Der Vorsitzende der RBBL AG, Thomas Henkel, hat mit sofortiger Wirkung sein Amt und seine Tätigkeit für die Kommission 9 (Öffentlichkeitsarbeit) im Fachbereich Rollstuhlbasketball des Deutschen Rollstuhl-Sportverbandes e.V. (DRS) niedergelegt. Nach Andreas Joneck (Presseverantwortlicher) ist Henkel bereits der zweite Mann, der binnen kürzester Zeit das Bord des Fachbereichs verlässt. Wir haben uns mit dem Familienvater über die Hintergründe unterhalten.
Thomas, bevor wir zu den Gründen deines Rücktritts kommen, klär uns doch bitte mal auf, worin deine ehrenamtlichen Aufgaben als Vorsitzender der RBBL AG und Mitglied der Kommission 9 (Öffentlichkeitsarbeit) bestanden haben?
„Zunächst einmal viel Dank für die Interviewanfrage. Die Kommissionsaufgaben im Bereich 9 waren vor allem administrativer Natur. Und dies primär im Hintergrund. Administrativ nicht im Sinne von Steuerung, sondern technische Administration der Webseite des Fachbereichs bzw. des Webseitenpaketes. Im Januar 2015 wurde ja die RBBL Webseite einem Relaunch unterzogen, gefolgt vom Fachbereich (www.drs-rbb.de), Team Germany (www.teamgermany.net) und Be-Magic (www.be-magic.de). Natürlich musste für die Webseiten auch Content generiert und erarbeitet werden. Diese Aufgabe lag aber teilweise auch in den Kommissionen bzw. ich erhielt durch eine Mitarbeiterin des DRS Unterstützung. Hinzu kommen Tätigkeiten, die den Webserver betreffen – E-Mail-Adressen einrichten, Verteiler pflegen usw. Zusätzlich kümmerte ich mich gemeinsam mit Laura Löffler um die Social-Media-Kanäle der RBBL und des Team Germany, die in den letzten Jahren immer mehr an Reichweite gewinnen konnten. Wobei die Pflege des RBBL-Kanals primär meiner RBBL-Funktion zuzuordnen war.“
Und in der Rollstuhlbasketball-Bundesliga?
„In der RBBL AG ist eine Beschreibung der Aufgaben nicht ganz so einfach. Ich hatte das Amt seit April 2015 inne, und ich hatte mich seiner Zeit gemeinsam mit Tanja Feddersen auf eine gute Aufgabenteilung geeinigt. Wir hatten für die Vereine ein offenes Ohr und versuchten im Rahmen unserer Handlungsfähigkeit, die leider eher eingeschränkt ist und war, die Sportart und die Liga weiter voranzubringen. Nachdem die Steuerungsgruppe, gemeinsam mit uns zur Sitzung im April 2016, die RBBL AG als gescheitert erklärte, bestand meine Hauptaufgabe darin, mich um die Zukunft der RBBL zu kümmern. Gemeinsam mit einer Handvoll Klubs, oder besser gesagt vier Vereinen, entwickelten wir daraufhin eine Geschäftsordnung für die RBBL, um einen Handlungsrahmen für klare Regeln und Tätigkeitsfelder zu haben.“
Dass du deine Arbeit mit sofortiger Wirkung niedergelegt hast, muss ja eine oder mehrere Ursachen haben. Was waren die Gründe deines Rücktritts?
„Mein Rücktritt ist auf einige Gründe zurückzuführen, die ich nicht alle im Detail erläutern werde und möchte. Das Ganze war eine rein persönliche Entscheidung. In erster Linie haben mich viele kleine Dinge geärgert, die ich so nicht länger dulden wollte. Ob dies die Kommunikation untereinander war, die aus meiner Sicht alles andere als gut ist, oder aber Dinge, die über drei Ecken an mich herangetragen wurden. Ich hatte letztendlich nicht mehr das Gefühl, dass meine Arbeit, meine eingesetzte Zeit und ich als Person wertgeschätzt wurde – vor allem in Bezug auf das Voranbringen der RBBL oder aber auch auf den neuen Ergebnisdienst.“
Dein Ausscheiden reißt ja auch eine temporäre Lücke. Welche Projekte bzw. Aufgaben liegen denn jetzt kurz- bzw. mittelfristig auf Eis?
