Neben dem altehrwürdigen Trabant, dem sanften Dahinfließen der Mulde und dem Rollstuhlbasketball, gibt es in Zwickau noch zwei weitere feste Konstanten: Rostislav Pohlmann und Frank Oehme. Letztgenannter hat sich die letzten zehn Jahre nicht nur in die Herzen der Fans gespielt, sondern auch einen Platz in den Geschichtsbücher und Annalen des sächsischen Basketballs gesichert.

Der Zwickauer Kapitän Frank Oehme ist nicht nur auf dem Court ein klassischer Lowpointer, sondern auch außerhalb der Sporthalle. Ruhig, lautlos und nahezu unsichtbar rollt er durchs Leben. Ob als SAP-Berater, Spielgestalter oder Sealer. Der aus Pirna stammende Korbjäger erledigt seinen Job gewissenhaft und besonnen. Skandale? Fehlanzeige. Wird beim aktuellen Trainer der BSC Rollers, Marco Förster, nachgefragt, herrscht Schweigen im Walde. Scheinbar gibt es nicht nur unter Ärzten eine Verschwiegenheitspflicht, sondern auch einen unausgesprochenen Ehrenkodex zwischen Basketballtrainer und Spieler.

Dass sein ruhiger Charakter und sein ausgeglichenes Wesen nicht mit Schüchternheit verwechselt werden darf, unterstreicht sein Headcoach: „Frank weiß sehr wohl seiner Meinung Ausdruck zu verleihen. Er stellt seine Kraft zu 100% dem Team zur Verfügung und will sich dabei auch ständig selbst verbessern. Als 1,0-Punkte-Spieler behauptet er den Ball stark gegenüber seinen Gegner. Auch in schwierigen Situationen.“ Dass sich der Sachse durchbeißen kann und auch die für den Sport notwendige Geduld mitbringt, zeigte der unsichtbare Team-Wächter in seiner Anfangszeit als Basketballer. 2003 begann er mit dem Korbballsport in Dresden, ehe es ihn 2006 knapp 120 Kilometer weiter westlich nach Zwickau zog. Dort angekommen musste er nicht nur hart trainieren und kämpfen, sondern vorerst in der zweiten Reihe Platz nehmen. In der ersten Reihe bzw. der Starting Five saß ein gewisser Matthias Heimbach, seines Zeichens aktueller Nationalspieler, der jetzt im Dress der BG Baskets Hamburg unterwegs ist.

 


Frank Oehme zusammen mit dem Zwickauer Trainer Marco Förster während der Saison 2022/2023 – Foto: Bert Harzer (www.foto-harzer.de)


 

Der reise- und unternehmungslustige Oehme, den es schon nach Dubai und Kuba verschlug, feierte seinen größten Erfolg mit den jetzigen BSC Rollers übrigens im Jahr 2009, als das Kollektiv von der Mulde den Deutschen Meistertitel einstrich. Nach einem 76:62-Heimsieg in Sachsen, gewannen die ehemaligen RSC-Rollis vor 1.700 Zuschauern in Wetzlar auch das Rückspiel. 64:56 hieß es am Ende für Balcerowski, Filipski & Co. gegen den RSV Lahn-Dill. Ein Erfolg, den der Lowpointer zu gerne wiederholen würde. Dafür arbeitet der 32-Jährige auch an seinen Schwächen, die er vor allem im Abschluss respektive seinem Wurf sieht. Zwar netzt er auch mal fünf von fünf Würfen ein, wie Anfang 2016 gegen Kaiserslautern, aber an seinem Schuss kann er noch feilen, was auch Coach Förster sieht: „Frank muss sich in seiner psychischen Kontinuität und in der Abschlussstärke unter dem Korb noch verbessern. Dies ist aber durch die Doppelbelastung mit Arbeit und Training oftmals nicht so einfach zu realisieren.“ Ein nachsichtiger Trainer, der seine Entwicklung und Qualitäten zu schätzen weiß, wie seiner Zeit auch Piotr Luszynski als Spielertrainer in Zwickau.

Ein weiterer Weggefährte aus alten Tagen, Mehmet Hayirli, weiß auch nur Gutes über den Lowpointer zu berichten: „Franky ist für mich ein echter Teamplayer. Auf sowie abseits des Spielfeldes einfach ein klasse Typ, der immer für einen Spaß zu haben ist. Ich fand es immer sehr bewundernswert, wie er stetig an sich und für das Team gearbeitet hat.“ Wertschätzende Worte des österreichischen Nationalspielers, die Oehmes Einstellung und Charakter sehr gut widerspiegeln. Dem Mann, der unauffällig seinen Job erledigt. Ruhig und besonnen, wie ein unsichtbarer Wächter des Team-Erfolgs.

Seine erster Trainer in Zwickau, Josef Jaglowski, kann sich auch noch an den 1,0-Punkte-Mann erinnern: „Ich kenne Frank sehr gut. Er hat damals unter mir als Trainer in Zwickau angefangen, einer echten Spitzenmannschaft, die seiner Zeit im Champions Cup und um die Deutsche Meisterschaft gespielt hat. Frank war stets lernwillig, motiviert, fleißig und talentiert. Was ihm damals fehlte, war der sicherer Wurf.“

Dieser Text erschien in Rollt.-Ausgabe 16 | Autor: Martin Schenk | Header-Foto: Uli Gasper

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