Dreimal geballte “Kraut-Power” in den USA, die drei Ladies haben uns verraten, wie sie Studium und Leistungssport unter einen Hut bekommen, was in den Staaten anders ist und was sie in Alabama am meisten vermissen.
Ihr spielt alle drei an der University of Alabama Rollstuhlbasketball. Im College, bzw. University Basketball wird, anders als in Deutschland, mit reinen Damen und Herren Teams gespielt. Gibt es noch weitere gravierende Unterschiede zum deutschen Ligen-System?
Lang, Groß und Rausch: “Es gibt diverse Unterschiede, an die man sich langsam gewöhnen muss. Zum Beispiel stehen bei einem Freiwurf fünf, statt sechs Rebounder. Es werden schneller Fouls gepfiffen und diese Körperlichkeit wie in Deutschland gibt es hier kaum. Und wenn, wird es direkt unterbunden. Ah, und die Schiedsrichterleistung lässt oft zu wünschen übrig. Außerdem ist das Feld kleiner, z.B. die Zone enger und die 3 Punkte Linie minimal näher am Korb. Ligen-technisch spielen wir hauptsächlich gegen College-Teams, jedoch mit ein paar Ausnahmen, in denen es auch mal zu Duellen mit diversen Club-Teams kommt. Im Endeffekt kommt es hier nur auf das finale National-Championships-Wochenende an. Sämtliche Spiele zuvor dienen eigentlich nur Trainingszwecken und der Befriedigung des Siegeswillens eines jeden Sportlers.”
Selina und Babsi, ihr seid jetzt beide die zweite Saison in den USA. Was gefällt euch besonders gut?
Groß: “Mir gefällt das Trainingspensum und die Möglichkeit, jederzeit in die Halle zu gehen. Außerdem finde ich es interessant, mit Spielern aus anderen Ländern zu spielen und zu versuchen, verschiedene Basketballstile auf dem Feld zu verbinden. Und die hiesige „southern hospitality“ macht es mir leicht, mich hier zu Hause zu fühlen.”
Rausch: “Ich finde das Wetter hier echt super, es ist einfach länger warm. Und die Sonne scheint die meiste Zeit, außer im Winter, also hier ist nicht so viel Schnee. Die Leute sind hier super freundlich und das Adapted Athletics Program ist ziemlich gut organisiert und bietet mega viel. Außerdem wird unsere eigene Halle im Januar eröffnet. Und wir können es kaum erwarten, sie zu beziehen. Am liebsten würden wir dort gleich ein Bett beziehen. Ich find es super, dass man das Uni- und Trainingspensum so gut verbinden kann.”
Selina, du bist schon eine Saison länger als Katharina in den Vereinigten Staaten. Gibt es etwas, was ihr dort aus Deutschland vermisst?
Lang: “Ich vermisse meine Familie und Freunde, aber auch meine ehemaligen Teamkollegen gehen mir sehr ab. Und dann vermisse ich natürlich das gesunde Essen. Als Freshman geht man hier täglich in die Mensa, in der hauptsächlich Pizza, Cheeseburger und Cupcakes angeboten werden. Da gibt es leider nicht ganz so viele Möglichkeiten, an etwas Gesundes zu kommen, wie in den deutschen Mensen. Was ich am meisten vermisse ist der Schnee. Während es zu Hause in München schon seit längerem schneit und Weihnachtslieder gespielt werden, passt das hier bei 20°C nicht so ganz.”
Rausch: “Ja, natürlich vermisse ich meine Familie und meine Freunde total, mein kleines Kaff auch – und das Essen. Vor allem an Feiertagen und Geburtstag würde ich manchmal einfach schnell in den Flieger hüpfen, um mal zu Hause vorbei zu schauen. In zwei Wochen geht’s heim, dann gibt’s Plätzchen und Glühwein!”
Katharina, du bist in diesem Sommer an die University of Alabama gewechselt. War es hilfreich, dass Babsi und Selina schon dort spielten? Was haben dir Babsi und Selina berichten können?
