66:56! Spiel gegen München kippt in den letzten fünf Minuten | Der Sport lebt häufig von Statistiken. Rollstuhlbasketball erst recht. Punkte, Rebounds, Tunrovers – so kann man Spiele lesen. Manchmal erzählen Statistiken nicht die ganze Geschichte der 40 Minuten. Die Story der RBBL1-Begegnung zwischen Hannover United und den RBB München Iguanas schriebe sich, ginge man nach der Statistik, wie folgt: United Brite Joe Bestwick erzielt beim 66:56 in der United-Arena gegen die Iguanas 39 Punkte und ist Mann des Spiels. Punkt. Was nicht oder nur versteckt in den Statistiken steht, sind zwei andere Geschichte: die von Christoph Lübrecht und Oliver Jantz.
„Christoph hat ein überragendes Spiel geliefert“, sagte United-Spielertrainer Martin Kluck nach dem Sieg in der Kabine. Zwar habe Lübrecht, der im Sommer von Zweitligist OSC Osnabrück nach Hannover wechselte und in den ersten Partien wenig Einsatzzeiten bekam, nur drei Punkte geworfen. „Aber er hat“, so Kluck, „eine super Präsenz gezeigt, die Leute attackiert und viele freie Würfe für Joe Bestwick kreiert.“ Ein Blick ans Ende der Statistik zeigt: Lübrecht weist bei einer Spielzeit von knapp 19 Minuten im Plus-Minus-Bereich +19 aus – der mit Abstand beste Wert aller Akteure.
„Ich fühle mich unglaublich gut, dass ich meinen Teil zum Sieg beitragen durfte. Mit diesem Spiel bin ich angekommen“, sagte Lübrecht. Wichtig auch einer seiner beiden Körbe. Mitte des vierten Viertels Stand das Spiel auf der Kippe. Hannover glich zweimal aus, München, mit nur sieben Spielern angereist, legte umgehend wieder vor. Dann traf Lübrecht fünf Minuten vor Schluss, wenig später erzielte Bestwick, von Lübrecht nah an die Zone gebracht, die Führung – die Wende.
Und dann ist da noch die Geschichte von United-Talent Oliver Jantz, der gemeinsam mit Münchens Coach und U22-Co-Trainer Benjamin Ryklin vor sechs Wochen in Italien EM-Silber gewann. Jantz erwischte keinen guten Start. Im zweiten Abschnitt eingewechselt, versemmelte er drei Versuche aus der Zone. Zu allem Überfluss fand er bei einem weiteren Angriff keine Anspielstation, die 24-Sekunden-Uhr lief ab, Chance vertan. Für manche Spieler ist so eine Partie gelaufen. Jantz drehte zum richtigen Zeitpunkt auf. In der Schlussphase, als das Spiel noch auf der Kippe stand und Jantz zuvor zwei weitere Bälle nicht durchs Netz fielen, nahm er sich in eineinhalb Minuten drei Würfe – entscheidende. Wenig später war Schluss. So kann man die 40 Minuten einer Bundesliga-Begegnung auch erzählen, wenn man nicht zu genau auf die Statistik schaut.
Hannover United: Joe Bestwick (39 Punkte), Jan Haller, Oliver Jantz (je 6), Eike Gößling, Jan Sadler (je 4), Christoph Lübrecht (3), Vanessa Erskine, Jack Gibbs (je 2), Martin Kluck.
RBB München Iguanas: Kim Robins (24 Punkte), Sebastian Magenheim (9), Florian Mach (8), Josef Wemberger (6), Gabriel Robl, Laura Fürst (je 4), Bastian Kolb (1).
United II fehlt der Biss beim Tabellenletzten
Schussquote passt nicht / Absprachen stimmen nicht | Ärgerliche Niederlage für Hannover United II: Das Team unterlag in der 2. Rollstuhlbasketball-Bundesliga Nord (RBBL2N) Schlusslicht Ahorn Panther Paderborn deutlich mit 44:64. „Das ist das Resultat der letzten beiden Wochen“, sagte Spielertrainerin Linda Dahle. „Fokussierung und Trainingsbeteiligung haben nicht gestimmt. So fehlte uns der Biss in der Defensive.“ Der Biss, den die Gastgeber hatten. Die Ahorn Panther gewannen zu oft unter dem United-Korb die zweiten Bälle und versenkten diese. Auf der anderen Seite holte United II im Angriff Rebounds, schoss aber ungenau. Die Folge: Das Team ging mit einem 23:29-Rückstand in die Pause.
Nach dem Seitenwechsel kam United II gut aus der Kabine, kämpfte sich bis auf zwei Punkte heran und hatte bei 31:33 die Chance auf dem Ausgleich. Der Korbleger ging daneben. „Danach ist unsere Körpersprache abgesackt“, sagte Dahle. Dabei luden die Gastgeber Hannover zum Werfen ein. Dahle, die anfangs von jenseits der Zone getroffen hatte, zog häufig zwei Verteidiger auf sich. Dadurch entstand Platz unter dem Korb. Doch den nutzte Hannover nicht. „Das wären locker 10 bis 14 Punkte gewesen. Damit hätte sich das Spiel ganz anders entwickelt.“
Paderborn spürte die Unsicherheit der Gäste und zog langsam aber stetig davon. In der Schlussphase stellte die United-Spielertrainerin um, versuchte, mit Pressing den Tabellenletzten zu knacken. „Das ging auch voll in die Hose“, sagte Dahle. „Die Absprachen haben nicht gestimmt.“ Am Ende steht eine Schusseffizienz von 34 Prozent. „Jetzt wird der Abstiegskampf noch spannender, weil wir Paderborn ins Spiel gebracht haben“, sagte Dahle, die auf Felix Heise und U24-Nationalspielerin Anna-Lena Hennig verzichten musste.
Ahorn Panther Paderborn: Benedikt Bartodus (19 Punkte), Mujeeb Safa (14), Danilo Schmidt (12), Philipp Filmes (10), Darius Friesen (6), Marius Heinemann (3), Artur Unrau, Detlef Tipp, Marvin Flottau, Katharina Hatting.
Hannover United II: Heiko Müllers (16 Punkte), Linda Dahle (12), Thomas Schröder, Michael Möllenbeck (je 7), Lukas Sehring (2), Andrea Seyerl.
PM: Hannover United | Foto: Maike Lobback