Wir schreiben den 20. Oktober 2021. In knapp sechs Wochen beginnt die Europameisterschaft in Madrid. Bis zum heutigen Tag wissen die Fans nicht offiziell, ob sie überhaupt in die Halle dürfen. Geschweige denn, unter welchen Bedingungen.
Wird es einen Livestream geben? Wo finde ich barrierefreie Unterkünfte? Wann spielt mein Team? Und in welcher Halle genau? Wo kann sich die Presse akkreditieren? Gibt es Zuschauer- oder Corona-Beschränkungen? Auf all diese Informationen wartet die Rollstuhlbasketball-Community sehnlichst. Ich will ehrlich sein: Bevor ich diese Zeilen zu Papier gebracht habe, habe ich zehn Mal tief durchgeatmet, um trotz des in mir herrschenden persönlichen Unmuts, sachlich, nüchtern, zukunftsorientiert und objektiv zu bleiben.
Ja, so eine verschobene EM setzt ein Organisationskomitee und eine IWBF Europe nicht im Handumdrehen um. Ja, mit den massiven Änderungen im Bereich der Klassifizierung werden jede Menge Kräfte gebündelt, die an anderer Stelle gebraucht werden, um den Spielbetrieb in den kommenden Monaten umzusetzen. Ja, in den Verbänden gibt es kaum hauptamtliches Personal und viele Menschen, die ihre ehrenamtliche Lebenszeit in unseren Lieblingssport investieren. Ja, die europäischen Wettbewerbe müssen angesetzt und koordiniert werden. Das wissen alle Fans sehr zu schätzen. Warum schaffen es die handelnden Personen aber nur bedingt und spät, die Community mit wichtigen Informationen und Wasserstandsmeldungen auf dem Laufenden zu halten? Ja, die EM-Gruppenauslosung ist wichtig. Viel wichtiger wäre jedoch die Information, ob Menschen – und unter welchen Bedingungen – überhaupt in die Halle dürfen. Und wenn ja, wo und ab wann es Eintrittskarten gibt. Gerade nach der Pandemie. Die Anhänger lechzen nach geilen Duellen in den Arenen. Fans wollen ihre Reise planen. Sponsoren wollen Klarheit. Familienmitglieder und Angehörige der Spieler:innen wollen mitfiebern. Ich spreche niemanden den Willen und die Leidenschaft ab, appelliere jedoch an den Kreis der Verantwortlichen, die Fan- und die Presse-Interessen stärker in den Fokus zu rücken resp. zu berücksichtigen. Der Ball muss rollen – ganz klar. Schiedsrichter:innen, Klassifizier:innen und ehrenamtliche Helfer:innen müssen koordiniert werden – auch logisch. Bitte aber immer auch an die Menschen denken, die den Sport tragen. Mama und Papa, die ihre Kids anfeuern wollen und jahrelang zum Training gefahren haben. Die besten Freunde, die ihren Buddy unterstützen wollen. Menschen, die durch den Kauf einer Eintrittskarte den Sport und Struktur stützen. Sponsoren, die Geld in die Hand nehmen, um vom Glanz des Sports etwas abzubekommen und in die Sichtbarkeit kommen wollen. Um es auf den Punkt und zum Abschluss zu bringen: Denkt bitte immer auch an die Community!
Text: Martin Schenk | Foto: Uli Gasper