Angeschlagener RSV Lahn-Dill vor europäischem Viertelfinale | Am kommenden Wochenende steigt im Albacete das Viertelfinale im IWBF Champions Cup, mit dabei auch der durch zwei Ligapleiten in Serie angeschlagene RSV Lahn-Dill. In Spanien ist das Ziel des siebenfachen Champions der europäischen Königsklasse aus Wetzlar klar definiert, es soll die Fahrkarte zum Final Four ins niederländischen Nimwegen werden. Den gleichen Anspruch erhebt aber auch die namhafte Konkurrenz mit Gastgeber BSR Amiab Albacete, Galatasaray Istanbul und Econy Gran Canaria.
Zunächst macht sich die knappe eine Tonne Equipment des deutschen Rekordmeisters auf den Weg ins vermeintlich sonnige Spanien. Direkt nach dem Abschlusstraining am Mittwochnachmittag, werden die Sportgerät, Ersatzteile, Werkzeug, Sportausrüstung und viele weitere kleine Dinge auf einen LKW verladen, der sich direkt auf den Weg ins 2000 Kilometer entfernte Albacete macht. Die Mannschaft startet dann am Donnerstagmorgen mit Flug LH1114 in die spanische Hauptstadt Madrid. Dort angekommen liegen weitere 250 Buskilometer Richtung Südosten vor Tommy Böhme & Co., bis die rund 180.000 Einwohner zählende Hauptstadt von Kastilien-La Mancha erreicht ist. Für den RSV Lahn-Dill eine solche Reise quer durch Europa, auch dank der professionellen Unterstützung der Partner Global Cargo Service aus Wetzlar und Philippi Reisen aus Mücke im Vogelsberg, seit nunmehr fast drei Jahrzehnten sportlicher, aber auch wirtschaftlich herausfordernder Alltag. Modus & Spielplan Nachdem bereits die Anfang Februar in Österreichs Hauptstadt Wien erfolgreich bestrittene Gruppenphase unter dem Motto zurück zu den Wurzeln stand, feiert auch das Viertelfinale nach drei Jahren corona-bedingter Einschränkungen ein Comeback. In zwei Vierergruppen streiten in Albacete und im thüringischen Elxleben von Freitag bis Sonntag insgesamt acht Teams um die zu vergebenden vier Plätze für das Finalturnier vom 5. bis 7. Mai im niederländischen Nimwegen. Konkurrenz Unter den letzten acht Mannschaften in Europa darf sich keiner der beteiligten Clubs einen größeren Ausrutscher leisten, will er sicher die Reise zum Final Four im Mai antreten. Findet man in Gruppe A mit Porto Torres von der italienischen Mittelmeerinsel Sardinien noch einen klaren Außenseiter, ist dieser in der sehr homogen besetzten Gruppe B nicht wirklich auszumachen. BSR amiab Albacete Top gesetzt wird der spanische Gastgeber gehandelt, der nicht nur als Titelverteidiger der europäischen Königsklasse an den Start geht, sondern auch als Tabellenführer der starken spanischen Division de Honor. Der Ex-Verein von RSV-Spieler Ghazain Choudhry will sich vor eigenem Publikum keinerlei Blöße geben und baut dabei vor allem auf ein britisches Quintett mit Lee Manning, Phil Pratt, Harrison Brown, Ben Fox und Charlotte Moore. Die beiden Routiniers, der Spanier Alejandro Zarzuela und der Pole Mateusz Filipski, runden das international äußerst namhafte Aufgebot ab. Galatasaray Istanbul Mit einer erlesenen Auswahl von türkischen Nationalspielern, wie Özgr Gürbulak oder Cem Gezinci sowie dem polnischen Center Piotr Luszynski, geht der fünffache Champions Cup Sieger aus Istanbul ins Rennen. Vor allem Routinier Luszynski weckt beim RSV Lahn-Dill große Erinnerungen, gewann der sympathische Center doch 2018 mit den Wetzlarern das Double aus Meisterschaft und Pokal in Deutschland. Dreimal standen sich beide Kontrahenten