Ich gebe zu, dass die Corona-Saison 2020/2021 sowie die daraus resultierenden Folgen und Auswirkungen nicht unbedingt förderlich waren, um die Stimmung bei den Vereinsverantwortlichen und Trainern auf ein Allzeithoch zu jagen. Kein (Jugend-)Training, keine Spiele in den Amateurligen und kein gemeinsames Trainingsbierchen im Anschluss an die Altherren-Übungseinheit. Aber wie im richtigen Leben auch, kommt es immer darauf an, wie ich mit einer Situation umgehe. Sehe ich nur all das – durchaus vorhandene – Negative, das Schlechte und die Probleme? Oder fokussiere ich mich auf die grüne Wiese, die Lücke in der Defense, die Chancen und all die Möglichkeiten, den Verein und meine Klubarbeit auf neue Füße zu stellen?

Da der Mensch ein Gewohnheitstier ist, gleicht sich das Bild in vielen Vereinen: Es wird lamentiert, gemeckert und auf die Umstände geschaut. Kluge Vereine und strategisch agierende Manager gehen mit der derzeitigen Situation hingegen anders um. Sie packen an. Hinterfragen Bestehendes. Schauen, wie sie gerade jetzt, wo kein Spiel- und Trainingsbetrieb organisiert werden muss, ihren Verein weiter pushen und auf ein neues Niveau heben. Wir hatten jüngst eine digitale Sprechstunde des Deutschen Basketball Bundes (DBB), in der es darum ging, gemeinsam zu schauen, wie die Vereinsstruktur und die Ehrenamtssituation – abseits digitaler Trainingseinheiten – gestärkt werden können. Die Frage in die Runde, welcher der anwesenden Vereinskümmerer und Trainer die Zeit denn genutzt habe, um Sponsoren und Partner zu kontaktieren bzw. sich bei diesen zu melden und zu bedanken, stieß auf ein mageres Echo. Zwei von knapp 35 Leuten hoben die Hand. Ein ausbaufähiges Signal. In meinen Beratungen stoße ich immer wieder auf das Argument, dass die Führungsriege keine Zeit hat, einen Veränderungsprozess zu initiieren. Schließlich gibt es so viel zu tun. Spielermeldungen machen, Schiedsrichtereinsätze koordinieren, Trainer und Spieler pampern usw. – Manager scheinen in der Routine und im Daily Business zu ersaufen. Da frag ich mich nur: Was machen all die Ehrenamts-Vereinsmeier aktuell, wenn der Großteil der Arbeit auf Eis liegt? Krisenmanagement? Okay, vielleicht ein bisschen. Den Laden am Laufen halten? Hm, so wirklich viel läuft ja nicht, oder? Wie dem auch sei. Was ich damit in meiner direkten Art und Weise sagen möchte: Krempelt jetzt die Ärmel hoch! Zeigt gegenüber euren Partnern Wertschätzung! Hinterfragt althergebrachte Strukturen. Schließt euch virtuell ein und erfindet euren Verein neu. Wenn nicht jetzt, wann dann? Wer jetzt nicht reagiert, wird nach der Corona-Krise wieder dort sein, wo er bereits vor der Pandemie war: im Basketball-Niemands- bzw. Selbstverwaltungsland. Lasst mich noch ein Thema anreißen, das mir sehr am Herzen liegt. Einen Punkt, der in meinen Augen Top-Manager von Durchschnittsmanagern unterscheidet. Eine Sache, die kein bzw. kaum Geld kostet und keinen großen Aufwand verursacht, aber einen riesigen Impact auf die Vereins- und Ehrenamtswelt hat: Wertschätzung! Alles im Leben, und dies könnt ihr fest in eurem Kopf verankern, steht und fällt mit der Wertschätzung: die Ehe, die Freundschaft, die Geschäftsbeziehung und auch das Vereinsleben. Vor Kurzem haben meine Frau und ich unserer Briefträgerin eine Packung Merci in die Hand gedrückt und uns bei ihr bedankt. Ihr gesagt, dass sie immer freundlich sei und stets lächele. Und nun die Frage: Was glaubt ihr, an welcher Haustür die Postbotin in Zukunft immer ganz besonders gerne klingeln wird? Und nein, wir wollen keine Sonderbehandlung. Es ging um ein einfaches Danke. Ich könnte jetzt über das Reziprozitätsprinzip philosophieren, will es aber einfach halten und es auf den Punkt bringen: Dort, wo Energie hinfließt, kommt Energie zurück. Ich möchte euch drei kleine Denkanstöße und Tipps an die Hand geben, die ihr sofort umsetzen könnt, um das „Energielevel“ in eurem Klub anzuheben. Ihr müsst sie nur umsetzen – oder Ausreden suchen, warum es gerade jetzt nicht realisierbar ist:

1. Kauft euch schönes Briefpapier, exklusive Umschläge und einen Füller. Schreibt euren zehn wichtigsten Partnern einen handschriftlichen Brief, in dem ihr euch für die Zusammenarbeit bedankt. Geht auf einen Punkt ein, der euch verbindet, zum Beispiel ein gemeinsames Erlebnis. Und nein, eine E-Mail zu schreiben ist kein Ersatz. Da ich diese im Zug, auf der Toilette oder sonst wo schreiben kann. Ich sage nur: „Sent from my iPhone“. Für einen Brief muss ich mir das Wichtigste und Kostbarste im Leben nehmen: Zeit.

2. Notiert euch die fünf bis zehn wertvollsten Menschen in eurem Verein. Schreibt auf, was sie so außergewöhnlich und einzigartig macht. Ruft eine Woche lang jeden Morgen einen dieser Menschen an und bedankt euch für dessen Einsatz. Nehmt euch bewusst Zeit. Ein Handyanruf aus dem Auto hat nichts mit echter Wertschätzung und Aufmerksamkeit zu tun.

3. Bildet euch weiter und erweitert euren Horizont. Ladet euch einen Experten ein, der in einem virtuellen Vorstands-, Eltern-, Sponsoren- oder Trainingsmeeting über ein wichtiges Thema abseits des Basketballs referiert. Psychologie, Ernährung, Teambuilding. Die meisten Menschen lieben es, ihr Wissen mit anderen zu teilen. Dadurch erfahren sie Wertschätzung und werden, was sie zum Großteil tatsächlich auch sind, als wichtig wahrgenommen.

Auf die ersten beiden Tipps möchte ich euch noch mal explizit stoßen, da sie eine weitere wichtige Botschaft beinhalten: Kümmert euch um diejenigen, die schon da sind. In der Business- und Vereinswelt wird der Fokus allzu oft auf die Neukundenakquise gelegt. Wir brauchen mehr Sponsoren, wir brauchen neue Helfer, wir brauchen hier und davon mehr. Hegt und pflegt die „Bestandskunden und -helfer“! Punkt. Zufriedene Helfer und Sponsoren empfehlen euch weiter, und Bestandskunden verursachen weit weniger Aufwand und Kosten als Neukunden. Was ist einfacher: Dem Kampfgericht, den Scoutern und Eltern regelmäßig und aufrichtig Danke zu sagen oder einen neuen Anschreiber oder einen Scouter zu suchen, zu finden und anzulernen? Ich denke, dass ihr die Antwort kennt. Von daher kann ich euch nur ermutigen: Setzt das Thema „Wertschätzung“ auf eure gedankliche Tages- und Vereinsordnung. Es erleichtert euch einiges – und es bringt euch und den Angesprochenen aufrichtige Freude.

Text: Martin Schenk – erschienen in BIG-Ausgabe #104 | Foto: Uli Gasper

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