„Die größte Lücke dürfte aus meiner Sicht, in Bezug auf die RBBL, die Öffentlichkeitarbeit sein, die von mir „nebenher“ betrieben wurde, wie das Aktualisieren der Homepage oder die Social-Media-Aktivitäten. Was natürlich alles in Zusammenarbeit und enger Abstimmung mit Laura Löffler lief. Die grafischen Tätigkeiten oder auch das Onlinestellen der Berichte für die Homepage lag in meiner Hand. Mittelfristig wird die Weiterentwicklung und das Voranbringen der RBBL eine größere Lücke darstellen, wobei ich da ganz persönlich hoffe, dass die engagierten Vereine dieses Thema jetzt selbst in die Hand nehmen.
Und das Scouting?
„Nun, darin sehe ich ganz klar eines der größten Problem, da ich in diesem Bereich, und das war und ist der Spielleitung bekannt, jede Woche sogenannte Matchkeys per Mail an die Verantwortlichen der Ligen verteilt habe. Und nach dem Spieltag habe ich die vorliegenden Statistiken importiert. Auch dies hat einiges an Lebenszeit pro Woche in Anspruch genommen.“
Verstehe. Gab es denn Widerstände bei der Einführung? Beziehungsweise was sind die Argumente derjenigen, die das FIBA-Tool ablehnen?
„(lacht) Widerstände ist gut ausgedrückt. Das Projekt startete damit, dass die Zuverlässigkeit von Keyscout nicht mehr zufriedenstellend war. Wir wissen alle, was es für Probleme damit gab. Letztlich war für mich nach einer kurzen Evaluation und Gesprächen mit Leuten aus der ProA und der BBL klar, den FIBA Organizer bzw. FIBA LiveStats vorzuschlagen bzw. einzuführen. Ein Hauptgrund war der, dass die IWBF Europe bei der Durchführung ihrer internationalen Wettbewerben ebenfalls auf das System setzt.“
Gut. Aber wo lagen bzw. liegen die Hindernisse?
„Dass das ganze Thema Scouting nicht einfach werden würde, war mir von vornherein klar. Was mich jedoch nicht davon abhielt, mich mit den Verantwortlichen von Geniussports, dem Anbieter der Software, immer wieder via Skype in Verbindung zu setzen, um Gespräche zu führen und mich sukzessive in das System einzuarbeiten. Dies hat Zeit und Nerven gekostet. Danach habe ich das System den Spielleitern, von der Bundesliga bis zur Einsteigerliga, in Kassel vorgestellt. Bereits dort wurde mir nach der Präsentation der ersten PowerPoint-Folien klar, dass das System beim DRS keine Chance haben wird, oder es nur schwer durchzusetzen ist.“
Wieso das?
„Zum einen gab‘s für viele die Sprachbarriere, da es das System standardmäßig nur auf Englisch gibt. Und zum anderen das internationale Punktesystem bei der Tabelle. Und einige Kleinigkeiten, wie z.B. die fehlende Anzeige von Klassifizierungspunkten im Frontend oder aber die Kennzeichnung der Minimalbehinderung oder des Frauenbonus.“
Wie ging es dann weiter?
„Wir einigten uns darauf, dass die Spielleiter der 1. und 2. RBBL das System mit meiner Unterstützung pflegen werden. Spielleitern der unteren Ligen stand dies frei. Leider war die Vorgehensweise nicht von Erfolg geprägt. Mir fehlte bis kurz vor Saisonbeginn jegliche Rückmeldung bzw. gab es nur zwei, drei interessierte Spielleiter.“
War dadurch dein ehrenamtlicher Enthusiasmus endgültig gebrochen?
