Die Hinrunde in der RBBL1 ist gespielt. Wie von vielen prognostiziert, haben sich der RSV Lahn-Dill und die RSB Thuringia Bulls an der Tabellenspitze festgesetzt. Mit ihrem Sieg am Samstag haben die Bulls einmal mehr ihre Klasse unter Beweis gestellt.

Zuletzt vom Verletzungspech gebeutelt, haben sie ohne ihren Koloss Vahid Azad den Serienmeister in den eigenen vier Wänden beherrscht. Nach zehn Minuten zeigte das Scouting eine 23%-ige Trefferquote für die Mittelhessen an – viel zu wenig, um gegen das starke Kollektiv von der Osterlange zu bestehen. Die wahre Leistung im Landkreis Sömmerda vollbringt – neben dem ganzen Staff – jedoch ein ganz anderer: Michael Engel.  Der junge Familienvater hat sein Kollektiv zu 47 Erfolgen am Stück gecoacht. Eine exzellente Leistung. Konnten Trainer vor ein paar Jahren noch mit dem besten Material auch ohne große Probleme Erfolge und Siege feiern, muss ein echter Coach heutzutage mehr leisten. Er muss in die Köpfe der Spieler eindringen, sie hungrig halten, Vertrauen aufbauen und den Teamspirit wahren. Engel ist, neben einem ruhiger werdenden Lutz Leßmann, der Garant für den Erfolg im Fit-In. Aber Obacht! Die erfolgsverwöhnten Wetzlarer schlafen nicht. Rutschten die Lahnstädter in der letzten Spielzeit hier und da mal aus – ich sag‘ nur Trier – lassen sich Böhme & Co. in diesem Jahr nicht beirren. Zurecht wies Andreas Joneck in seiner Pressemitteilung im Nachgang zum Topspiel darauf hin, dass sich das Team weiter finden muss. Entschieden im Titelrennen ist rein gar nichts.

Volles Eintrittsgeld für Mini-Rotationen

Der Rest der RBBL – von Zwickau und St. Vith mal abgesehen –  kämpft mit offenem Visier.  Es fällt auf, dass in engen Partien und teilweise generell mit kleinen Rotationen gespielt wird. Spieler wie Fujimoto in Hamburg, Robins in München, Auprince in Wetzlar müssen für ihre Nationalmannschaften abgestellt werden. Diana Dadzite war bei der Para-Weltmeisterschaft, Mareike Miller in den USA und Rahdener Akteure mussten mit der zweiten Garde auf Reise gehen und standen der ersten Mannschaft nicht zur Verfügung. Manch ein Fan wird sich da schon die Frage gestellt haben, für was er überhaupt den vollen Eintritt bezahlen muss, wenn einige Heim- oder Gastteams lediglich mit einer Mini-Rotation in der Halle aufschlagen.

Der Rollstuhlbasketball tritt auf der Stelle

Die RBBL sowie der Rollstuhlbasketball an sich – so meine ganz persönliche Meinung – tritt aktuell auf der Stelle. Zig Spielverlustwertungen in Liga zwei, Livestream-Probleme, nicht scoutende Klubs, vorhersehbare Ergebnisse, wenn Wetzlar und Elxleben spielen sowie wenige Partien, die echte Überraschungen bieten. Hinzu kommen dünne Mannschaftsdecken bzw. Spiele 6 gegen 6, eine neuerliche Insolvenz in Zwickau, eine kurze Amtszeit in der Fachbereichsspitze, schwindende Fanzahlen an manchen Standorten (man muss sich nur die Livebilder ansehen) und Anhänger mit teils phantasievollen Erwartungshaltungen. Dieses Potpourri an Zutaten hätte mich früher so richtig geärgert oder mich in Diskussionslaune versetzt; schließlich wird an anderer Stelle immer darauf gepocht, doch bitte schön über das Gute der Szene zu berichten und das Positive in unserer Sportart in den Vordergrund zu rücken, wie z. B. der letzte Heimspieltag in Trier mit tollen Zuschauerzahlen. Inzwischen sehe ich das aber mit einer gesunden Portion Gleichmut.  Wäre ich früher noch über zwei Stunden nach Elxleben gefahren, um mit meinem Kameramann Uli Stimmen einzufangen, um die Fans mit Infos zu versorgen, habe ich es letztes Wochenende dann doch vorgezogen, meine Zeit lieber mit meiner Familie zu verbringen, auf der Couch zu sitzen, ein paar Chips zu essen und mich – wie die anderen Fans auch – zu ärgern, dass der Stream nicht so funktionierte, wie wir es alle gerne gesehen hätten.

Text: Martin Schenk | Foto: Steffie Wunderl

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