Die Grand Dame des Rollstuhlbasketballs, Christa Weber, spricht im Rollt.-Interview über die aktuelle Situation bei den Rolling Chocolate, ihr neuerliches Engagement als Bundesligatrainerin und die Situation in der 2. Liga Süd.
Christa, du wurdest als neue Trainerin in Heidelberg vorgestellt. Glückwunsch zur neuen Funktion. Wolltest du eigentlich nicht ein bisschen kürzer treten, was dein Trainerdasein betrifft?
„Ja, ich wollte eigentlich kürzer treten und hätte mir eher vorstellen können, einen jungen Trainer in Heidelberg einzuführen und bei seiner Arbeit zu unterstützen. Wir brauchen am Neckar auf jeden Fall eine längerfristige Lösung. Doch wir haben so kurzfristig noch keinen geeigneten Coach verpflichten können. Ich werde das Traineramt vorerst übernehmen. Wir suchen jedoch weiterhin nach einem jungen Trainer, den ich gegebenenfalls mit meinem Know-how auf dem Weg zu einem guten Bundesligatrainer unterstützen kann.“
Was hat den Ausschlag gegeben, dass du den Chocolates zugesagt hast?
„Aufgrund des Abgangs vieler guter Spieler braucht Heidelberg jetzt einen Neuaufbau. Wir haben auf die Schnelle keinen geeigneten Coach gefunden. Da ich immer noch sehr mit den Chocolates verbunden bin, habe ich nicht gezögert, den Klub in dieser schwierigen Situation zu unterstützen. Wir haben dort einige sehr talentierte junge Athleten, die wir nun in das Zweitligateam einbauen werden. Ich mag die Herausforderung, junge Spieler und talentierte Anfänger zu entwickeln. Es gefällt mir, wie der Vorstand diese Entwicklung unterstützt. Es ist eine sehr gute Zusammenarbeit und alle ziehen an einem Strang. Vor diesem Hintergrund sehe ich eine gute Perspektive für den Neuaufbau.“
Kannst du schon etwas zum aktuellen Kader bzw. zur Kaderplanung sagen?
„Die Kaderplanung ist noch nicht abgeschlossen. Wir werden einige junge Talente ins Team integrieren und gleichzeitig suchen wir noch nach ein bis zwei weiteren Spieler mit Bundesliganiveau. Das wird sicher eine gute Mischung.“
Was sind deine sportlichen und strukturellen Ziele am Neckar?
„Wir werden diese neue Mannschaft zunächst einmal zu einem Team formen müssen. Einige Positionen werden neu besetzt, und wir müssen das Kollektiv taktisch neu ausrichten. Es werden in der nächsten Saison zwei Teams für die Chocolate an den Start gehen: Ein Team in der Oberliga und eine Mannschaft in der 2. Bundesliga. Das dritte Team wurde aus personellen Gründen bereits Ende letzter Saison abgemeldet. Langfristig wollen wir in Heidelberg wieder eine starke Zweitligamannschaft entwickeln, die dann auch die Voraussetzungen hat, in die 1. Bundesliga aufzusteigen. Dazu müssen wir jedoch auch die organisatorischen und finanziellen Voraussetzungen schaffen.“
Die 2. Liga Süd wird vermutlich wieder mit sechs Teams in die Saison starten. Wie beurteilst du diese Entwicklung?
„Dazu muss man sich sicher Gedanken machen. Warum wollen Teams nicht in die Bundesliga aufsteigen? Wieso schließen sich renommierte Teams wie Frankfurt und Lahn-Dill 2 zu einer Spielgemeinschaft zusammen, obwohl es in diesen Vereinen noch Mannschaften unterhalb der 2. Liga gibt, aus denen man Spieler hätte integrieren können? Weshalb ziehen Teams wie der USC München oder die Rolling Devils aus der 1. Bundesliga zurück? Welche Entwicklungen sind vorausgegangen? Wir müssen uns die Vereinsstrukturen anschauen und sehen, warum diese Entwicklungen so stattfinden. Wir müssen hier unbedingt gegensteuern. Es ist wichtig, hier eine Ursachenforschung zu betreiben, damit wir zukünftig wieder mehr stabile Teams in den Bundesligen haben.“
Lass uns mit der Abschlussfrage auch kurz das Thema wechseln: Wie hast du das sportliche Abschneiden der U23-Herren bei der Weltmeisterschaft in Kanada wahrgenommen?
„Es ist sehr schade. Ich hätte auf jeden Fall eine Medaille erwartet. Ich bin der Meinung, dass in Vorbereitung auf eine WM unbedingt mehr Lehrgänge etc. stattfinden müssten und auch wichtig sind, damit ein starkes Team geformt werden kann. Wir haben derzeit wieder viele junge talentierte Spieler. Insbesondere bei den jungen Akteuren ist es wichtig, sie in möglichst vielen Lehrgängen zu formen und das Zusammenspiel intensiv zu trainieren. Es ist natürlich für die Trainer ein großes Problem, wenn die Athleten bei den Lehrgängen so gut wie nie komplett zusammen trainieren können, da sie gleichzeitig noch im Herren–Nationalteam oder bei Klubs spielen, die am europäischen Wettbewerb teilnehmen und dadurch einige Lehrgangstermine nicht wahrnehmen können.“
Christa, ich danke dir für deine Zeit.
Interview: Martin Schenk