Der Gießener Erik Etzelmüller wurde der Schiedsrichterkommission zu einem der besten Unparteiischen der zurückliegenden RBBL-Spielzeit gewählt. Im Rollt.-Interview spricht der 30-Jährige über seinen sportlichen Werdegang, die Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Schiedsrichterwesen sowie seinen persönlichen Anspruch an das Amt des Referees.
Erik, wie bist du eigentlich zum Schiedsrichterwesen gekommen?
„Ich hab im Fußgängerbasketball als Schiedsrichter angefangen. Seiner Zeit wurde bei mir im Verein gefragt, wer denn Lust hätte, Referee zu werden. Da habe ich mich dann einfach gemeldet. Und ehe ich mich versah, ging es bei mir los.“
Und bist du noch im Fußgängerbereich unterwegs bzw. bis in welche Spielklasse hast du Partien geleitet?
„Bis zur 2. Regionalliga habe ich gepfiffen, habe aber letztes Jahr aufgehört, weil ich aufgrund meiner familiären Situation kürzer treten wollte. Ich widme mich, bis auf ein paar ehrenamtliche Tätigkeiten, ausschließlich dem Rollstuhlbasketball. Wenn mal Not am Mann ist, springe ich ausnahmsweise in den unteren Ligen ein und unterstütze junge Kollegen.“
Ist es denn eine sehr große Umstellung vom Fußgänger- zum Rollstuhlbasketball?
„Ja und Nein. Viele Grundlagen sind gleich, wie ein Großteil der Handzeichen oder aber die Fouls. Aber es ist schon ein anderer Sport. Es ist weniger eins gegen eins, und es passiert viel mehr abseits des Balls. Dementsprechend hast du auch eine adaptierte Schiedsrichtertechnik. Ferner sind es ganz andere Szenen und Fouls, die beurteilt werden müssen.“
Und wie vereinbarst du das alles mit deinem Privatleben? Schließlich bist du jüngst erst Vater geworden.
„Das Gute am Rollibasketball ist, dass du am Anfang der Saison deine Freimeldung abgibst, wann du Zeit hast und wann nicht. Das hat zur Folge, dass du schon früh die Ansetzungen der Saison kennst und dir die Zeit entsprechend einteilen kannst.“
Das heißt genau?
„Nun, ich kann viel um die Spiele herum planen, und zwar so, dass mein Privatleben nicht zu kurz kommt. Werner Otto hat mal gesagt, dass an erster Stelle immer die Familie und der Beruf stehen, aber danach sollte schon der Rollstuhlbasketball kommen, da man in der RBBL einfach verlässlich sein muss.“
Es gibt aber immer noch einen großen Unterschied zwischen der 1. RBBL und der BBL, oder?
„In der BBL kannst du das alles nicht so vereinbaren, wie in der RBBL, denke ich. Die BBL hat da andere Anforderungen. Aber auch der Rollstuhlbasketball hat einen gewissen Anspruch. Wir haben viele engagierte Leute, die sich ehrenamtlich engagieren und die Ansetzungen planen und die Schiedsrichter unterstützen. Ich kann mein Privat- und Berufsleben gut mit meinen Einsätzen abstimmen.“
Apropos Einsatz. Du warst ja bei der U23 WM in Kanada. Wie kam’s?
„Das beginnt damit, dass du dich auf nationaler Ebene beweist. Danach meldet die Schiedsrichterkommission ihre Kandidaten an die IWBF. Auf die Meldung folgt dann meist ein Vorrunden-Turnier der EuroLeague, auf dem du ein Regel- und Lauftest sowie ein oder mehrere Prüfungsspiele absolvierst. Wenn das alles klappt, bist du lizenzierter Schiedsrichter für internationale Begegnungen bzw. im Besitz der IWBF-Lizenz. Danach wirst du, mit etwas Glück und guter Leistung, für Weltmeisterschaften oder internationale Turniere berufen.“
Da wäre die Weltmeisterschaft in Hamburg eine tolle Option für dich, oder?
„Ich weiß nicht, ob Hamburg eventuell zu früh für mich kommt. Aber natürlich hofft man als Schiedsrichter stets auf weitere Einladungen zu großen Turnieren. Dort triffst du alte Bekannte und pfeifst auf allerhöchstem Niveau. Auf solch eine Chance arbeite ich natürlich hin.“
Und was sagt deine bessere Hälfte dazu?
„Da schlagen, so wie ich sie kennen und lieben gelernt habe, zwei Herzen in Ihrer Brust. Bei mir aufgrund der Geburt unseres Kindes natürlich jetzt auch mehr, als früher. Sie ist eine ganz große Unterstützung für mich und hält mir den Rücken frei. Sie sagt auch immer: „mach das“ und ist stolz auf mich und freut sich mit mir, wenn ich große Turniere und Spiele pfeifen und erleben darf.“
Was sind deine Ziele als Schiedsrichter?
„Ich denke da eher von Spiel zu Spiel …“
Ha, ha, du könntest Spieler werden, die sagen das auch immer.
„Weißt du, jedes Spiel hat seine Tücken und verläuft anderes. Die Teams trainieren die ganze Woche für die Partien. Und da ist es mein Anspruch, auch alles zu geben und meine beste Leistung abzurufen. Ich möchte den Spielern und den Teams gerecht werden. Deswegen liegt mein Fokus immer auf dem nächsten Match. In Kürze startet ja auch die neue Spielzeit. Ich möchte dort weitermachen, wo ich letzte Saison aufgehört habe. Und wen mir das gelingt, dann bin ich auf einem guten Weg.“
Auf einem guten Weg ist auch die RBBL, schließlich bereichern einige Top-Stars, wie Brian Bell und Matt Scott die Liga. Freust du dich als Unparteiischer eigentlich auch auf solche Größen?
„Ja, absolut. Das ist auch für uns als Referees eine tolle Sache. Was dazu zu sagen ist, dass wir als Schiedsrichter durch die Professionalität der RBBL und deren Klasse einen gewissen Vorsprung vor anderen europäischen Ländern haben, wo der Sport ein ganz anderes Niveau hat. Das heißt, dass wir als deutsche Unparteiische das hohe Tempo und die Schnelligkeit gewohnt sind und uns nicht großartig umstellen müssen, wenn wir international unterwegs sind. Aus diesem Grund ist es auch schön, Woche für Woche, solche Athleten erleben zu dürfen.“
Ein schönes Schlusswort, Erik. Ich danke dir für deine Zeit und wünsche dir eine schöne und erfolgreiche Saison.
Text: Martin Schenk | Foto: Steffie Wunderl