Interview mit Sören Müller: “Ich versuche, mich stetig zu verbessern und an mir als Spieler und Mensch zu arbeiten”

Sören Müller ist der Dreh- und Angelpunkt im Spiel des BBC Münsterland. Der  4,5-Punkte-Mann netzte im Schnitt 20,4 Punkte ein, schnappte sich 8,2 Rebounds und produzierte 6,8 Assists pro Partie im bisherigen Saisonverlauf 2022/2023. Neben seinen spielerischen und sportlichen Qualitäten, unterstützt der Ergotherapeut seinen Klub und Headcoach Marcel Fedde bei der Begleitung und Entwicklung der Youngsters in Ostwestfalen. Wie der Bruder von Anna-Maria Müller zum Rollstuhlbasketball gekommen ist, auf welchem Leistungslevel er seinen Verein sieht und wie es um seine persönlichen Ziele bestellt ist, verrät der 27-Jährige im Interview.

 

Sören, für diejenigen, die dich noch nicht bzw. weniger gut kennen: Wie bist du zum Rollstuhlbasketball gekommen?

Ich bin durch meinen Vater Holger und meine Schwester Anna-Maria zum Sport gekommen. Die beiden waren lange beim UBC Münster tätig. Dort habe ich mir als kleiner Junge schon immer die Spiele angeschaut. Als ich dann einmal mittrainieren durfte, hatte ich schon richtig Spaß. Anschließend bin ich mit meinem Vater zusammen zum Jugendtraining des BBC Warendorfs gegangen.

 

Was hat dich seinerzeit fasziniert?  

Am meisten haben mich zwei Sachen fasziniert. Zum einen, dass der Sport Inklusiv ist und man direkt willkommen war. Und zum anderen, dass es mit viel Kontakt und Geschwindigkeit zur Sache ging.

 

Von der Vergangenheit in die Gegenwart: Was sagst du zum bisherigen Saisonverlauf des BBC? 

Bisher bin ich sehr zufrieden, was die Ergebnisse angeht. 8 Punkte sind schon mehr als wir zum jetzigen Zeitpunkt erwartet hatten. Auch die zwei engen Partien gegen Lahn-Dill und Wiesbaden haben gezeigt, dass wir uns gut entwickeln.

 

Was noch?  

Nun, ich erwarte, dass wir noch mehr als Team zusammenwachsen und uns individuell auch weiterentwickeln.

 


Sören Müller im Match gegen den RSV Lahn-Dill, in dem sich der BBC knapp 64:68 geschlagen geben musste – Foto: Andreas Stich


 

Wie oft tauschst du dich eigentlich mit deiner Schwester Anna-Maria und deinem Schwager Johannes über Rollstuhlbasketball-Themen und -Spiele aus? Gibt es da so etwas wie eine Müller’sche „Kommunikationsschleife“?  

Tatsächlich schreibe oder telefoniere ich mit Anna fast jede Woche. Wenn wir uns persönlich sehen, gibt es eigentlich fast kein anderes Thema. Da ich immer wieder Tipps und Tricks brauche, um mich weiterzuentwickeln, ist es natürlich super mit Anna und Johannes zwei erfahrene Rollstuhlbasketballer zum Austauschen zu haben.

 

Lass uns über den Nachwuchs sprechen. Mit Julian und Maximilian Lammering, Tuva Reinshagen und seit geraumer Zeit auch Sören Seebold, habt ihr einige Youngsters im Kader und weitere im Gesamtverein. Wie transportierst du dein Wissen und deine Erfahrung an die jüngeren Spieler?  

Ich stehe bei Fragen immer zur Seite und versuche sie im Training immer wieder zu pushen, dass sie Vollgas geben. Der Sport ist mittlerweile so schnell geworden, dass Tempo extrem wichtig ist und das wird natürlich nur besser, wenn alle mitziehen. Die jungen Leute im Verein sind aber auch sehr lernwillig und trainieren extrem hart dafür, um besser zu werden.

 

Und was machst du, dass deine “Erfahrungsanstupser” auch im Gedächtnis hängenbleiben bzw. von den Jungs und Mädels adaptiert werden?  

