„Vorgelebt ist nachgemacht“, „die Treppe wird von oben nach unten gekehrt“ und „der Fisch stinkt vom Kopf her“. Binsenweisheiten, die nicht nur ihre Berechtigung haben, sondern auch wie die Faust aufs Auge passen, wenn es darum geht, Veränderungen im Basketballklub und im Ehrenamtsmanagement umzusetzen.
Meine letzte Kolumne endete mit dem Hinweis darauf, dass die komplette Vorstandschaft hinter dem Ehrenamts-Veränderungsprozess innerhalb des Vereins stehen muss. Für viele Menschen, Klubmitglieder und Arbeitnehmer sind dies jedoch hohle Phrasen, da sie im Job und im Verein das genaue Gegenteil erleben. Da stellt sich der CEO oder Geschäftsführer vor die Belegschaft und versucht, diese verbal an die Hand zu nehmen, sie einzuschwören und für die neue Marschrichtung zu begeistern. In den meisten Fällen enden die imposante Ansprache und das betreute Powerpoint-Folien-Ablesen in einem kollektiven Gähnen auf der Betriebsversammlung bzw. einem Absturz der Anfangseuphorie, wie bei der Notierung der Wirecard-Aktie in den zurückliegenden Monaten. Dampfplauderer und Redenschwinger werden schnell entlarvt. Denn Menschen haben Antennen dafür, ob jemand hinter dem steht, was er sagt, oder ob er nur hohle Phrasen drischt.
Genauso verhält es sich im Basketballverein. Sich mal eben nebenbei um das Thema Ehrenamt zu kümmern, wird nur mäßig funktionieren. Ich muss etwas dafür tun. Es ist wie im richtigen Leben. Wenn ich Erfolg haben und Veränderungen initiieren möchte, muss ich die Ärmel hochkrempeln. Ich muss trainieren und anpacken. Wie auch in der Sporthalle, gibt es Trainer und Coaches, die einen begleiten, anstupsen und auch mal in den Hintern treten. Ebenjene Arbeit können die Engagementberater des DBB leisten. Manager und Vorstände unterstützen, die Ehrenamts-PS auf die Straße zu bringen. Dabei lautet unser Credo: Hilfe zur Selbsthilfe. Wer glaubt, dass es einen Zauberkasten und den einen oder anderen Hexenspruch gibt, der die Anzahl der freiwilligen Helfer im Verein auf einen Schlag verdoppelt, ist schiefgewickelt. Dies ist ein Prozess bzw. ein Projekt, das vom kompletten (Abteilungs-)Vorstand mitgetragen werden muss. Weder meine Freiwurfquote noch die Ehrenamtsbereitschaft in meinem Verein erhöht sich durch Hoffen, sondern ausschließlich durch richtiges Trainieren und Machen. Leider werden in den meisten Vereinen erst die Hühner gefangen, statt den löchrigen Zaun zu flicken, statt innezuhalten und die Axt zu schärfen, wird mit einem stumpfen Beil weiter der Basketball-Freiwilligen-Baum gefällt.
In der Praxis sieht es dann so aus, dass am Freitagabend die Telefonleitungen glühen, um kurzfristig Schiedsrichtereinsätze, Fahrdienste, Cateringdienste oder das Kampfgericht fürs Wochenende zu organisieren. Oft springen dann immer diejenigen ein, die den Laden bereits am Laufen halten. Und die – unter uns gesprochen – bekommen meist die geringste Aufmerksamkeit und Wertschätzung für ihren Einsatz. Es sind die Schlecht-Nein-sagen-Könner. Die Gutmütigen. Die, so meine Warnung, auch irgendwann mal die Schnauze voll haben. Aus diesem Grund ist es wichtig, das Ehrenamt zu managen, zu pflegen und zu düngen. Die Abteilungsleitung muss eine Strategie entwickeln und eine Bestandsaufnahme machen. Ich spreche jetzt noch gar nicht von der Akquise Freiwilliger. Dazu kommen wir in einer der nächsten Kolumnen. Es geht um die Bereitschaft, sich aktiv und mit tiefer Überzeugung dem Gut Lebenszeit Dritter zu widmen. Das Thema „Status quo Ehrenamtsmanagement“ gehört immer auf die Tagesordnung. Dies ist auch mein Tipp: Packt dieses Topic auf jede Sitzungseinladung. Ersetzt damit den Punkt „Sonstiges“ oder „Diverses“. Dies führt dazu, dass der Klub und die Vereinsführung die Ehrenamtler immer vor Augen haben. Fragt Helfer, warum sie sich engagieren („Kundenbefragung“), macht eine Bestandsaufnahme bzw. Inventarisierung der Freiwilligeneinsätze, ermittelt den Bedarf an temporär und dauerhaft notwendigen Helfern. Und, ich kann es nicht oft genug wiederholen, werdet euch eurer Einzigartigkeit, eurer Vereinswerte und eurer Ziele bewusst.
Denn: Menschen wollen einen Beitrag leisten, ihre Stärken und Vorlieben einbringen. Sie wollen Teil einer Geschichte sein und einen aktiven Beitrag dazu leisten. Menschen lieben Storys und brauchen Sinn. Schon damals am Lagerfeuer, am Dorfbrunnen oder auf dem Marktplatz wurden Geschichten erzählt. Und wenn ihr keine zu erzählen habt, werden Dritte nur schwer Feuer für euch und euren Klub fangen. Zusammenfassend möchte ich euch mitgeben:
- Baut sukzessive eine ehrenamtsfreundliche Organisationsstruktur auf und lebt sie. Unterbleibt dies, wird auch das repetitive Freiwilligenproblem nicht substanziell gelöst. Schlimmer noch: Der Energieeinsatz des Vereins liegt auf Ehrenamts-Flickschusterei, was die Kraft des Klubs von den sportlichen und strukturellen Zielen ablenkt.
- Wenn ihr euch wieder mal ärgert, dass Helfer fehlen oder ihr keine Freiwilligen findet, hinterfragt euch bitte selbst(-kritisch). Tipp: Sucht bei Google einfach mal nach der 5-Why-Methode.
- Analysiert überschlägig und ehrlich, wie viel (sinnlose) Zeit und Lebenskraft ihr aktuell auf das Thema Ehrenamtskoordination verwendet. Und dann malt euch aus, wie viel Energie ihr spart, wenn ihr das Thema ernsthaft und professionell managt.
- Nehmt das Thema Ehrenamt immer auf die Tagesordnung und fragt euch jedes Mal: Was können wir unternehmen, um das Ehrenamt zu stärken?
- Kommt auf die Engagementberater des DBB zu. Wir sind Sparringspartner und Denkanstoßgeber in Ehrenamtsfragen. Euch als Verein kostet das keinen Cent. Das Einzige, was ihr mitbringen müsst, sind ein paar Stunden Lebenszeit.
Text: Martin Schenk – erschienen in BIG-Ausgabe #103 | Foto: Markus Binda