Benjamin Ryklin (RBB München Iguanas): Das Spinnennetz Rollstuhlbasketball verliert nach und nach Verbindungen und Kreuzungen

Mission: Aufstieg oder Konsolidierung? Wir haben bei den erstplatzierten Mannschaften in der RBBL2 Süd und Nord nachgehakt, wie es um ihre Aufstiegsambitionen in die deutsche Beletage bestellt ist, was sich bei ihnen in den letzten Monaten strukturell getan hat und was sie von den Verbänden und Institutionen erwarten. Bestandsaufnahme Teil 1: RBB München Iguanas, Benjamin Ryklin.

 

Wie beschreibst du euren aktuellen Saisonverlauf aus sportlicher Sicht?

Die Ergebnisse lassen vermuten, dass wir auch in der ersten Liga keine schlechte Rolle gespielt hätten. Aber ohne die passenden Strukturen haben wir aus Mannschaft- und Vereinssicht die richtige Entscheidung getroffen. Wir müssen schauen, wo uns der Weg hinführt. Jedoch können wir derzeit einfach das Pensum 1. Liga nicht stemmen.

 

Was hat sich bei euch in den letzten Monaten strukturell getan? Kannst du uns einen kurzen Einblick geben?

Naja, die Vereinsarbeit leidet derzeit unter Personalmangel. Uns fehlen Leute im Management, Marketing und der Öffentlichkeitsarbeit, also alles, was zur ersten Liga dazugehört. Und die junge Truppe wird langsam zu Erwachsenen, die Richtung Job und Familie denken. Alle haben studiert, einen fertigen Abschluss in der Tasche oder stehen kurz davor. Keiner von uns sieht seine finanzielle Zukunft im Rollstuhlbasketball, und das ist auch gut und richtig so.

 

Wenn ihr die Option hättet in die 1. RBBL aufzusteigen, würdet ihr diese wahrnehmen?

Das soll immer die Mannschaft entscheiden, wenn Sie Spaß daran hätte, dann gerne. Ansonsten eben nicht. Es muss Spaß machen. Wenn es zur Qual wird, wie es bei mir auch vor Corona langsam der Fall war, dann muss man eben einen Schritt zurückgehen.

 

Wie nimmst du die aktuelle Entwicklung in der Community wahr? Insbesondere in Hinblick auf die Reduzierung der Anzahl der Rollstuhlbasketball-Mannschaften bei den Paralympics und die Anpassung der Klassifizierung?

Ich sehe die Community international immer stärker. Die Reduktion der Teams ist sicher das falsche Signal für die beste Teamsportart im Rollstuhl. Keine Ahnung, welcher Simpel darauf kam. Aber sehr viele Länder geben sich Mühe, die Sportart nach vorne zu bringen und Strukturen aufzubauen, was mich zum zweiten Teil meiner Antwort führt: Da hängen wir in Deutschland aus meiner Sicht – verglichen zu unserer starken Liga und gemessen an unserer spielerischen Qualität – meilenweit hinterher.

 

Was ist deine Erwartungshaltung an die Verbände und Institutionen in Deutschland (DBS, DRS) und weltweit, wie IWBF, IPC bzw. was sind die drängendsten Fragen, die aus deiner Sicht beantwortet werden müssen?

Ich denke, international müssen sich die Verbände einig werden, wo der Weg des Rollstuhlbasketballs hinführt, insbesondere was Qualifizierung und Qualifikation angeht. Es macht keinen Sinn, dass 16 und 12 Teams für eine WM kämpfen und dann 8 und 8 für die Paralympics. Genauso macht es keinen Sinn, dass in einem Wettbewerb solche spielen dürfen und dort andere Behinderungsgrade. Es braucht eine Einheit.

 

Und in Deutschland?

In Deutschland weiß ich heute nicht mal, wo ich mir eine Tabelle anschauen kann. Statistiken gibt es auch nirgends zentral in Farbe dargestellt. Was die RBBL mal versuchte, ist komplett verpufft. Strukturell weiß ich nicht, wie die Jugendarbeit aussieht und wo die Jungs und Mädels heutzutage herkommen. Aber aus meiner Sicht ist das alles einzig und alleine Vereinswille. Wenn jemand Lust hat, findet er Menschen, die Lust auf die Sportart haben. Da gehen ein paar Vereine voran. Aber gleichzeitig brechen im Fundament jährlich Teams und Spielleiter weg, und mir fehlen seit Jahren die Antworten darauf. Das Spinnennetz Rollstuhlbasketball verliert nach und nach Verbindungen und Kreuzungen – und genau so fühlt es sich auch an.

 

Danke für deine Zeit, Benny.

 

Interview: Martin Schenk | Foto: Uli Gasper

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