Das dritte Heiner-Rust-Masters in Hannover steht im Zeichen von Wettkampf, Spaß und vielen persönlichen Geschichten. Der Rollstuhlbasketball-Nachwuchs aus Niedersachsen macht dabei eine sehr gute Figur – und kommt sogar mit den großen Vorbildern zusammen.
Eigentlich rollen die Rollstuhlbasketball-Bundesligastars von Hannover United über das Parkett in der United Arena. Sie haben viele Nationalspielerinnen und Nationalspieler in ihren Reihen, mit Mariska Beijer (2021, Niederlande) und Vanessa Erskine (2016, USA) sogar zwei Paralympics-Siegerinnen. Vorbilder sind sie in ihrem Sport. Sportlerinnen und Sportler, zu denen man aufschaut als Kind und Jugendlicher. Einmal das Nationaltrikot tragen – ein Traum für viele.
An diesem Tag ist dieser Traum in der United Arena gar nicht so unerreichbar, der Rollstuhlbasketball-Nachwuchs sehr nah dran an den Stars. Mehrere Dutzend Kinder und Jugendliche von den TSV Achim Tigers, der RSG Langenhagen, Blau-Weiss Buchholz, dem RSC Osnabrück und dem Jugendteam von Hannover United sausen gut gelaunt über das Feld. Krachen mit ihren Sportrollstühlen ineinander. Jubeln, sobald ein Ball durch die Reuse fällt. Kleinere bekommen sogar einen Punkt und Applaus, wenn sie den Ball von unten ans Netz werfen. So geht das, wenn man alle teilhaben lassen möchte.
Das dritte Heiner-Rust-Masters der Heiner-Rust-Stiftung sind auch eine Art Befreiung für die Rollstuhlbasketball-Minis, die nicht alle mehr Minis sind. Aber sie haben alle das gleiche Bedürfnis, wie sich im Laufe des Turniers herausstellt: endlich mal wieder mit den Freunden Sport treiben, endlich mal wieder sich mit bekannten Gesichtern auf dem Spielfeld im Wettkampf messen, endlich mal wieder Hallenluft schnuppern. Das hat gefehlt in den vergangenen 30 Monaten. Eine unendlich lange Zeit, wenn man sich so gerne bewegen und spielen möchte.
Und so ist dieses Rollstuhlbasketball-Nachwuchsturnier auch irgendwie anders besonders, als die vorangegangenen beiden Veranstaltungen. Es ist verbunden mit größerem Ehrgeiz, mit mehr Anfeuern, mit vielen, vielen Emotionen. Auch mal mit Tränen, wenn man gegen eine Mannschaft verliert, die man 2019 noch geschlagen hat. Die Kiddis rudern mit den Armen Richtung Bank nach einem erfolgreichen Korbleger, als ginge es um die Meisterschaft. Auf der Tribüne sitzen Eltern mit Geschwisterkindern, die die große Pauke schlagen. Eine Stimmung wie in der 1. Rollstuhlbasketball-Bundesliga – mit ganz großem Herz.
Und dann sind da natürlich noch die Vorbilder. Jan Haller, zum Beispiel, Nationalmannschafts-Kapitän. Er coacht mit Paralympics-Siegerin Vanessa Erskine gemeinsam das United-Team und muss in den Pausen mit kleinen Fans abklatschen und Smalltalk halten. Und Dennis Nohl, der die Rollstuhlbasketball-Frauen als Interims-Nationaltrainer bei den paralympischen Spielen in Tokio vor drei Monaten sensationell ins Halbfinale geführt hat und der heute am Kampfgericht die Uhr für die Junior-Flitzer stoppt.
Die Kinder feiern Erfolge im Kleinen. Ein Schulterklopfer für den Kumpel, der gerade genetzt hat, eine Umarmung für eine Spielerin, die einen Angriff des Gegners souverän aufgehalten hat. Und spannend wird es dann doch noch. Im letzten Turnierspiel stehen sich die Achim Tigers, im Turnier verstärkt durch Sören Seebold und Luis Conrad, und Hannover United im Spiel um Platz eins gegenüber. Beide Seiten haben ihre Unterstützer am Rande der Bande. „Defense, Defense, Defense“, schallt es quasi ununterbrochen durch die Halle – egal, welche Mannschaft am Ball ist. Der letzte Angriff von United läuft ins Leere, die Tigers jubeln über den Sieg mit einem Punkt Vorsprung. Schnell liegen sich die Kontrahenten gegenseitig in den Armen. Das ist unser talentierter Rollstuhlbasketball-Nachwuchs in Niedersachsen.
Es geht an diesem Tag aber nicht nur darum, wer die meisten Bälle in den Korb wirft. Es geht auch um Koordination und Schnelligkeit. Alles, was ein Rollstuhlbasketballer benötigt, um irgendwann vielleicht selbst ein Star zu werden. „Auf die Plätze, fertig … los“, ruft Daniel Halewat als Starter beim Otto Bock Speed Race. Und dann flitzen die jungen Sportler hin und her, getragen von dem langen „Ziiiiiiiieeeeeehhhhhhhh“, aus ihrer Gruppe und von den Zuschauerplätzen. Der Lautstärkepegel nähert sich dem der Bundesliga-Begegnung zwischen Hannover United und den BG Baskets Hamburg, die wenige Stunden später an dieser Stelle angepfiffen wird. Blau-Weiss Buchholz hat an diesem Tag die schnellsten Flitzer. Zur Belohnung gibt es für alle Teams Material von Otto Bock. Daniel Halewat sorgt in den Spielpausen mit seinem Service dafür, dass die Sportrollstühle bei kleinen Defekten schnell wieder einsatzfähig sind.
Die gute Laune hat auch den Veranstalter angesteckt. „Ich sehe hier in der Halle nur strahlende Gesichter. Und ich denke, sich darüber zu freuen, dass der Spielbetrieb wieder läuft, dass man sich mal wieder im Wettkampf gegenüber stehen darf, das ist in diesen Zeiten mehr als nur ein Geschenk“, sagt Gisbert Fuchs, stellvertretender Vorsitzender der Heiner-Rust-Stiftung, glücklich, der am Ende des Tages allen Spielerinnen und Spieler einen Pokal überreicht. Er hat viele Kinder vom letzten Turnier 2019 wiedergesehen, die trotz der Corona-Pause dabei geblieben sind. „Das ist der größte Erfolg, den wir heute feiern“, so Fuchs.
Die Heiner-Rust-Stiftung bedankt sich bei den Schiedsrichtern Emily Gust und Michael Wilker, beim Kampfgericht und zahlreichen Helferinnen und Helfern von Hannover United sowie dem Sparkassenverband Niedersachsen für die treue Unterstützung.
Text: Heiner-Rust-Stiftung, Philipp Schaper | Foto: Maike Lobback