Der USC München steht vor der Rückkehr in die Rollstuhlbasketball-Bundesliga. Im Gespräch mit Rollt.-Redakteur Martin Schenk gibt USC-Vereinsvorsitzender Wolfgang Schäfer Einblick in die Pläne des Aufsteigers aus der 2. Rollstuhlbasketball-Bundesliga Süd.
Wolfgang, zunächst einmal herzlichen Glückwunsch zum vorzeitigen Aufstieg des USC München in die 1.RBBL. Wie groß war die Freude bei dir und deinen Mitstreitern nach dem Sieg über Salzburg?
Hallo Martin, vielen Dank für deine Glückwünsche zu unserem Aufstieg in die 1. Bundesliga. Natürlich haben wir uns alle riesig gefreut, wieder in die erste Liga zurückzukehren. Die Freude ging sogar so weit, dass Kim Robins, unser australischer Topscorer, nach dem sicheren Aufstieg das Netz abgeschnitten hat.
Werdet ihr den Aufstieg überhaupt wahrnehmen?
Selbstverständlich steigen wir auf! Was für eine Frage!
Okay. Die zweite Liga (Süd) war dieses Jahr extrem stark besetzt. Die guten Newcomer Rhine River Rhinos sowie die Iguanas haben für mächtig Wirbel gesorgt – und Marco Hopps Heidelberger Schokoladen-Jungs kamen als starker Bundesligaabsteiger hinzu. Was hat euch von den anderen Mannschaften abgehoben bzw. so stark gemacht?
Über Unterschiede will ich nicht sprechen, aber über das, was uns stark gemacht hat. Wir haben sehr früh, bereits im Frühjahr 2014, damit begonnen, unsere Wunschspieler zu scouten und zu kontaktieren. Wir wollten unbedingt eine starke Bank und eine sehr offensive Ausrichtung, deswegen sind wir mit vier Centern in die Saison gegangen, was für einen Zweitbundesligisten sicherlich nicht ganz gewöhnlich ist. Wir haben eine super Mannschaft zusammengestellt, die über die gesamte Saison immer stärker geworden ist. Wir haben die Trainingsbedingungen intensiver denn je gestaltet: Mit der TUM haben wir einen Kooperationspartner gefunden, der uns bei der Leistungsdiagnostik unterstützte. Mit einem Co-Trainer und zusätzlichen Hallenzeiten sowie einem Fitnessstudio konnten wir dann tägliche Trainingseinheiten umsetzen. Der Aufwand war schon enorm. Ganz entscheidend aber war unser Headcoach Peter Schadt, der aus den vielen guten Spielern eine homogene Top-Mannschaft geformt hat und der in allen Spielen und Situationen immer die richtigen Entscheidungen getroffen hat. Letztlich haben wir einfach gegen alle Konkurrenten gewonnen, manchmal knapp, aber auch dann hatten wir das Gefühl, dass das nicht Glück war, sondern schlicht und einfach das Ergebnis harter Arbeit.
Wird die Mannschaft denn auch in der 1. Liga zusammen bleiben bzw. stehen schon Namen für die kommende Saison fest?
Aktuell planen wir natürlich schon für die neue Saison und so viel kann ich jetzt schon verraten: Der Kern der Mannschaft unter anderem mit Kapitän Ben Döring, Kim Robins und Suad Sutic wird auch in der kommenden Saison für den USC München auf das Parkett rollen. Alles weitere erfahrt Ihr in den kommenden Monaten auf unserer Homepage www.usc-rollstuhlsport.de oder in unserem USC-Newsletter.
Was wird denn eure sportliche und strukturelle Zielsetzung in der Beletage sein? Und was ist das langfristige Ziel?
Auch wenn die zweite Liga Süd diese Saison sehr stark besetzt war, ist die erste Liga doch noch ein ganz anderes Kaliber. Daher ist es unser Ziel, in der kommenden Saison die Liga erst einmal zu halten. Das – so denke ich – ist ein guter Anfang für weitere Schritte eventuell auch in Richtung Euroleague.
