Luca Puppe galt als eines der größten Talente in Rollstuhlbasketball-Deutschland. Alle Vereins- und Nationaltrainer schwärmten vom dynamischen Lowpointer aus Berlin. Inzwischen haben sich jedoch die Schwerpunkte im Leben des 23-Jährigen verschoben. Statt drei, vier Mal die Woche in die Halle zu gehen, stand der Blondschopf mit dem kurzen Haupthaar jüngst für Zalando vor der Kamera, um für deren Adaptive Modekollektion zu modeln. Wie es zum Tête-à-Tête mit dem Online-Versandhändler kam, was er über Rollimode als solche denkt und wie es um seine sportlichen Ambitionen bestellt ist, hat uns Luca im Interview verraten.
Luca, du bist jüngst als Model für die adaptive Mode-Kollektion von Zalando in Erscheinung getreten. Durch Zufall habe ich einen Post auf LinkedIn gesehen. Wie kam es zu diesem Engagement?
Letztes Jahr bin ich an ‘nem entspannten Sommertag durch die Straßen am Prenzlauer Berg in Berlin gefahren, um das Wetter zu genießen. Ich hab mit drei Typen an einer Ampel gewartet. Auf einmal spricht mich einer von denen an.
Und sagte …
… dass er Fotograf ist. Und ob ich denn nicht Lust auf ein Fotoshooting hätte. Warum eigentlich nicht, dachte ich mir? Also haben wir uns wenige Tage später in seinem Studio getroffen und Bilder gemacht. Einige Monate später hat mich besagter Fotograf mit einer Modelagentur connected. Und dann kam schon relativ schnell die Anfrage von Zalando.
Lass uns einen kurzen Zeitsprung zurück zum Shooting machen. Wie lief das ab? Insbesondere in Hinblick auf das Thema “Barrierefreiheit” am Set.
Bevor es überhaupt zum Shooting kam, haben wir uns per Videokonferenz zusammengesetzt und besprochen, wie man das Studio bzw. die Location so barrierearm wie möglich gestalten kann. Das heißt, ich wurde von Anfang an mit eingebunden, was ich sehr sinnvoll finde.
In der Tat. Wie ging’s weiter?
Als es dann wirklich losging, lief auch alles reibungslos. Keine Stufen oder Kanten am Set, die Umkleide und die sanitären Anlagen waren sehr großzügig und gut ausgestattet. Außerdem wurde die Anzahl der Outfits pro Tag deutlich minimiert, weil man als Rollstuhlfahrer ja schon etwas mehr Aufwand hat beim Umziehen und mehr Zeit benötigt.
Mode-Labels haben sich immer mal wieder an Rollstuhlfahrern und Rollstuhlfahrerinnen als Zielgruppe bzw. Kunden versucht. Was unterscheidet die Zalando-Kampagne deiner Meinung nach von anderen?
Ehrlich gesagt habe ich noch nicht viel von anderen Kampagnen mitbekommen. Ich glaube, es besteht bei solchen Aktionen immer die Gefahr, dass das Handicap zu sehr in den Vordergrund gerückt wird. Es geht manchmal mehr darum, sich als inklusiv zu vermarkten und weniger darum, interessante Menschen zu porträtieren, die nicht dem Standard entsprechen.
Und bei Zalando?
Da hatte ich ein gutes Gefühl. Es geht nicht nur um den Rollstuhl, es geht um mich als Person. Das macht das Ganze authentisch.
Stylish: Luca Puppe im Pier One Hemd – Foto: Zalando
Lass uns bei Wahrnehmungen bleiben. Ich habe manchmal das Gefühl, dass einige Rollifahrer gar keine eigene Mode wollen, da diese oft unsexy ist und zum anderen das Tragen einer speziellen Rollimode sie noch mehr zum Rollifahrer macht. Klingt vielleicht ein bisschen kryptisch. Kannst du mir dennoch folgen?
