In unserer aktuellen Rollt.-Ausgabe #32 haben wir gefragt: Wie ticken die Rollstuhlbasketball-Nachwuchshoffnungen in Deutschland? Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass die talentierten Jungs und Mädels auch in den kommenden Monaten und Jahren mit professionellem Anspruch auf Korbjagd gehen und den aktuellen Nationalspielern nachfolgen werden? Und wie schätzen sich die Spieler und Spielerinnen selbst ein? Auf all diese Fragen haben uns die Stars und Sternchen von morgen Antworten geliefert. Wie Lukas Gloßner (Bidaideak Bilbao BSR) seine sportliche Zukunft einschätzt, hat uns derLowpointer – für unseren Titel “Nachwuchs, Nachfolger & Newcomer“- im Gespräch verraten.
Auf einer Skala von 1-10 – für wie wahrscheinlich hältst du es, dass du auch in fünf Jahren noch RBB spielen wirst?
10, da mir der Sport so viel Spaß macht. Wie viel Zeit und Aufwand ich investieren werde, hängt von meiner weiteren Entwicklung ab. Ich kann mir vorstellen, weiterhin Vollgas zu geben oder das Ganze wirklich nur als Hobby auszuüben. Wir werden sehen.
Inwiefern würdest du versuchen, den RBB auch während der Zeit eines eventuellen Studiums/einer eventuellen Ausbildung fortzuführen bzw. wie machst du das aktuell?
Ich stehe kurz vor meinem 7. Semester in meinem Bachelorstudium. 2023 will ich meine Bachelorarbeit schreiben. Bisher habe ich alles unter einen Hut bringen können. Wichtig dabei ist, die Prioritäten je nach Phase zu verändern. Wie zum Beispiel Prüfungsphase vs. Semesterferien, was dann mehr oder weniger Zeit für den Basketball bedeutet. Nach dem Bachelor plane ich außerdem meinen Master zu machen.
Was müsste in deinen Augen getan werden, um potenziellen Nachwuchs wie dich auch in Zukunft zu fördern und eine langfristige Karriere im RBB attraktiv zu machen?
Mit etwas mehr finanzieller Unterstützung könnten viel mehr Leute mehr Zeit in den Sport investieren. Eine Basisförderung, die den Spielern monatlich unter die Arme greift und wenigstens die Fahrtkosten deckt, wäre schon eine große Hilfe. Weiterhin sollten Möglichkeiten einer dualen Karriere auch für Behindertensportler erweitert werden, z. B. bei der Polizei. Das hieße vier Monate Ausbildung und acht Monate Sport bei vollem Gehalt. Abseits der finanziellen Seite halte ich es für sinnvoll, früh an Nachwuchstalente heranzutreten und sie über die Jahre hinweg aufzubauen. Dazu gehört für mich der regelmäßige Austausch und Abgleich der Vorstellungen und Erwartungen der Kadertrainern und der Sportler.
Lukas Gloßner klatscht sich während des Natio-Lehrgangs mit Alex Halouski ab – Foto: Hannah Schrauth
Könntest du dir dein Leben ohne Rollstuhlbasketball überhaupt noch vorstellen?
Nein, der Sport fasziniert mich wirklich. Auch wenn ich körperlich nicht mehr „gezwungen“ wäre, würde ich sehr wahrscheinlich dem Rollstuhlbasketball treu bleiben.
Welche Stärken machen dich in deinen Augen zu einem vielversprechenden Nachwuchsspieler?
Ich würde mein mittlerweile doch sehr gutes Spielverständnis nennen. Dazu gehört auch, dass ich aus Situationen direkt Schlüsse ziehe und schnell dazulernen kann. Ich denke, ich bin auch fähig eine Rolle mit viel Verantwortung zu übernehmen und ein Team zu führen. Außerdem denke ich, dass ich für einen 1er untypische Qualitäten mitbringe – z.B. ein eigenes Missmatch kreieren. Ich nutze meine Größe und bin trotz der längeren Hebel gut und schnell im Stuhl.
Hast du ein sportliches Idol, zu dem du aufschaust? Wenn ja – wen und warum diese Person?
Jannik Blair. Er hat die gleiche Klassifizierung, wie ich, ist aber körperlich so fit, dass es nicht wie ein Einser spielt. Außerdem performt er seit Jahren konstant auf höchstem Niveau, sowohl offensiv als auch defensiv. Zusätzlich würde ich noch Marcin Balcerowski nennen, da ich körperlich ähnlich gebaut bin und mir deshalb schon 1-2 Dinge von ihm abschauen konnte.
Rollstuhlbasketball bedeutet für mich …
… einen Sport zu haben, der mir viel Spaß macht und durch den ich bereits jetzt weit gekommen bin.
Was ist dein größtes sportliches Ziel, das du im RBB noch erreichen willst und was tust du schon jetzt dafür?
Die Berufung in die A-Nationalmannschaft und ggf. eine Teilnahme an den Paralympics. Dafür trainiere ich so viel es geht und investiere viel Zeit in diesen Sport.
Steckbrief
Name: Lukas Gloßner
Geburtsdatum: 25.03.2000
Klassifizierung: 1,0
Aktueller Klub: Bidaideak Bilbao BSR
Sportrollstuhlmarke: RGK
Behinderung: Komplette Querschnittslähmung TH-7
Meine Eltern haben mir beigebracht: Fast alles, aber vor allem, dankbar zu sein.
Text: Martin Schenk | Header-Foto: Patrick Harazim