Ich wiederhole die Sachen immer und immer wieder, wenn sie nicht funktionieren. Häufig schauen sie aber auch, wie man selbst die Sachen macht. Dann versuchen sie es ähnlich zu machen.

 

Was muss deiner Meinung nach beim BBC noch passieren, um den Verein als Ganzes aufs nächste sportliche und strukturelle Level zu heben?  

Ich glaube, wir müssen noch viel im Bereich Sponsoring, Marketing und Professionalität arbeiten, um weiter voranzukommen. Zudem müssen wir die Anzahl an Teamtrainings erhöhen, und dafür braucht es natürlich wieder andere Ressourcen. Ich denke, wir sind auf einem guten Weg und können diesen auch weiter so verfolgen, wie es angedacht ist.

 

Was ist dein eigenes sportliches Ziel? Was möchte Sören Müller noch erreichen bzw. über sich selbst in ferner Zukunft sagen können?  

Ich versuche, mich stetig zu verbessern und an mir als Spieler und Mensch zu arbeiten. Einen Vollzeit-Job mit der RBBL1 in Einklang zu bringen, ist nicht immer einfach, aber ich versuche so oft es geht in die Halle oder ins Home-Gym zu gehen.

 

Lass uns über den Menschen Sören sprechen. Ich habe das Gefühl, dass du ein Mensch bist, der kein Blatt vor den Mund nimmt und aus seinem Herzen keine Mördergrube macht. Sehe ich das richtig? 

Ja, ich denke, das ist oftmals richtig.

 

Warum ist es dir persönlich wichtig, ehrlich und direkt zu sein?  

Wenn mich Sachen richtig stören, finde ich es besser, sie sofort anzusprechen, damit man es nicht in sich reinfrisst und es dadurch noch schlechter macht. Bei kleineren Dingen behalte ich es aber meist für mich und mache kein Fass auf.

 

Was macht ein Sören Müller, wenn er nicht dem orangenen Leder hinterherjagt?  

Ich bin gelernter Ergotherapeut und arbeite in einer Tagesförderstätte für Menschen mit Schwerstmehrfachbehinderung. Wenn ich dann nicht direkt nach der Arbeit in die Halle fahre, entspanne ich auch einfach mal gerne auf dem Sofa bei Serien. Natürlich darf die Freundin und die Familie auch nicht zu kurz kommen, was nicht immer so einfach ist (lacht).

 

Ich möchte dich nun bitten, die folgenden Fragen in einem Wort zu beantworten und deine Antwort mit einem Satz zu begründen bzw. zu beschreiben.  

Der Rollstuhlbasketball-Spieler bzw. die -Spielerin mit dem besten Wurf?  

Alexander Halouski. Seine Technik ist einfach hervorragend und damit natürlich auch seine Quote.

 

Der Rollstuhlbasketball-Spieler bzw. die -Spielerin mit der besten Courtvision?  

Thomas Böhme. Seine Pässe und seine Übersicht sind grandios. Er spielt Pässe, da denkt man manchmal, wie kommt der Ball da jetzt noch hin.

 

Der Rollstuhlbasketball-Spieler bzw. die -Spielerin mit der meisten Energie auf dem Court?

André Hopp. Ich glaube, André ist der Inbegriff von Energie auf dem Court. Er gibt immer 100 Prozent, auch wenn er manchmal über die Stränge schlägt.

 

Dieses Buch habe ich zuletzt gelesen?

Stark im Rollstuhl von Dirk Lösel. Einfach um das allgemeine Thema mehr in mein und unser Training einbringen zu können. Und Dirk hat da wirklich detailliert und super gearbeitet über die letzten Jahre.

 

Am meisten abgeschaut habe ich mir bei dem folgenden Rollstuhlbasketball-Spieler bzw. der -Spielerin?  

Puh, ich habe mir von vielen was abgeschaut, wenn ich eine Person nennen soll, weil sie mich als Junge sehr geprägt hat, dann Tarik Cajo. Er hat mir individuell sehr viel Technik und Taktik beigebracht.

 

Danke für deine Zeit, Sören.

 

Interview: Martin Schenk | Foto: Andreas Stich

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