Ich kann dir zu 100% folgen! Das muss sich vielleicht auch erstmal entwickeln. Die Vergangenheit wirft, glaube ich, noch ein bisschen ihren Schatten auf Adaptive Fashion. Es gab und gibt da immer noch zu viele Sachen, die einfach nicht geil aussehen. Umso cooler ist es, dass jetzt auch größere Marken das Thema vorantreiben und Sachen auf den Markt bringen, die sowohl praktisch als auch stylisch sind.
Es liest ja keiner mit. Von daher die Frage: Bist du ein modischer Typ, der auf sein Outfit achtet? Oder eher so der “Es-ist-mir-egal-was-andere-über-mich-und-meinen-Look-denken”-Typ?
Beides natürlich (lacht). Beste Mischung.
Kannst du dir vorstellen noch weiter zu modeln bzw. was hat dir dabei ganz besonders viel Spaß gemacht?
Das alles war natürlich alles neu und mega ungewohnt. Die ganze Zeit vor einer Kamera zu stehen ist schon anstrengend, aber irgendwie auch eine coole Erfahrung. Nach den ersten Stunden hat sich das dann schon fast normal angefühlt. Außerdem bekommt man direkt ein paar Anregungen für eigene Outfits, weil man so viele Sachen anzieht, die man sich sonst vielleicht nie gekauft hätte. Ich kann mir schon vorstellen, das öfter zu machen. Hit me up (grinst).
Was macht Luca Puppe aktuell in Sachen Rollstuhlbasketball. Gib uns doch mal ein Update: Klickerst du noch ein bisschen oder gibt’s echte Ambitionen?
Man könnte behaupten, es gab Zeiten in denen ich ambitionierter unterwegs war.
Erzähl.
Nun, ich habe irgendwann einfach gemerkt, dass der Leistungsgedanke mir den Spaß am Game nimmt. Ein paar Körbe werfen, ‘ne Runde ballen, einfach mal abschalten – so habe ich Basketball lieben gelernt. 2019 habe ich dann realisiert, dass ich nur noch mit Therabändern und stumpfen Pick & Roll-Drills beschäftigt bin. Also hab ich mich aus der U22 zurückgezogen.
Wie ging’s weiter?
Back to the roots: ganz entspannt zweimal pro Woche trainieren und ein bisschen in der Regionalliga Ost zocken. Das war auf jeden Fall die richtige Entscheidung. Ich hab wieder viel mehr Lust am Sport und außerdem mehr Zeit für andere Dinge. Trotzdem natürlich ein dickes Dankeschön an die U19 und U22, es war eine richtig geile Zeit!
Luca Puppe im Nationalmannschafts-Einsatz im italienischen Lignano Sabbiadoro – Foto: Christian Kolb (www.kistenblick-murnau.de)
Verfolgst du die Nationalmannschaft, die RBBL und die Rollstuhlbasketball-Szene noch?
Ich verfolge eigentlich fast gar nichts mehr, aber die wichtigsten Geschehnisse bekomme ich natürlich mit.
Welche?
Mein Teamkollege Sean Plaar hat sich als U19-Nationalspieler etabliert und ist das wahrscheinlich größte Nachwuchstalent Deutschlands. Mark my words! Absolute Legende der Typ.
Was bzw. wen noch?
Basti Kolb. Bruder, mach schon mal das Gästezimmer klar, ich bin ready für den Spanienurlaub (lacht).
Gibt es noch etwas, das du gerne loswerden möchtest?
Ich würde gerne noch ein paar Shoutouts raushauen.
Leg los.
Grüße an Sean „Viet“ Plaar, Said „Whitey“ Weiß, Senad „Baseline“ Mesic, André „Hoe Hoe“ Hobusch, Basti „Baum“ Kolb, Kollege Lennart K., meinen Bruder Leo, meine Mom, meinen Dad, Oma Sonja und Opa Ekki, Ur-Oma Beate, R.I.P. Trouble T Roy und R.I.P. ODB
Danke für das Gespräch, Luca. Und weiterhin viel Erfolg auf und abseits des Laufstegs.
Interview: Martin Schenk | Header-Foto: Zalando