Ich hatte zu Saisonbeginn schon einen „ordentlichen“ Kader. Habt dann aber nochmal nachverpflichtet. Was war der Grund?
Wir halten das ganze Jahr die Augen offen nach guten, neuen Spielern und versuchen, sie für den USC München Rollstuhlsport und die Rollstuhlbasketballbundesliga zu begeistern. Wenn uns das auch während der Saison gelingt, spricht das für München und das hohe Niveau des Rollstuhlbasketball in Deutschland.
Nicht nur die Spieler kosten Geld, sondern auch der Spielbetrieb. Wie habt ihr Sponsoren für euer Konzept gewinnen können?
Kurz vor Weihnachten wurde der USC München Rollstuhlsport mit dem Quantensprungpreis des Bayerischen Landessportverbandes und Lotto Bayern als innovativer und moderner Sportverein ausgezeichnet. In Verbindung mit unserer kreativen und professionellen Öffentlichkeitsarbeit waren unsere inklusiven Sportevents bei den Heimspieltagen und unser komplett neu gestalteter Außenauftritt sicherlich auch ein Schlüssel für unsere Sponsorenakquise.
Wie steht es denn bei euch um die Jugendarbeit und die Nachwuchsförderung. Was macht ihr in diesem Bereich?
Die Jugend- und Nachwuchsförderung war schon immer ein wesentlicher Grundpfeiler unserer Vereinsarbeit beim USC München. Bei allen Paralympischen Spielen seit 1972 war stets mindestens ein Mitglied des USC München im Team der Deutschen Nationalmannschaften dabei. Der USC München ist darüber hinaus Kooperationspartner des Bayerischen Behindertensportverbandes für den paralympischen Leistungsstützpunkt Rollstuhlbasketball in München sowie für den Rollstuhlbasketball Landeskader Bayern. Auch ist München seit Bestehen der Try-Out-Sichtungslehrgänge erfolgreicher Veranstaltungsort für Kinder- und Jungendrollstuhlbasketball. Aktuell haben wir cirka 15 Kinder und Jugendliche in unserer Kindergruppe. Gerade weil der Erfolg unserer ersten Mannschaft momentan sehr spektakulär ist, werden wir spätestens ab Herbst auch noch mal unsere Jugendarbeit forcieren.
Als kritisches und objektives Organ müssen und wollen wir natürlich von dir wissen, was euch von der Münchner Rollstuhlbasketball-Konkurrenz unterscheidet?
Als kritischer und nicht so objektiver Leser muss ich erst mal feststellen: Es hat lange gedauert, bis Ihr auf den Erfolg und die Aktivitäten des USC München aufmerksam geworden seid. Aber unabhängig davon: Natürlich beobachten wir alle Ligakonkurrenten sehr genau, stellen dabei jedoch keine Vergleiche oder Wertungen an. Wir konzentrieren uns stets auf unseren Weg und die Ziele unseres Vereins und sind damit bisher sehr erfolgreich gewesen. Letztlich ist der Tabellenstand der Maßstab für den Unterschied.
Zu guter Letzt musst du uns noch ein offenes Geheimnis verraten, da sich um die exakte Zahl ein paar Mythen ranken. Wie oft war der USC denn nun Deutscher Meister?
Als ich im Jahr 2001 den Vereinsvorsitz beim USC München übernommen habe, waren in den mir vorliegenden Aufzeichnungen 14 Deutsche Meisterschaften des USC München vermerkt. Der DRS listet in seinen Annalen jedoch nur 13 Meistertitel für den USC München. Ich glaube, die Diskrepanz liegt irgendwo in den 1970er Jahren. Vielleicht gibt es noch ein paar Rollstuhlbasketballer, die sich an die alten Zeiten erinnern und Auskünfte erteilen können. Vielleicht kann auch der aktuelle Deutsche Meister Lahn-Dill die im Meisterpokal eingravierten Sieger der vergangenen Jahre und hier speziell der 70er Jahre nachvollziehen.