Marco Hopp ist Marco Hopp: schlagfertig, direkt und ehrlich. Kaum ein anderer Trainer in Deutschland polarisiert die Rollstuhbasketball-Gemeinde so, wie Marco aus Heidelberg. Während die einen den B-Lizenz-Inhaber für einen der besten Coaches der Liga halten, verzweifeln die anderen an seiner Offenheit und mitunter gelebten Starrköpfigkeit.

Marco Hopp hat viel zu erzählen. Geschichten hier, Anekdoten da. 1996 fing er – vom Rennrollstuhlfahren kommend – mit dem Rollstuhlbasketball in Pirmasens an. Im tiefsten Pfälzer Wald drehte der gebürtige Querfurter seine ersten Runden auf dem Parkett, ehe es ihn 1998 in die erste Liga nach Trier verschlug. Dort angekommen sammelte der 2,5-Punkte-Mann seine ersten Weihen. Sein Talent blieb auch abseits der Mosel nicht unbemerkt, so dass es der dreifache Familienvater bis in den erweiterten Kader der A-Nationalmannschaft schaffte. Über Zwickau, den RSV Lahn-Dill, mit dem Hopp 2001 den Willi-Brinkmann-Cup gewann, landete der Reha-Berater bei der SKG Heidelberg. Auf seine aktive Zeit bei den Neckarstädtern angesprochen, sprudelt es vor lauter Emotionen und Erinnerungen nur so aus dem aktuellen Rhinos-Coach heraus: „Am 16. Januar 2003 war es, ich weiß es noch wie heute, haben wir den Showdown um die Deutsche Meisterschaft mit 53:52 in Wetzlar für uns entschieden. Zwar waren wir noch kein Meister, hatten aber unser Heimspiel gegen den einzig verbliebenen Mitkonkurrenten aus Zwickau mit über zwanzig Punkten in der Hinrunde gewonnen. An der Mulde verloren wir dann mit zwölf Punkten. Und ein gewisser Ralf Schwarz auf Seiten der Sachsen musste vollkommen erledigt vom Court geschoben werden.“ Es sind diese Details und geschichtsträchtigen Erinnerungen, die den Zuhörer in Marco Hopps Bann ziehen. Hinzu gesellt sich die Wertschätzung für Leistung anderer. Der Ex-Chocolates-Trainer konnte es zur aktiven Zeit durchaus ab, wenn andere Spieler eine bessere Leistung zeigten, als er selbst. Sie eine Performance an den Tag legten, die ihn von der Tribüne oder Bank aus mit der Zunge schnalzen ließen. Auch das ist Marco Hopp. Er weiß die Leistung Dritter zu würdigen. Dies spiegelt sich in seiner wertschätzende Wortwahl wider, wie er sie z. B. gegenüber einem Joey Johnson wählt: „Mit Heidelberg hatten wir es 2004 im Champions Cup unter die besten acht Teams geschafft. Das Finale in Madrid bestritten Lahn-Dill und GSD Anmic Sassari. Patrick Anderson war ausgefoult. Und ein Mann spielte das Match seines Lebens. Sein Name: Joey Johnson. Der Kanadier verteidigte, brachte den Ball, verteilte Assists und traf nach Belieben. Er war die Wetzlarer Lebensversicherung. Als dann nach dem siegreichen Endspiel Patrick Anderson als bester Spieler ausgezeichnet wurde, ging dieser direkt zu Johnson, um ihm die Medaille zukommen zu lassen. Anderson wusste, wer der wahre MVP war.“ Diese und andere Stories untermauern nicht nur das Hopp’sche Elefantengedächtnis, sondern auch die Hingabe und Passion für den Rollstuhlbasketball.