bereits in einem europäischen Finale gegenüber, 2008 sowie 2011 nach Verlängerung gewannen die Türken, ausgerechnet im heimischen Sinan Erdem Dome von Istanbul triumphierte 2012 der RSV Lahn-Dill. Econy Gran Canaria Auch der ehemalige Verein von Rose Hollermann, bei dem die US-Amerikanerin zwei Jahre lang vor ihrem Engagement an der Lahn aktiv war, rechnet sich Chancen auf die erstmalige Teilnahme am Final Four der besten vier europäischen Clubs aus. Ohne wirklichen Star baut die Mannschaft von Trainer Jonay Caraballo vor allem auf die Offensivkraft ihre Duos Alexis Ramonet und Jorge Salazar, die im Schnitt jeweils für über 20 Punkte pro Partie gut sind. In der spanischen Division de Honor rangiert das Team von der Kanareninsel hinter Albacete und Rekordmeister Madrid aktuell auf Rang drei des Klassements. Sportliche Ziele Ein Club, der in seiner 20. Saison in Folge in der europäischen Königsklasse steht, der in 19 Jahren 18-mal unter den Top Four stand, elfmal ins Endspiel einzog und sieben Mal den Titel nach Mittelhessen bringen konnte, hat in der Definition seiner sportlichen Ziele wenig Spielraum. Natürlich wollen Tommy Böhme & Co. das Viertelfinale erfolgreich überstehen und das Ticket für das Final Four Anfang Mai im niederländischen Nimwegen buchen. Alles andere wäre wenig glaubhaft für den Rekord-Champion. Doch die Nuancen, die den Ausschlag geben, ob man die Fahrkarte für das Final Four 2023 ergattern kann oder in Albacete bereits einen eventuellen achten Titelgewinn vorzeitig abschreiben muss, sind auf diesem Niveau minimal. Aktuelle Situation Der Blick auf die aktuelle Situation beim RSV Lahn-Dill offenbart die wirkliche Herausforderung bei den Hessen. Nach zwei Heimniederlagen gegen Wiesbaden und die Thuringia Bulls binnen zwei Wochen, ist das Selbstbewusstsein des lange Zeit Führenden in der RBBL angeknackst. Erst am vergangenen Samstag verloren die Wetzlarer in der mit über 1600 Besucher bestens gefüllten heimischen Buderus Arena die Tabellenführung an den Kontrahenten aus Thüringen. Nun gilt es für das Trainerduo mit Cheftrainerin Janet Zeltinger und „Co“ Günther Mayer die Köpfe der sportlichen Protagonisten wieder rechtzeitig frei zu bekommen. Eines ist dabei klar, das internationale Potenzial die Gruppe gewinnen zu können hat der RSV allemal, doch ohne die nötige Form findet sich jedes der teilnehmenden Teams auch schnell auf dem Platz vierten und letzten Platz wieder. Historie Die europäische Königsklasse, gestartet 1976 als West European Cup, geht in diesem Jahr in ihre 48. Spielzeit. Bisher konnten sich 18 verschiedene Teams in die Siegerlisten eintragen, angefangen vom Premieren-Champion ISA Amsterdam bis zum Titelträger des Vorjahres, dem spanischen Erstligisten BSR Amiab Albacate. Je fünfmal triumphierten der BC Verkerk Zwijendrecht und Galatasaray Istanbul, der Rekordsieger seit dem Jahr 2015 ist mit inzwischen sieben Titeln aber der RSV Lahn-Dill. Die Wetzlarer Rollis zogen erstmals 2004, als damals erstes deutsches Team überhaupt, in ein Finale ein und bestiegen dabei im Endspiel von Madrid den Thron. Insgesamt bestritt der RSV Lahn-Dill bis heute 146 internationale Pflichtspiele gegen Teams aus 18 Nationen und allen Kontinentalverbänden der IWBF. Stolze 110 dieser Partien beendete die Mittelhessen als Sieger, nur 36 gingen verloren, darunter jedoch auch vier Champions League Endspiele.PM: RSV Lahn-Dill | Foto: Armin Diekmann