Der Ex-Center des RSV Lahn-Dill, Joe Bestwick, musste nach fünf Jahren an der Lahn den Hut nehmen. Wir haben mit dem Briten über den Abschied, geschlossenen Freundschaften und seinen neuen Verein, Hannover United, gesprochen.
Joe, nach fünf Jahren hieß es Abschied nehmen aus Wetzlar. Du hast Freunde gefunden, geheiratet und jede Menge Titel abgeräumt. Wie sehr hat dich es berührt, dass der RSV nicht mehr mit dir geplant hat?
„Das waren gemischte Gefühle. Auf der einen Seite bin ich natürlich mit der Intention nach Wetzlar gegangen, so lange wie möglich dort zu spielen, und das auch gerne länger als fünf Jahre. Da wir uns in Mittelhessen und mit unserem Freundeskreis so wohl gefühlt haben, und nah an Familie und Freunden in Köln waren, hätten wir uns sogar vorstellen können, auch nach meiner Basketball-Karriere zu bleiben. Auf der anderen Seite wurde es jedes Jahr frustrierender, immer weniger zu spielen, vor allem wenn ich es nicht nachvollziehen konnte. Die fehlenden Minuten beim RSV haben leider auch meine Nationalmannschaftskarriere negativ beeinflusst, deshalb hatten wir selbst schon eine Weile darüber nachgedacht, zu gehen. Es kam also nicht als totaler Schock. Übrigens hätten wir 2012 kaum besser aufgenommen werden können; wir haben unglaublich tolle Freundschaften geschlossen und werden unsere Freunde sehr vermissen, aber man muss auch sehen, dass es eben so laufen kann im Profi-Sport. Unsere Freunde werden wir behalten, egal wohin es uns schlussendlich zieht.“
Nicht nur, dass du dir einen neuen Verein suchen musstest, auch in der britischen Nationalmannschaft wurdest du für die Europameisterschaft nicht berücksichtigt. Wie hast du das verarbeitet?
„Das war natürlich sehr enttäuschend, aber mein Natio-Coach hat klar gemacht, dass meine wenigen Minuten im Verein es schwer für ihn machen, mich zu nominieren. Ich habe mich, obwohl ich das wusste, für den Verein entschieden und in Kauf genommen, dass es so ausgehen könnte. Ich habe für mehr Minuten auf dem Spielfeld gekämpft, leider ohne Erfolg. In Hannover habe ich jetzt die Möglichkeit mehr zu spielen, also hoffe ich, dass meine Chancen für die Weltmeisterschaft besser stehen.“
Du bist ja ein Kämpfer. Was gibt dir die Kraft und das Selbstvertrauen, immer wieder anzugreifen, wie z. B. in der britischen Nationalmannschaft?
„Mein Training gibt mir Selbstvertrauen. Ich weiß, wie hart ich jeden Tag daran arbeite, besser zu sein, als am Tag zuvor. Ich denke, dass ich in den meisten Fällen eine gute Performance abgegeben habe, wenn man mich gelassen hat. Außerdem habe ich das Glück, dass meine Frau, meine Familie und Freunde hundertprozentig hinter mir stehen und verstehen, dass Basketball derzeit eine hohe Priorität genießt.“
Mit Hannover United hast du einen neuen Klub gefunden, der jungen Spielern Vertrauen schenkt. Wie siehst du deine Rolle im Team?
„Ich finde es super, wie Hannover den Fokus auf die Entwicklung junger Spieler und Spielerinnen setzt. Ich hoffe, dass ich diese Arbeit unterstützen kann, und vielleicht kann meine Erfahrung dabei helfen. Mir wird es auch sehr gut tun, mit diesen motivierten und hungrigen Spielern zu spielen. Es wird mir helfen, fokussiert und motiviert zu bleiben.“
Mit Martin Kluck steht ein ambitionierter Headcoach an der Seitenlinie. Wie hat er dich vom Hannoveraner Konzept überzeugt? Und was möchtest du von ihm lernen?
„Nachdem Hannover mich kontaktiert hatte, habe ich natürlich erst einmal rumgefragt, und es gab nur positive Rückmeldungen. Ich war dann auch schon nach dem ersten Treffen mit Martin Kluck und Udo Schulz begeistert vom Hannoveraner Konzept. Die beiden arbeiten professionell, der Klub hat fantastische Trainingseinrichtungen und gehen mit ihrer Spielerentwicklung in die richtige Richtung. Ich habe wie gesagt viele gute Dinge über Martin und sein Coaching gehört, zum Beispiel sein Auge fürs Detail und seine Videoanalysen. Da werde ich versuchen alles mitzunehmen, was ich kann. Außerdem hoffe ich, dass ich mit ihm an meinen Führungsqualitäten und meiner Kommunikationsfähigkeit arbeiten kann.“
Was erwartest du von der RBBL in der kommenden Spielzeit? Ist sie mit Brian Bell in Wetzlar und Matt Scott in Elxleben nochmal stärker geworden?
„Ich denke, dass ist noch schwer zu sagen, da die Top-Teams nicht nur sehr starke Spieler gewonnen, sondern auch einige Spieler verloren haben. Hinzu kommt, dass sowohl der RSV als auch Elxleben in der kommenden Saison ein anderes Spiel spielen werden als bisher, da sie andere Spieler mit anderen Stärken im Kader haben. Nichtsdestotrotz wird die deutsche Liga auch weiterhin die beste Liga in Europa sein, wenn nicht sogar der Welt.“
Zum Schluss kannst du uns noch verraten, ob du weiter in Wetzlar wohnen bleibst und pendelst, oder du mit deiner Frau nach Hannover ziehst. Wie managst du das?
„Meine Frau und ich ziehen im August von Gießen nach Hannover. Das wird ein trauriger Abschied. Trotzdem freuen wir uns auf das neue Kapitel. Hannover gefällt uns total gut, und Udo arbeitet fast täglich daran, dass unser Start dort glatt läuft. Er hat uns eine tolle Wohnung in einer super Gegend gefunden, und wir können es kaum erwarten auszupacken und anzukommen.“
Interview: Martin Schenk | Übersetzung: Dana Bestwick