Der RSV Lahn-Dill ist das Team mit der Zielscheibe auf dem Rücken. Angeführt von einem bärenstarken US-Duo kann der Serienmeister eigentlich nur über sich selbst stolpern. Und über das Oettinger RSB Team Thüringen. Denn der neue Kronprinz hat den Mittelhessen bereits ordentlich zugesetzt und fordert nun die Qualitäten des ultimativen Endgegners im Do-or-Die-Game erneut heraus.
Eigentlich können sie sich nur selbst schlagen. Auch in 2014/15 ist der RSV Lahn-Dill das Maß aller Dinge im deutschen Rollstuhlbasketball. Punkt. Auch wenn es in der Hauptrunde zwei ungeplante Niederlagen gegen Hamburg und Thüringen gab, finden sich die Mittelhessen zu Recht auf dem Platz an der Sonne wieder. Sie sind die Jungs mit der Zielscheibe auf dem Rücken. Der ultimative Endgegner. Und natürlich schläft die Konkurrenz nicht – und es wäre auch äußerst bedenklich, wenn das so wäre. Zwickau, Trier, Hamburg und allen voran Thüringen heißen die Herausforderer für den Serienmeister in den kommenden Jahren. Und dieser wird sich dem Kampf stellen. Denn die Equipe von Nicolai Zeltinger ist keineswegs schlechter geworden, nein, die Verfolger haben einfach etwas mehr investiert und die Kluft zum amtierenden Double-Gewinner verkleinert.
„Sixth Man“ Joe Bestwick ist der X-Faktor
Kontinuität hieß das Zauberwort in der August-Bebel-Halle nach einem national erfolgreichen Jahr. Mit Thomas Gundert verließ ein Spieler den auf deutschem Boden perfekten Kader, mit Top-Talent Nico Dreimüller stieß ein Akteur vor Saisonbeginn dazu. Mit Thomas Böhme, Dirk Köhler, Björn Lohmann und dem US-Duo Michael Paye und Steve Serio hat Zeltinger weiterhin eine der besten Line-Ups der Liga auf dem Parkett stehen. Der entscheidende Vorteil gegenüber den hochgelobten Kronprinzen und Herausforderern ist die lange Bank. Da haben wir allen voran den mit Abstand besten sechsten Mann der Liga: Joe Bestwick. Der Brite hat den solidesten Post-Schuss aller zehn Teams und weiß genau, wo er seine Wurfchancen findet. Gegenüber Köhler die offensiv stärkere, aber langsamere Option für Übungsleiter Nicolai Zeltinger.
Mit Marco Zwerger kann der RSV zudem auf einen der unauffälligsten und doch effektivsten Spieler der RBBL zurückgreifen. Auch wenn es vielen nicht wirklich aufgefallen ist, hat der schüchterne Low-Pointer den Wetzlarer Rollis 2014 in einem hoch dramatischen Endspiel mit seiner Defense gegen Alexander Halouski (Oettinger RSB Team Thüringen) den notwendigen Game-Changer zum Pokalsieg gebracht. Für eine Nominierung ins Team Germany 2015 in Vorbereitung auf die Europameisterschaft in England reichte es nicht. Auf der langen Bank warten dann aber noch Jan Haller, Annabel Breuer sowie die Youngster Christopher Huber und Nico Dreimüller. Ohne Frage der tiefste Kader der Liga.
Ungeplante Risse in der Krone
Klingt perfekt. Und dennoch stolperte der Endgegner in dieser Runde gleich zwei Mal ungeplant. Bei der Heimniederlage gegen die BG Baskets Hamburg wurde deutlich, welche Rolle das Duo Serio / Paye bei den Mittelhessen einnimmt. „Steve und Michael machen 40% unserer stärksten Line-Up aus.“ Ein Schlag ins Gesicht für den restlichen (National)Kader oder doch nur ein ehrliches Eingeständnis von Headcoach Nicolai Zeltinger? Bei der zweiten Pleite war allerdings das 40-prozentige-Puzzlestück dabei, dennoch kam der Sieger der Partie am Ende aus Elxleben – und ist gleichzeitig der Halbfinal-Gegner des Titelverteidigers beim Final Four in Hamburg.
Und hier beißt sich die Katze selbst in den Schwanz. Der selbst betitelte Kronprinz aus Thüringen hat gezeigt, dass er Lahn-Dill schlagen kann. In einem Spiel. Für eine Serie dürfte es in diesem Jahr (noch) nicht reichen. Heißt: Die Deutsche Meisterschaft wird in den Playoffs entschieden, in mehreren Partien, taktische Spielereien inbegriffen. Ein Pokal-Halbfinale ist ein Do-or-Die-Game. Sekt oder Selters. Die spannendste Frage des Final Four 2015 lautet also: Fällt der ultimative Endgegner also oder müssen die Herausforderer wieder bei Level 1 beginnen?
Fazit:
Der RSV hat in der Vergangenheit bewiesen, dass er gegen die Herausforderer bestehen kann. Dennoch zeigen sich 2015 erstmals Risse, vor allem, weil die Emporkömmlinge gestärkt sind. Pokalsieger 2015 werden allerdings erneut die Hessen.
Text: Sven Labenz