Der bayerische Landestrainer und Co-Trainer der U19-Nationalmannschaft, Thorsten Schmid, spricht im Interview über die Reise des U22-Kollektivs nach Dubai, die neuen Gesichter im Team und Nachwuchsbereich sowie die Spielzeiten junger Athleten in der RBBL.
Thorsten, ihr reist in Kürze mit der U22-Nationalmannschaft nach Dubai, um dort am 11. Fazza Rollstuhlbasketball-Turnier teilzunehmen. Wie kam’s dazu?
Schon in den letzten Jahren wurde das Turnier in Dubai von der U22 besucht und sogar gewonnen. Es ist eine tolle Erfahrung für die Jungs und bietet uns eine tolle Competition. Der Einladung sind wir wieder sehr gerne gefolgt.
Von wann bis wann seid ihr dort?
Wir fliegen am 24. April. Der Rückflug ist für den 1. Mai anvisiert.
Und auf wen trefft ihr?
Am Start sind die Vereinigten Arabischen Emirate, Korea, Thailand, Südafrika. Kuwait und Saudi-Arabien
Was ist die Erwartungshaltung des Trainerstabs?
Wie Headcoach Peter Richarz schon in der Pressemitteilung des DRS sagte, geht es uns darum, dem jungen Kader zur nächsten Entwicklungsstufe zu verhelfen. Wir wollen als Team wachsen und die Herausforderungen auf dem Turnier nutzen, um daran zu wachsen.
Und du selbst?
Persönlich möchte ich helfen, dass sich die jungen Athleten auch individuell etwas mitnehmen können. Dafür werden wir in den Spielen und im Training sehr hart arbeiten.
Ihr habt ein paar neue und junge Athleten dabei. Drei davon, Julian Lammering, Alexander Keiser und Sören Seebold haben wir ja in der letzten Rollt. vorgestellt. Wer ist noch neu im Team?
Da wäre Luc Weilandt. Er bringt schon jede Menge Ruhe mit, weil er im Vergleich zu den anderen Neuen im Team schon etwas älter ist. Er hat eine tolle Spielübersicht und ein gutes Timing in seinem Spiel. Dann ist da Thilo Prünte. Thilo ist schnell unterwegs und ist ein bissiger Verteidiger. Er kann ein richtiger Kettenhund werden. Und dann gibt es noch Bo Bruckmann. Er ist ein Fighter. Immer mit der richtigen Einstellung unterwegs. Bo ist einer, der nicht zurückzieht.
Jetzt mal Hand aufs Herz: Wenn du die Spielzeiten deutscher Athleten in der 1. RBBL siehst, wie steht es dann um deine ganz persönliche Gemütslage? Ist der Status quo okay? Steht die Leistung über allem?
Wir brauchen schon eine vernünftige Lösung für unsere jungen Athleten. Das steht außer Frage. Doch es gibt aber auch Beispiele in Deutschland, an denen wir sehen können, dass es auch mit der aktuellen Situation klappen kann.
Zum Beispiel?
In der RBBL sind Hannover und die Münchener Iguanas doch ein guter Beleg dafür. Solange wir auch abseits des Feldes keine weiteren Lösungen präsentieren können, um Schule, Ausbildung und die Arbeit mit dem Sport zu verbinden, werden es die jungen Spielerinnen und Spieler immer schwer haben, genügend Trainingszeiten und dadurch auch Spielzeiten zu bekommen.
Was erzählst du dann den jungen Jungs, wenn sie sich nach ihrer persönlichen Perspektive im Rollstuhlbasketball fragen?
Wenn ich von jungen Spielern gefragt werde, was deren Perspektive ist, dann geht es für mich immer darum, herauszufinden, was sie wirklich wollen. Denn nur das, was man wirklich will, kann man am Ende auch erreichen. Damit bin ich bisher ganz gut gefahren.
Ich habe jüngst den Rollstuhlrugby-Nationaltrainer Christoph Werner interviewt, der sich für eine sportartübergreifende Talentsichtung im paralympischen (Rollstuhl-)Sport ausgesprochen hat. Kannst du seinem Standpunkt etwas abgewinnen?
Ich kenne Christoph auch schon eine ganze Weile, liebe Grüße von dieser Stelle aus. Ich kann nachvollziehen was er damit bezwecken möchte. Für mich gibt es noch weitere Faktoren, die ich schon versuche in meinem Wirkungskreis anzugehen.
Die da wären?
Für mich ist das Umfeld der jungen Spieler in den letzten Jahren immer zu kurz gekommen. Eltern, Betreuer und Bekannte unserer jungen Spieler kennen sich leider viel zu wenig aus in unserem Sport. Wen kann ich anrufen, wenn es um eine Rollstuhlversorgung geht? Wer kann neben dem Vereinstrainer an der Weiterentwicklung meines Kindes helfen? Wie sind die DL-Regelungen und wie funktioniert die Klassifizierung? Alle jungen Spieler die zuletzt bis in die Nationalmannschaft kamen, haben die volle Unterstützung ihrer Eltern oder des direkten Umfelds erfahren. Das ist meiner Meinung nach schon auffällig.
Zurück zu den U22-Herren: Wie siehst du aktuell die Stärken und Schwächen im Kader?
Über die Dinge, in denen wir uns noch verbessern müssen, werde ich doch vor dem Turnier nicht öffentlich sprechen (grinst). Ich schätze unsere Truppe als sehr lernwillig und unfassbar motiviert ein. Wir hatten schon bei der gemeinsamen Sichtung mit der U19 und U22 eine überragende Stimmung in der Halle. Es freuen sich alle dabei sein zu dürfen.
Und neben der Freude am Dabeisein?
Wenn wir es schaffen, schnell all unsere Rollen zu finden, dann können wir auch erfolgreich sein. Wir brauchen die Erfahrung aus solchen Turnieren, um daran zu wachsen.
Über das Wachsen zur letzten Frage: Wie steht es ums Entwicklungspotenzial der jungen Männer?
Seit nunmehr drei Jahren bin ich Co-Trainer der U19, und wir hatten in diesem Jahr die Sichtung mit den meisten Teilnehmern. Wir haben in den beiden U-Nationalmannschaften große Talente mit dabei, welche auch schon in den Vereinen eine große Rolle spielen, wie z. B. Alex Budde und Olli Janz in Hannover, Bastian Kolb in München, Paul Jachmich in Köln usw. Dazu kommen jedes Jahr neue Spieler hinzu, die sich auch in den unteren Ligen toll entwickeln …
… was grundsätzlich heißt?
Dass ich keinen Grund sehe, weshalb wir nicht an die Erfolge der U22 in den letzten Jahren anknüpfen können.
Ein gutes Schlusswort. Thorsten, vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast.
Interview: Martin Schenk | Foto: Steffie Wunderl