Lang: “Auf jeden Fall, ich habe beide vor meiner Ankunft ständig um Rat gefragt, um einen reibungslosen Beginn, sowohl im Training, als auch in der Uni, gewährleistet zu haben. Was prima geklappt hat. Beide haben mir den Einstieg um einiges erleichtert, und ich bin immer wieder froh, dass ich mich auch jetzt noch immer an sie wenden kann, egal was ansteht. Zudem habe ich durch beide meine Gasteltern kennengelernt, die übrigens auch die von Annika Zeyen waren. Mein Gastelter helfen mir immer wieder dabei, auch mal was anderes als den Campus zu sehen und uns z.B. mit den amerikanischen Bräuchen bekannt machen.”
Babsi, du hast im Sommer bei der Europameisterschaft auf Teneriffa für die deutsche Nationalmannschaft gespielt. Kannst du uns erklären, wie das logistisch geklappt hat, in den USA zu studieren, dort Rollstuhlbasketball zu spielen und sich gleichzeitig auf die EM vorzubereiten?
Groß: “Ich bin im Frühjahr zusammen mit Selina zum Selektionscamp nach Deutschland geflogen, und meine Lehrer waren zum Glück sehr kooperativ und verständnisvoll. Ein weiterer Vorteil am amerikanischen College ist das hohe Ansehen von Collegesportlern. Alle weiteren Lehrgänge und die EM waren in meinen Semesterferien, tatsächlich haben die Lehrgänge genau eine Woche nach den Abschlussklausuren begonnen. Die College-Saison hier endet im März, das heißt nach der Saison konnte ich mich unabhängig vom Team, individuell, aber mit allen Ressourcen auf die Nationalmannschaft vorbereiten.”
Babsi, du bist seit der EM 2015 in Worcester im A-Nationalkader und du, Katharina, seit der EM in diesem Jahr auf Teneriffa. Ihr beide seid 4,5-Punkte-Spielerinnen. Wie würdet ihr eure Konkurrenzsituation beschreiben? Wo seht ihr die Stärken des jeweils anderen?
Lang: “Ich denke, ich kann viel von Babsi lernen, da sie mir ja schon einige Jahre voraus hat. Und hier in Alabama ist es immer gut, eine konstante und große Viereinhalberin täglich im Training verteidigen zu müssen, somit kann man sich nicht ausruhen. Babsis Wurf aus jeder Lage hat sich enorm verbessert und ist dadurch kaum mehr zu verteidigen. Zudem ist sie im Stuhl um vieles wendiger und vor allem schneller geworden, was mir sehr imponiert. Hier in Alabama sind Babsi und Arinn zurecht Starting Five, jedoch versuche ich natürlich, zu ihnen aufzuschließen.”
Groß: “Ich habe Kate von Alabama überzeugt, um mehr Verstärkung und mehr Konkurrenz auf meiner Position zu bekommen – und natürlich als Verstärkung für das ganze Team. Ich würde unsere Situation als freundschaftliche Konkurrenz beschreiben. Wir können beide voneinander lernen und uns gegenseitig stärker machen. Kates größte Stärke ist ihr konstanter Wurf bis in die Mitteldistanz. Sobald ihre Chairskills noch ausgereifter sind, hat sie mit ihrer Größe ein enormes Potential in Offense sowie Defense. Falls du auch auf die Situation in Deutschland ansprichst: Wir persönlich freuen uns, dass wir so viele 4,5er in Deutschland haben, davon können andere Nationen nur träumen. Man weiß, dass man viel und intensiv trainieren muss, damit man seinem Traum von der WM im eigenen Land näherkommt.”
Selina, 2013 und 2014 hast du mit der U-25 Nationalmannschaft beide Male Bronze bei der EM geholt. Wie sind deine Ambitionen, im A-Nationalmannschaftskader zu spielen? Ist die Konkurrenz auf deiner Position zu groß oder setzt du eher dein Studium an erste Stelle?
Rausch: “Meine Konkurrenz im Einer-Bereich ist enorm groß, da sie einfach schneller und konstanter sind. Ich arbeite hier viel an meiner Schnelligkeit und versuche, die Balance zwischen Uni und Basketball weiter zu behalten.”
Vielen Dank euch dreien für das Interview und weiterhin viel Erfolg in den USA!
Interview: Annika Aul