IWBF-Europe-Präsident, Manager der RSV Basket Salzburg, Trainer, Ex-Paralympionik und Ersatzspieler. Der österreichische „Rollstuhlbasketball-Tausendsassa“ Walter Pfaller spricht im exklusiven Rollt.-Interview über die sportlichen Pläne an der Salzach, die kommenden Basketball-Großereignisse auf Teneriffa und in Hamburg sowie über die Rollstuhbasketball-Strukturen in Österreich.
Herr Pfaller, herzlichen Glückwunsch zum Aufstieg in die 2. RBBL. Warum nehmen die Baskets – im Gegensatz zur letzten Spielzeit – den Aufstieg wahr? Was hat sich an der Salzach geändert?
„Zuerst einmal herzlichen Dank für die Glückwünsche zum Meistertitel in der Regionalliga Süd. Leider haben sich die Rahmenbedingungen in Salzburg im Vergleich zur letzten Spielzeit nicht geändert d.h. weiterhin gibt es budgetär einen Engpass, und auch der Spielerkader ist mit maximal acht Spielern bzw. Spielerinnen sehr klein. Aus sportlicher Sicht ist der Aufstieg meiner Meinung jedoch ein Muss, bedenkt man, dass in den vergangenen beiden Spielzeiten der RSV Salzburg von 28 Spielen lediglich eine Partie verloren hat.“
Können Sie uns kurz erläutern, was Sie beim RSV so alles managen?
„Beim RSV Basket Salzburg mache ich praktisch alles. Ich bin Manager, Coach, Spielertrainer und, wenn notwendig, auch für einige Minuten Spieler. Die wichtigste Aufgabe für die kommende Saison ist die unterschiedlichen Themen auf mehrere Personen zu verteilen damit auch längerfristig Rollstuhlbasketball in Salzburg gesichert ist.“
Die Salzburger haben in der gerade beendeten Spielzeit nur ein Match verloren und sich knapp gegen die österreichische Konkurrenz aus Tirol durchgesetzt. Was waren die Erfolgsfaktoren Ihrer Meinung nach?
„Über die ganze Saison betrachtet waren wir sicher die stärkste Mannschaft in der Liga. Gegen unsere österreichischen Kollegen aus Tirol haben wir nicht die besten Spiele gezeigt, aber wie sagt man so schön, man spielt immer nur so stark, wie es der Gegner zulässt. Warum am Ende Salzburg an erster Stelle stand, hat zum einen mit etwas Glück zu tun, und zum anderen aber auch mit dem Vorteil gegenüber Tirol, mit mehreren verschiedenen Aufstellungen spielen zu können. Im Vergleich dazu hat Tirol beide Spiele mit nur fünf Spielern bestritten.“
Wie sehen die sportlichen Pläne in Salzburg für die nächste Saison aus?
„Ich hoffe doch, dass wir die Rahmenbedingungen schaffen, um in der zweiten Bundesliga Süd spielen zu können, mit dem Ziel, sich im Mittelfeld zu etablieren.“
Welchen Stellenwert nimmt der Rollstuhlbasketball generell in Österreich ein? Und wie ist er strukturiert?
„Der Stellenwert des Rollstuhlbasketballs in Österreich war sicherlich schon einmal viel höher, als er es aktuell ist. In Europa zählt man zu den sechs besten Mannschaften, und auch auf Vereinsebene war der RSV Salzburg zehn Jahre lang im Champions Cup sehr erfolgreich. Leider ist im österreichischen Basketball keine positive Entwicklung zu sehen. Das Nationalteam ist in den letzten Jahren acht Mal am Aufstieg in die A-Liga gescheitert und konnte auch bei der letztjährigen B-Europameisterschaft lediglich den 7. Platz belegen. Dazwischen ist Österreich sogar einmal in die C-Division abgestiegen. Auf Klubebene sind die Sitting Bulls die stärkste Mannschaft in Österreich, sie spielen regelmäßig in der EuroLeague 2, konnten aber dieses Jahr auch nur ein Spiel in der Gruppenphase gewinnen. Strukturen gibt es praktisch keine, es fehlt an gezielter Nachwuchsarbeit, Fort- und Ausbildungsprogrammen. In der österreichischen Meisterschaft, die mehr oder weniger in Turnierform gespielt wird, spielen derzeit, mit der Gastmannschaft Padovice aus Tschechien, sechs Teams, wobei Steiermark zwei Mannschaften stellt. Aufgrund der fehlenden Strukturen, aber auch aufgrund von Auffassungsunterschieden mit der Führung im österreichischen Rollstuhlbasketball, spielen die beiden Salzburger Mannschaften und Tirol in Deutschland, die Kärntner Mannschaft in Slowenien und viele der Vorarlberger Spieler in der Schweiz.“
Sie selbst waren und sind seit vielen Jahren im Rollstuhlbasketball unterwegs. Was haben Sie als den größten Entwicklungsschritt wahrgenommen, seitdem Sie übers Feld rollen? Und was als die größte Baustelle, die es noch zu bearbeiten gilt?
„Der größte Entwicklungsschritt ist sicher dahingehend erfolgt, dass Rollstuhlbasketball Europa- und Weltweit professionell organisiert und professionell gespielt wird, und die Entwicklung noch lange nicht abgeschlossen ist. Die Spieler trainieren täglich und sind bezahlte Profis. Die größte Baustelle ist sicherlich die Vermarktung unseres Sports. Hier sind wir noch ganz am Anfang, und das Ziel kann nur sein, eine professionelle Liga in Europa und dass viele Unternehmen auf Rollstuhlbasketball als Marke setzen.“
Als IWBF-Europe-Präsident haben Sie viel um die Ohren. Können Sie kurz anreißen, wo die Schwerpunkte ihrer Tätigkeit als „Europa-Chef“ liegen?
„Meine Aufgaben als Präsident der IWBF Europe sind vielfältiger und zeitintensiver als ich dachte. Zu meiner beruflichen Tätigkeit als Landessportdirektor von Salzburg, Leiter eines Olympiazentrums und vielen anderen Aufgaben im Sport, denen ich noch nachkomme, stellt mich diese Herausforderung oft vor große Probleme, da mir die notwendigen Zeitressourcen fehlen. Dennoch bin ich davon überzeugt, neue Impulse setzen zu können. Meine Schwerpunkte sind unseren Sport zu vermarkten und selbstständige hochqualifizierte Kommissionen für den Bereich Marketing, Wettkampf, Entwicklung und Klassifizierung zu schaffen.“
Abschlussfrage: Die EM auf Teneriffa sowie die WM in Hamburg 2018 werfen Ihre Schatten voraus. Was ist Ihre persönliche Erwartungshaltung an die beiden Großereignisse?
„Trotz allen Problemen mit Hotels und Anreise zur Europameisterschaft nach Teneriffa denke ich, dass wir eine hervorragend organisierte Europameisterschaft in Teneriffa vorfinden werden. Eine Europameisterschaft in einem Land, in dem Basketball einen hohen Stellenwert hat, mit einer Heimmannschaft, die in Rio Silber gewinnen konnte. Ich denke, dass alle Spiele auf höchstem Niveau stattfinden werden. Die Weltmeisterschaft 2018 in Hamburg ist eine große Auszeichnung und auch ein Geschenk für Deutschland und die IWBF Europe. Als stärkste Zone im IWBF kann man beweisen, dass die europäischen Nationen zu den besten Teams der Welt gehören. Das Organisationskomitee, die Stadt Hamburg und der DRS werden sicher eine hervorragend organisierte WM durchführen.“
Vielen Dank für Ihre Zeit.
Interview: Martin Schenk