„Nein. Für mich stand fest: Das System muss auf Grund des Livescoutings in der 1. und 2. RBBL laufen – zumindest was die Teamaufstellung und die Spielpläne angeht, so dass ein vernünftiges Livescouting möglich ist. Die Arbeit hing primär bei mir. Fakt ist aber auch, dass sich Spielleiter und auch Verantwortliche des Fachbereichs nach Alternativen umschauten.“
Gibt es auch Erfreuliches zu berichten?
„Positiv war das Feedback der Vereine zum neuen Livescouting. Natürlich gibt es Klubs, die weiterhin nicht „livescouten“. Begründet wird dies in erster Linie mit fehlenden ehrenamtlichen Helfern oder strukturellen Dingen. Super fand ich die Rückmeldungen aus Wiesbaden und Köln, die mit den FIBA-LiveStats-Daten ihren Livestream mit Daten befüttern. Für mich persönlich ein Fortschritt. Und vor allem ein Schritt in die richtige Richtung.“
Was müsste deines Erachtens besser gemacht werden, um die Arbeit der Liga zu professionalisieren und das Ansehen der Sportart weiter zu steigern?
„Ich glaube, wir müssen hier etwas differenzieren: Zum einen sind da Verbesserungsmöglichkeiten im Fachbereich und zum anderen das Standing bzw. die Außendarstellung der RBBL. Die RBBL, oder besser die RBBL AG, ist und bleibt aus Sicht einiger, eine Art „Ideenschmiede“, in der Ideen und Vorschläge diskutiert werden können. Zum Beispiel eine „Playdown-Regel“, „Einsteigerboni“ oder ähnliches. Anschließend müssen diese Punkte in der Bundesliga-Versammlung erneut diskutiert werde, um dann der BVV, sprich der Basketballvertreterversammlung, alle 4 Jahre zum Beschluss vorgelegt zu werden.“
Das hört sich nach einem durchaus langwierigen und zähen Prozess an. Was gab’s an konkreten Ideen?
„Aus meiner Sicht, und auch Sicht einer Vielzahl der Vereine, sollte die Liga in Grundzügen auf eigene Beine gestellt werden. Ideen hatten wir dazu viele. Wir wollten in Hamburg sogar eine Geschäftsstelle gründen, damit dort, zu bestimmten Zeiten, ein dedizierter Ansprechpartner vorhanden ist, um mich zu entlasten und die Liga zu pushen. Die von uns für diesen Zweck angedachte Geschäftsordnung sollte kein „Vermarktungspapier“ sein, sondern die Liga und deren Strukturen stärken. Das dort Dinge oder Schlagworte wie „Lizenzierungsverfahren“, „Spielordnung“, „Finanzordnung“ und „Vermarkungsrechte“ bei dem ein oder anderen Bauchschmerzen ausgelöst haben, ist klar. Aber ehe man das Papier in der Luft zerreißt bzw. sich gegen jedwede Veränderung verschließt, hätten der oder die Kritiker auch noch einmal das direkt Gespräch suchen können.“
Was erhoffst respektive wünschst du dir für die Zukunft?
„Wichtig ist aus meiner Sicht wäre, dass alle an einem Strang ziehen. Dazu zähle ich nicht nur die Klubs, sondern auch die Verantwortlichen in den Fachbereichen. Bezüglich der Kommission 9 im Fachbereich hoffe ich, dass dort so schnell es nur geht, adäquater Ersatz gefunden wird, um die Arbeiten zügig voranzubringen.“
Wirst du dem Rollstuhlbasketball in irgendeiner Form erhalten bleiben?
„Das ist eine gute Frage. Aktuell sieht es eher so aus, dass ich die gewonnene freie Zeit erstmal der Familie widme. Mal schauen ob ich in irgendeiner Form dem RBB treu bleibe.“
Vielen Dank für deine Zeit, Thomas.
Interview: Martin Schenk // Foto: privat