Dass er ein besserer Trainer ist, als Spieler war, davon ist sein Ex-Mitstreiter in Trier, Dirk Passiwan, überzeugt. Auch davon, dass die Wiesbadener Korbjäger einen echten Coups an der Seitenlinie gelandet haben: „Also ich denke, mit Marco haben die Rhinos den richtigen Mann verpflichtet. Er hat sich in den letzten Jahren zu einem der besten Trainer der Liga entwickelt. Ich hab mit ihm als Spieler zusammengespielt, und er hat das Spiel verstanden. Ich denke, dass er als Coach noch besser ist, als er es als Spieler war.“ Eine Sichtweise, die auch der Vater von Nationalspieler Nico Dreimüller, Harald Junk, teilt. Ein Mann, der den Heidelberger als „Basketball-Papa“ kennen und schätzen lernte: „Marco ist ein guter Mann an der richtigen Stelle. Er legt viel Wert auf ein schnelles, kraftvolles Spiel. Das werden die Jungs in Wiesbaden im Training merken.“ In die Reihe derjenigen, die den ehemaligen deutschen Meister an der richtigen Position wissen, gehört auch der Teammanger der U23-Nationalmannschaft Günther Mayer: “Ich kenne Marco aus der gemeinsamen Zeit bei der U23 ziemlich gut. Ich freue mich für ihn, dass er wieder in der RBBL tätig ist. Wiesbaden ist ein Standort, der praktisch heimatnah für ihn ist. Aufgrund der Ergebnisse zum Ende der letzten Saison hat es für beide Seiten wohl Sinn gemacht, die Zusammenarbeit fortzuführen. Es ist eine interessante Aufgabe, da es viele Veränderungen im Team gibt. Lange Rede, kurzer Sinn: Ich freue mich für ihn.”


 

In seinem Element: Marco Hopp als Livestream-Kommentator in Wiesbaden – Foto: Ana Sasse


Hopp hat seinen eigenen Kopf

Doch der B-Lizenz-Inhaber kann auch anders, wie Ober-Delfin Passiwan zu berichten weiß: „Marco hat sich immer selbst am meisten geärgert, wenn ihm als Spieler ein Fehler unterlaufen oder etwas schief gegangen ist. Dies hat er durchaus laut kundgetan.“ Dass er nicht immer leicht zu nehmen ist, weiß der Familienvater selbst. Er will „wachrütteln“ und „habe einen eigenen Kopf“ gibt er zu Protokoll. „Hinter vorgehaltener Hand über andere herziehen, wie es andere in der Liga machen“, ist nicht sein Credo. Der Reha-Berater weiß, dass er den Basketball nicht neu erfindet. Hopp liebt das schnelle und moderne Spiel, will den Spielern vertrauen geben und lieber mit einer großen Rotation spielen. Dass einige Menschen nicht mit seiner offenen Art umgehen können, weiß er. Eine Tatsache, die sich auch an einigen Abschieden in „beiderseitigem Einvernehmen“ und der Handvoll Klubs ablesen lässt, für die der 2,5-Punkte-Mann auflief oder als Coach fungierte: Pirmasens, Trier, Zwickau, Wetzlar, Heidelberg, Trier, Frankfurt, Heidelberg, Wiesbaden. Aber damit ist er in der Gilde der Trainer und Spieler nicht allein. Und wie sagt es der Volksmund so schön: Es gehören immer zwei dazu. In Hopps Fall die Vereine und er selbst.

Sich selbst treu

Der geneigte Fan kann vom Dirigenten vom Neckar halten was er möchte. Macro Hopp ist auf jeden Fall eines: sich selbst treu. Eine Tugend, die heute vielen Menschen verloren gegangen ist. Heißt es doch: Konformismus, statt anzuecken. Oder sich politisch und diplomatisch auszudrücken, statt das Herz auf der Zunge zu tragen. Die Charaktereigenschaften des Dickhäuter-Trainers sind hingegen authentisch und leider rar gesät. Seine ehrlichen und direkten Wesenszüge sind es auch, die Marco Hopp zu einem exzellenten Coach machen. Dass er aus seinem Herzen keine Mördergrube macht, ist im bewusst. Und im Unterbewusstsein wird der Familienvater auch wissen, dass er nie ein (Trainer-)Amt ausführen wird, das neben Expertise und Vermittlungsgeschick, auch diplomatisches Fingerspitzengefühl benötigt. Marco Hopp ist eben Marco Hopp – und das ist gut so.

Text: Martin Schenk  | Dieser Text erschien im September 2017 in Rollt.-Ausgabe #17 | Fotos: Ana Sasse

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