielerin anders ist und andere Dinge benötigt. Wichtig ist mir, wie Dennis bereits sagte, dass die Spielerinnen etwas lernen wollen und bereit sind, neue Dinge von uns anzunehmen. Sie sollten ehrgeizig sein und sich weiterentwickeln wollen.

 

Man hat das Gefühl, dass immer mehr Ausländer in der RBBL spielen und Frauen auf die Lowpointer-Position reduziert werden, um den 4,5-Punkte-Männer Platz zu schaffen. Welchen Beitrag können deiner Meinung nach Vereine, die RBBL und die Kommissionen leisten, dass es mit dem Rollstuhlbasketball hierzulande in Gänze und den Damen im Speziellen kontinuierlich bergauf geht?

Das ist natürlich eine Frage, mit deren Antwort man Seiten füllen könnte.

 

Du darfst dich gerne austoben.

Ich fang’ mal mit dem Rollstuhlbasketball in Gänze an. Ich spiele jetzt seit 2001 in der Bundesliga und kann nur sagen, dass sich der Sport in den letzten 18 Jahren in Deutschland enorm weiterentwickelt hat, sowohl was die Sportgeräte angeht, als auch die Professionalität und Qualität der Spielerinnen und Spieler. Insgesamt sind wir meiner Meinung nach auf einem guten Weg.

 

Und die Damen?

Zur Förderung der Damen muss an verschiedenen Stellen angesetzt werden.

 

Wo genau?

Sehr positiv finde ich die Entwicklung mit den beiden Damenteams in der Oberliga Süd und der Regionalliga Nord. Dort haben die Spielerinnen die Möglichkeit, auf ihren Positionen zu spielen und sich weiterzuentwickeln. Vielen Dank an dieser Stelle an alle Beteiligten, dass das möglich gemacht werden kann. Hier gilt es jetzt noch, die Spieltagsansetzungen so zu verbessern, dass noch mehr Spielerinnen regelmäßig an den Spieltagen teilnehmen können. Aber wir sind auf einem guten Weg.

 

Was noch?

Auch die finanzielle Förderung konnte insbesondere im letzten Jahr deutlich verbessert werden. Mittlerweile haben einige Bundesländer, wie zum Beispiel Hessen, und die Deutsche Sporthilfe auch, Mannschaftssportler in ihre Topteam-Förderungen aufgenommen. Das gilt zwar nicht nur für die Damen, ist aber für diese besonders wichtig, da die meisten Frauen deutlich weniger Geld in ihren Vereinen mit Rollstuhlbasketball verdienen, als ihre männlichen Kollegen. Dadurch können sich die Natio-Spielerinnen neben Studium oder Job jetzt noch besser auf Basketball fokussieren. Trotzdem sind wir noch lange nicht so weit wie die Niederlande oder Großbritannien.

 

Mitte bzw. Ende Mai starten die Weltmeisterschaften in Thailand. Was ist deine persönliche Erwartungshaltung aus sportlicher Sicht und in Hinblick auf die Entwicklung der Spielerinnen und des Teams?

Für mich ist es sehr schwer, eine Einschätzung zu treffen, wo wir sportlich stehen, da ich einige unserer Gegner in Thailand noch nicht kenne. Von daher kann ich das ganz schwer einschätzen.

 

Zum Beispiel?

Das gilt insbesondere für Mannschaften wie Australien und Japan, die man noch nicht von der U25-EM 2018 oder, wie die USA, von der WM 2018 kennt. Wir versuchen natürlich, die Mädels so gut es geht auf die WM vorzubereiten, was bei nur zwei Wochenendlehrgängen eine echte Herausforderung ist.

 

Abschlussfrage: Deine Begrüßungsrede beim ersten U25-Mannschaftstraining wirst du mit welchem Satz beginnen?

Das erste Trainingslager hat ja schon vom 22.bis 24. März in Osnabrück stattgefunden. Dort habe ich gesagt, dass ich gespannt bin, wie es ist, in einer für mich neuen Funktion dabei zu sein und mich sehr freue, mit den Mädels in den nächsten Jahren arbeiten zu können.

 

Vielen Dank für deine Zeit, Marina.

 

Interview: Martin Schenk | Foto: Steffie Wunderl

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