„Wenn du eine Handvoll Spaghetti an die Wand wirfst, werden immer ein paar hängen bleiben.“ So oder so ähnlich formulierte es Vertriebsguru Dirk Kreuter irgendwann einmal in einem seiner Bücher bzw. Podcasts. Recht hat er. Denn die auf den Verkauf, den Vertrieb und die Neukundenakquise anwendbare Metapher lässt sich eins zu eins auch auf die Helfergewinnung in der Vereinswelt anwenden.
Wir DBB-Engagementberater werden immer wieder gefragt, wie sich Ehrenamtler am schnellsten gewinnen lassen. Nun, so einfach ist das leider nicht. Es gibt nicht die eine Zauberformel, die die Freiwilligen in Scharen vor die Eingangstür lockt wie Menschen beim Verkaufsstart des neuen iPhones. Gäbe es diesen glitzernden und Wünsche erfüllenden Sternenstaub, würden meine Kollegen und ich schon längst unter Palmen in Hängematten liegen und unseren Reichtum aus der Vermarktung dieser allwissenden Helfergewinnungsrezeptur verprassen. Wie überall im Leben macht’s die Mischung. Und die Leidenschaft und die Konsequenz, mit der ich mein Ziel verfolge. Lasst mich euch kurz an die Hand nehmen. Stellt euch Folgendes vor: Ihr sucht einen Trainer für ein neu aus der Taufe gehobenes Team, einen Scouter oder einen Schiedsrichter. Die Position ist in diesem Beispiel unerheblich. Der übliche Weg in vielen Klubs ist der, dass eine Rundmail geschrieben wird, man sich in der Halle direkt bei potenziellen Kandidaten umhört oder Dritte gefragt werden, ob sie jemanden kennen, der die Position übernehmen könnte.
Erster Tipp: Bevor ihr losrennt, töpfert erst einmal euren imaginären Wunschkandidaten auf der grünen Wiese. Verschafft euch Klarheit. Was soll der Trainer bzw. Freiwillige können? Welche Softskills muss er besitzen? Was wollen wir nicht? Und welche Stärken soll er oder sie ihr Eigen nennen? Das schafft ein gemeinsames Verständnis für die zu besetzende Funktion und für das Rüstzeug, das der oder die Ehrenamtlerin mitbringen soll. Überschlagt das Zeitinvestment, das nötig ist. Denn nur so könnt ihr dem Angesprochenen veranschaulichen, wie viel Lebenszeit eingebracht werden muss. Volunteers wollen, wie ihr auch, planen können und Verlässlichkeit haben. Listet Benefits und Goodies auf, die mit der Funktion einhergehen. Und das Schöne an diesem Prozedere: Alle sehen das gleiche Bild. Alle sprechen die gleiche Sprache, da nicht (irgend-)ein Helfer gesucht wird, sondern ein ganz Besonderer. Ein ganz spezieller Volunteer, der wie der Po auf den Eimer passt. Einschub: Stiftet Sinn! Menschen wollen einen Beitrag leisten, die Welt zu einem besseren Ort machen, Kindern und Jugendlichen Werte vermitteln und gemeinsam ein (sportliches) Ziel erreichen. All das muss fühl-, spür- und erlebbar sein und in Worte, Bilder oder sogar Job-Videos gepackt werden.
Zweiter Tipp: Schreibt (gemeinsam) eine sexy Funktionsbeschreibung oder nehmt ein außergewöhnliches Recruiting-Video auf. Fragt euch dabei, wie eine digitale und wie eine analoge Stellenbeschreibung aussehen muss, damit sie Dritte und euch selbst anspricht. Denkt dabei out of the box und um die Ecke. Ein freundliches „Trainer gesucht“ oder „We want you!“ entlockt den meisten Menschen nur noch ein sanftes Gähnen. Schlimmer noch. Solche 08/15-Stellenbeschreibungen ziehen Kandidaten an, die genauso blass und langweilig sind wie die Beschreibung selbst. Macht den wertvollen Beitrag (Impact) der Neuen deutlich, den sie mit ihrer ehrenamtlichen Arbeit zur Erreichung der Ziele des Vereins leisten.
Dritter Tipp: Legt los! Werft die Spaghetti an die Wand. Haut die Stellenbeschreibung über alle Kanäle raus, wie zum Beispiel Facebook, Instagram, Youtube, WhatsApp, E-Mail, Elternabende, Trainertreffen, Abteilungsversammlung, Sponsorenabende, Interviews, Hallendurchsagen, Flyerverteilung an alle Spielerinnen und Spieler über die Coaches oder auch eine Flyerauslage in der Halle und auf Events. Ein kurzer Einschub sei mir an dieser Stelle gestattet: Ein Verein, den ich beraten habe, hat eine neue Trainerin durch die Flyerauslage auf dem örtlichen Weinfest gefunden; ein anderer Klub wiederum durch den Aushang eines Jobangebots in der Uni. Und dann gab es noch die Kreativen, die das Stellengesuch an die Suche-Gesucht-Pinnwände in den Supermärkten der Stadt pinnten – nebst Abreißzettel mit Telefonnummer drauf. Durch die Multiplikation eures Gesuchs über diverse Kanäle werdet ihr erst sichtbar. Und Sichtbarkeit erzeugt Wahrnehmung.
Vierter Tipp: Es gibt keine zweite Chance für den ersten Eindruck. Präsentiert euch neuen Ehrenamtlern gegenüber ehrlich und professionell. In der freien Wirtschaft gibt es bei vielen großen Unternehmen einen strukturierten Onboarding-Prozess. Der neue Kollege wird an die Hand genommen und mit den Werten, Abläufen und den für ihn wichtigen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen in Berührung gebracht. Welcher Klub macht so etwas? Kaum einer. Jetzt könntet ihr euch fragen: Muss ich das machen? Gegenfrage: Was passiert, wenn ihr das nicht macht? Wie viel Zeit geht euch und dem Neuen durch Nachfragen, Unklarheiten, fehlende Ansprechpartner und Unkenntnis der Abläufe verloren? Rechnet es für euch einfach mal durch. Ein Verein aus Hessen, als kurzer Denkanstoß, hat eine Art „lebendes Betriebshandbuch“ geschrieben, in dem alle wichtigen Informationen zusammengefasst werden, wie zum Beispiel: Wo gibt es die Hallenschlüssel? Wie kann ich den Vereinsbus buchen? Was mach ich bei einem Trainingsunfall? Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt.
Um das Thema philosophisch abzuschließen: „Wer (Helfer/-innen) will, findet (Akquirierungs-)Wege, wer nicht will, findet Gründe und Ausreden.“
Text: Martin Schenk – erschienen in BIG-Ausgabe #105 | Foto: Uli Gasper