Vom „Fußgänger“ zum ersten Spiel | Der zweite Streich | Seitdem ich das Projekt gestartet habe, ist viel geschehen.
Beim letzten Mal hatte ich schon kurz berichtet, dass ich dank der Firma Ottobock einen Invader zur Verfügung gestellt bekommen habe. Im Gegensatz zum Vereinsstuhl, den ich bis dahin gefahren bin, ist mein „Silberpfeil“ für mich persönlich ein wirklicher Quantensprung. Ein Quantensprung, der seine ganz eigenen Probleme mit sich bringt. Diejenigen unter euch, die schon Rollifahrer sind, werden über meine Probleme vielleicht nur müde lächeln. Aber ich soll ja ehrlich berichten. 😉
Ich kämpfe derzeit mit zwei Problemen. Ich lerne das gute Handling des Rollstuhls – und ich versuche, den Basketballsport zu meistern. Beide Bereiche unter einen Hut zu bringen, führt manchmal zu lustigen Situationen. Kennt ihr das Problem, dass ihr den Stuhl gerade genau im richtigen Tempo und im richtigen Winkel zum Korb laufen habt und dann bekommt ihr einen hart geworfenen Pass? Was passiert einem unerfahrenen Fahrer wie mir? Ja, oben halte ich den Ball in den Händen und unten ändert der Stuhl durch die Wucht des Wurfes unfreiwillig die Richtung – und ich rolle in irgendeine Ecke, in die ich gar nicht wollte. So etwas passiert mir momentan leider immer noch zu oft. Ich befürchte, dass sich das so schnell auch noch nicht ändern wird. Jemanden wie mich, der eigentlich immer viel Sport getrieben hat, kann dies sehr frustrieren. Zudem mache ich in den Augen der anderen dabei sicherlich keine besonders gute Figur.
Aber jetzt kommt ein sehr wichtiger Faktor, ohne den mir dieses Projekt wahrscheinlich gar nicht so viel Spaß machen würde: die Menschen im UBC Münster. Ich habe noch kein einziges Mal festgestellt, dass meine Unbedarftheit zu Problemen geführt hätte. Im Gegenteil, jeder von mir gemachte Fehler wird mit wirklich guten Ratschlägen kommentiert, was ich besser machen bzw. ändern könnte.
Maxi, Julian & der UBC Münster
Tatsächlich scheint dies aber nicht nur beim UBC Münster so zu sein. Ich habe mittlerweile unheimlich viel positives Feedback zum Projekt bekommen und auch so einige Menschen kennen lernen dürfen. So auch einige bekannte Namen, wie unsere tolle Nationalspielerin Mareike Miller, die mich auch sofort unterstützt hat. Ein gutes Miteinander scheint, so meine bisherigen Erfahrungen, im Rollstuhlbasketball eher die Regel, als die Ausnahme zu sein. Alle werden so angenommen, wie sie sind – Inklusion eben.
Ich möchte gerne von Zeit zu Zeit auch Mitglieder des UBC Münster erwähnen. Einfach auch um aufzuzeigen, wie es in einem solchen Verein aussieht. Anfangen möchte ich gar nicht mit den wichtigen Menschen aus dem Vorstand, sondern mit dem Jüngsten im Verein und seinem älteren Bruder: Maxi und Julian. Die beiden, die im Prinzip im Familienverband trainieren, da auch ihre Mutter fleißig dabei ist, beeindrucken mich immer wieder neu. Maxi, der Jüngste, ist ein echt flinkes Wiesel. Das Tempo, das er zeitweise an den Tag legt, ist für mich sehr beeindruckend. Ich glaube, da wächst, soweit ich das schon beurteilen kann, ein echt großes Talent heran.
Sein älterer Bruder Julian steht ihm in nichts nach, nur stellt er für mich immer eine persönliche Herausforderung dar. Er hat sich, und das finde ich echt klasse, ziemlich auf mich eingeschossen und macht sich, im positiven Sinne, einen Spaß daraus, mich zu fordern. Durch diese Herausforderungen konnte ich schon sehr viel lernen. Gerade er ist es auch, der meine Schwachstelle kennt und mich mit möglichst harten Pässen konfrontiert, um mich aus meiner „Flugbahn“ zu werfen. Flugbahn ist auch in einem anderen Zusammenhang das passende Wort. Ich durfte mittlerweile schon mehrmals erfahren, wie es ist, sich mit dem Rolli zu überschlagen und zu Boden zu gehen. In allen Fällen war Julian mein Gegenüber. Von beiden kann ich, wie von allen anderen Vereinsmitgliedern auch, sehr viel lernen. Die beiden, die zudem auch erfolgreich spielen, sind ein typisches Beispiel für die sympathische Art und Weise, der man im UBC Münster begegnet.
Anschreiben ohne Basketball-Hintergrundwissen
Aktuell bin ich nicht nur dabei, so viel wie möglich zu trainieren. Ich versuche auch, etwas zu lernen, dass für die einen im Basketball eine lästige Pflicht und für die anderen Spaß bedeutet: das Anschreiben. Für jemanden wie mich, ohne jede Erfahrung im Basketball, ist es wirklich eine echte Hürde. Theoretisch weiß ich, wie es geht, wenn ich aber real am Tisch sitze, überrollen mich die ganzen Aufgaben noch. Übung macht den Meister (hoffentlich).
„Vom ,Fußgänger‘ zum ersten Spiel“ – und damit auch ich – steht fast noch am Anfang. Ich trainiere so viel es geht und versuche, mich zu engagieren. Gleichzeitig versuche ich, auf das viele Feedback einzugehen und an dem eigentlichen Sinn des Projektes zu arbeiten: der Verbreitung des Inklusionsgedanken.
Dennis Nohl (Team Germany Rollstuhlbasketball und RSC Osnabrück) hat es sehr gut auf den Punkt gebracht: „Wenn ein Typ wie Frank Wegerhoff, also jemand von der Tribüne, der vorher noch in keinem Rolli gesessen oder Basketball gespielt hat, so etwas schaffen kann, dann zeigt es doch, dass jeder es schaffen kann, der sich für diesen Sport interessiert. Es zeigt, welche Inklusionsmöglichkeiten in alle Richtungen in unserem Sport stecken.“
Ich kann jetzt auch schon verraten, dass das Projekt mit meinem ersten Spiel nicht wirklich enden wird. Es soll die Basis für ein weitreichendes Inklusionsprojekt werden. Ich lerne immer mehr, was man auf dieser Ebene erreichen kann. Eben auch durch das viele Feedback, das ich schon bekommen habe.
Im nächsten Artikel werde ich euch von meinen technischen Fortschritten und meinen Problemen bei den Wurftechniken berichten. Ich glaube, dass der eine oder andere sich da vielleicht wiedererkennen könnte.
Seid gespannt!
Euer Frank Wegerhoff
Text: Frank Wegerhoff | Foto: Sabine Hansen ( www.outdoorfotografin.com)