Hannover United hat in der 1. Rollstuhlbasketball-Bundesliga (RBBL1) einen Coup gelandet. Das Team von Coach Martin Kluck besiegte in der United Arena die RSB Thuringia Bulls mit 57:50. Der Außenseiter knackte den Meister mit einer überragenden Defensivleistung.
Den letzten Ball gab Jan Haller nicht mehr her. Gerade hatten die Angreifer der Thuringia Bulls fünf Versuche am Stück verlegt – ein wenig das Sinnbild des Spiels. Haller, Kapitän der deutschen Nationalmannschaft und Aufbauspieler von Hannover United, schnappte sich den vom Brett herunterfallenden Ball mit seinen langen Armen und brachte das orangefarbene Leder hinter seinem Stuhl in Sicherheit. Die Sekunden tickten herunter. Dann war der Coup perfekt: Hannover United schlägt den deutschen Meister aus Elxleben mit 57:50.
Das Team hat sich also erstmals einen der beiden Großen der 1. Rollstuhlbasketball-Bundesliga (RBBL1) gepackt. Dafür gab es Applaus von den Unterlegenen. Bulls-Trainer Michael Engel war der erste Gratulant. Derweil machte Matthias Güntner bei United den Ober-Jubler. Der 21-Jährige packte sich erst Haller, wenig später Kapitän Jan Sadler und Alexander Budde, schüttelte die Mitspieler ordentlich durch, herzte. Gemeinsam schrie man die Freude über den Achtungserfolg heraus. Dann holte Trainer Martin Kluck seine Mannschaft für ein paar kurze Worte zusammen – mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht. Schade, dass man diese Leistung nicht vor voller Halle feiern kann.
Hannover United knackte den Favoriten mit einer megastarken Verteidigung. United hielt den Meister der vergangenen Jahre, der bis vor kurzen noch eine Serie von 75 Siegen in Folge gehalten hatte, ganz lange ganz weit weg vom eigenen Korb. Die Gäste trafen nichtmal ein Drittel ihrer Würfe aus dem Feld. „Wir haben mit unheimlich viel Herz gespielt. Ich bin immer noch geplättet von der Intensität, die wir über 40 Minuten an den Tag gelegt haben“, sagte Coach Kluck lange nach dem Abpfiff. Mitte des vierten Abschnitts blühte dem Coach so langsam, dass es an diesem Abend für den großen Wurf reichen könnte. Etwa zu diesem Zeitpunkt hatte Kapitän Sadler dem Meister einen Dreier eingeschenkt. „Da war ich sicher, dass wir auf dem Weg sind, das Spiel zu gewinnen“, sagte Haller. Die Hoffnung hielt der Überprüfung schließlich stand, „weil wir nicht nachgelassen haben“, sagte Kluck.
Auch Güntner war geplättet – vor allem von der Schlussoffensive der Gäste. „Thüringen hat richtig viel Druck gemacht. Das ist schon krass, wenn mit Alex Halouski, Andre Bienek und Vahid Gholamazad plötzlich drei Riesen mit ausgebreiteten Armen vor dir stehen und den Ball haben wollen“, sagte Güntner. United ließ sich von der Größe der Gäste nicht beeindrucken und stellte die eigene Qualität dagegen – den Kampfgeist. Bisweilen war aber auch ein bisschen Glück im Spiel. In der Schlussphase zum Beispiel, als Gholamazad Sadler von hinten einen Rebound aus den Händen pflückte – und dafür einen Pfiff bekam. Gholamazad knallte den Ball wütend auf den Boden und handelte sich ein Technisches Foul ein. Oder wenig später, als Güntner auf links zu Vanessa Erskine vor dem Korb durchsteckte und Nationalmannschaftskollege Halouski den Ball für die Bulls eroberte. Sadler schaltete auf der anderen Seite am schnellsten, sprintete in Halouskis Pass auf Jitske Visser und netzte frei ein.
Aufgrund des Erfolgs ist nun auch wieder Platz drei in Sicht. Am kommenden Wochenende ist Hannover United im direkten Duell bei den Baskets 96 Rahden zu Gast. Gewinnt United dort den direkten Vergleich, rückt das Team einen Rang vor – und trifft am 10. April im Playoff-Heimspiel auf die Thuringia Bulls.
Hannover United: Matthias Güntner (24 Punkte), Jan Sadler (16), Jan Haller (13), Alexander Budde, Tobias Hell (je 2), Vanessa Erskine, Oliver Jantz, Eike Gößling.
Thuringia Bulls: Aliaksandr Halouski (20 Punkte), Andre Bienek (9), Ian Pierson (7), Vahid Gholamazad, Jens Eike Albrecht (je 5), Helen Freeman (4), Jitske Visser, Marie Kier, Karlis Podnieks.
PM: Hannover United | Foto: Lobback