Am Wochenende ruht in ganz Europa der Liga-Spielbetrieb für die Vorrundenturniere in den Europapokal-Wettbewerben. Gleich sechs deutsche Vertreter gehen an den Start. Mit zwei Vertretern in der Euroleague I und gleich vier Clubs unter den 20 Startern in der Euroleague II dürfen sich quasi alle RBBL-Vertreter Hoffnung auf eine Endrunden-Teilnahme machen.
Für die beiden Euroleague-Teilnehmer Oettinger RSB Team Thüringen und RSV Lahn-Dill kann es angesichts der Konkurrenz und der eigenen Ambitionen eigentlich nur ein Ziel geben: Beide Mannschaften haben in ihren Gruppen das Potenzial, die Vorrunde zu gewinnen oder auf dem zweiten Platz abzuschließen. Rang drei und damit der André-Vergauwen-Cup oder gar als Gruppenvierter in den Willi-Brinkmann-Cup einzuziehen wäre für die beiden deutschen Topclubs eine echte Enttäuschung.
Euroleague I
Allerdings wird der RSV Lahn-Dill schon einen sehr ordentlichen Auftritt benötigen, denn sowohl GSD Porto Torres um den britischen Center-Veteranen Simon Munn als auch der CS Meaux aus Frankreich sind keine ganz leichten Gegner. Padova Millennium Basket hat sich gegenüber dem Vorjahr verstärkt, aber dürfte ebenso wie der israelische Vertreter Ilan Ramat Gan nur auf den hinteren Rängen landen.
Das Oettinger RSB Team hat als Vorrunden-Gastgeber sehr attraktive Lose gezogen, doch damit geht einher, dass sich die Mannschaft von Trainer Josef Jaglowski vier Mal von ihrer Schokoladenseite zeigen muss: Santa Lucia Rom ist eine Legende des europäischen Rollstuhlbasketballs und bietet mit Soufyane Mehiaoui einen begnadeten Künstler im Umgang mit Ball und Rollstuhl auf. Besiktas Istanbul, BSR ACE Gran Canaria und Le Cannet sind qualitativ nicht ganz so tief besetzt wie Rom und Elxleben, der Gruppensieg sollte sich unter normalen Umständen zwischen Santa Lucia und dem RSB-Team entscheiden.
Euroleague II
In der Euroleague II gehen gleich vier deutsche Teams an den Start. Die schwierigste Aufgabe hat wohl der RBBL-Absteiger Roller Bulls erwischt und bräuchte in Bordeaux gegen die Leopards de Guyènnes, KKTC TurkCell aus der zweiten Reihe der türkischen Top-Clubs, SC Devedo aus den Niederlanden und Ilan Ramat Gan aus Israel ein richtig starkes Wochenende, um in den André-Vergauwen-Cup einzuziehen. Immerhin winkt bei zwei Siegen schon der Einzug in den Challenge-Cup – ein kleines Trostpflaster für die Mannschaft aus dem deutsch-belgischen Grenzgebiet nach dem Abstieg aus der RBBL.
Etwas günstiger dürfte es für die Köln 99ers aussehen, die in Gradisca im Nordosten Italiens an der slowenischen Grenze mit den Gastgebern Polisportiva Nordest sowie den Aigles des Meyrin aus der Schweiz, Meylan Handibasket aus Frankreich und dem russischen Vertreter BasKI fast ausschließlich Europapokalveteranen aus dem unteren Mittelfeld der Rollstuhlbasketball-Landschaft gezogen haben. Köln kann durchaus auf eine Endrundenteilnahme schielen, nicht zuletzt, weil die Mannschaft gerade erst im Endspurt der Saison bewiesen hat, dass die ersten zwei Drittel der Runde zwar Murks waren, aber abgehakt sind.
Die BG Baskets Hamburg gehen als Challenge-Cup-Sieger des Vorjahres im laufenden Jahr eine Klasse höher ins Rennen und müssen in Klosterneuburg in Österreich gleich richtig ran. Ohne Zweifel ist die Mannschaft von Trainer Holger Glinicki den Herausforderungen gewachsen und hat gute Chancen, in den André-Vergauwen-Cup einzuziehen, aber insbesondere BSR Valladolid (ESP) und CAP SAAA Paris (FRA) sind starke Gegner. Der Spielpplan hat Hamburg jeweils einen der beiden im zweiten Spiel des Tages beschert, so dass die Entscheidung am Ende auch über die Tiefe der Rotation und die Qualität der Bank fällt – auf europäischem Niveau hat Hamburg da gute Karten. Die Sheffield Steelers (GBR) und die Conveen Sitting Bulls (AUT) komplettieren die Runde.
Die Goldmann Dolphins Trier haben eine relative leichte Vorrundengruppe erwischt – Gastgeber Pilatus Dragons ist zwar der mit Abstand beste Club der Schweiz, aber sollte für Trier ebenso machbar sein wie die Oldham Owls (GBR), Nevsky Allianz (RUS) und Lannion (FRA). Die größte Hürde für die Dolphins ist allerdings der relativ kleine Kader, der mit Janet McLachlan und Dirk Passiwan zuletzt auch zwei mehrfach angeschlagene Schlüsselpsieler hat.
Der Modus
Die Euroleague II ist aber im Großen und Ganzen eine sehr dankbare Startrampe ins internationale Geschäft: Der jeweilige Gruppensieger zieht in den André-Vergauwen-Cup ein und wird dort aber auf Gegner aus der Spitzengruppe des europäischen Rollstuhlbasketballs treffen. Für die Gruppenzweiten geht die Reise in den Willi-Brinkmann-Cup, in dem bereits alle deutschen Teams Chancen auf den Titel haben könnten. Das Gleiche gilt auch für die Gruppendritten, die im Challenge-Cup auf leichtere Gegner treffen.
Seit der Reform der Europapokalwettbewerbe vor einigen Jahren ist der Modus im Europapokal ziemlich kompliziert geworden. Die Mannschaften aus den Mitgliedsverbänden der IWBF Europe, die für den Europapokal gemeldet haben, werden in eine Reihenfolge entsprechend ihrer Wertungspunkte in der Dreijahreswertung gebracht. Gesetzt sind die Ausrichter der Vor- und Endrunden sowie der Champions-Cup-Sieger für die jeweilige Endrunde. Aus den Euroleague-I-Runden qualifizieren sich die Erst- und Zweitplatzierten für den Champions-Cup, Rang drei zieht in den André-Vergauwen-Cup und Platz vier in den Willi-Brinkmann-Cup ein. Aus der Euroleague II erreichen jeweils die Erstplatzierten den André-Vergauwen-Cup, die Zweitplatzierten den Willi-Brinkmann-Cup und die Drittplatzierten den Challenge Cup. Aus der Euroleague III schließlich erreichen nur die Erstplatzierten die Finalrunde im Challenge-Cup.
Text: Daniel Stange