Eine deutliche Packung kassierten die Mainhatten Skywheelers am 16. Spieltag der Rollstuhlbasketball und schütteln damit weiterhin dem Abstiegsgespenst die Hand. Die FCK Rolling Devils unter Führung des Trios Mark Beissert (31 Punkte), Kai Möller (25 Punkte) und Jake Williams (21 Punkte) brannte in Hessen ein wahres Offensiv-Feuerwerk ab und brachte die Skywheelers weiterhin in Sorgen und Nöte. Dass diese auch neben dem Parkett liegen, deckte kürzlich die Frankfurter Medienwelt auf: Auf höchstem Niveau fühle man sich kaum noch konkurrenzfähig, so die Vertreter des Ex-Vize-Meisters. Stehen die Mainhatten Skywheelers vor dem Rückzug zum Ende der Saison 2015/16? Klar ist schon jetzt, dass Spielertrainer Sebastian Spitznagel zum Saisonende seine Position aufgeben wird. Rollt. hat bei Pierre Fontaine, Manager der Skywheelers, nachgefragt.
Pierre, in welchen Ligen werden die Mainhatten Skywheelers in der kommenden Spielzeit vertreten sein?
Diese Frage kann ich heute abschließend nicht beantworten. Grundsätzlich ist unser Ziel, sportlich auf jeden Fall die Klasse zu halten. Aber auch Köln hat dieses Ziel. Das Thema werden wir auf dem Spielfeld behandeln. Ob es uns wirtschaftlich und organisatorisch noch möglich sein wird in der kommenden Saison in der 1. Liga zu spielen, wird sich in den nächsten Wochen herausstellen. Fakt ist aber, dass wir mit den derzeitigen Mitteln nicht in der Lage sind. Mit einem Etat von 28.000 Euro ist selbst die 2. Liga ambitioniert. Wir hatten schon innerhalb des Vorstandes im letzten Jahr darüber diskutiert, ob wir in die zweite Liga gehen. Aber zum damaligen Zeitpunkt war nicht absehbar, vor welchen Herausforderungen wir 2015/2016 stehen würden. Unser Bestreben ist es, auf jeden Fall sportlich die Klasse zu halten und uns wirtschaftlich entsprechend aufzustellen, um in der ersten Liga wieder mitspielen zu können.
Wie sehen die Planungen des Vereins aus? Was kannst du den Fans oder den Nachwuchsspielern über die Zukunft sagen?
Es wird auf alle Fälle Rollstuhlbasketball in Frankfurt geben. Ob dies in der ersten oder zweiten Liga stattfinden wird, muss in den nächsten Wochen geregelt werden. Daher sind alle Aussagen, die ich jetzt treffe, reine Spekulation. Nur eines ist sicher, wir werden als Verein keine Schulden machen oder über unsere Verhältnisse leben. Wir haben hier seit Jahren eine ganz klare Strategie, und natürlich auch eine Verantwortung dem Verein und den Mitgliedern gegenüber.
Mit Lars Lehmann, Sebastian Wolk, Andi Kreß und Maria Kühn haben euch große Stützen der letzten Saison aus privaten und nachvollziehbaren Gründen verlassen. Lars Lehmann hat zu Beginn noch ausgeholfen, dann jedoch erklärt, dass er nicht mehr für die Skywheelers auflaufen wird. Auch Seb Wolk hat euch unterstützt und ward in den letzten Begegnungen nicht mehr gesehen. Hättest du dir ein bisschen mehr Unterstützung von den alten Recken gewünscht?
Ganz klar: Nein! Lars hat mit offenen Karten gespielt und uns von Anfang an gesagt, dass er nur aushelfen will und eine längere Reise unternehmen möchte. Er ist frischgebackener Papa und hat seine Prioritäten auf die Familie gelegt. Das ist für uns absolut nachvollziehbar und legitim. Lars hat in den letzten Jahren immer alles für den Verein gegeben und genauso ist es mit Sebastian Wolk. Auch hier liegt der Schwerpunkt auf der Familie und den beiden Kindern. Er würde sogar gerne helfen, aber eine langwierige Verletzung lässt das leider nicht zu.
Die Flüchtlingskrise hat euch, wie auch die Kollegen in Köln und Zwickau, Planungssicherheit und Hallenzeiten gekostet. Wie stark hat diese Entwicklung die aktuelle Spielzeit beeinflusst?
Ich denke mal, dass es Köln und uns doch härter getroffen hat. Zwickau hatte sofort eine Ersatzhalle in der Trainings- und Spielbetrieb stattfinden konnte. Die Halle ist zwar jetzt für alle mit etwas mehr Weg verbunden, aber man hat zumindest eine Halle. Köln habe ich nur am Rande mitbekommen, aber auch hier war es scheinbar nicht so einfach, den Trainings- und Spielbetrieb zu koordinieren. Uns hat es richtig hart getroffen. Wir mussten mit unseren Habseligkeiten zweimal komplett umziehen. Ferner mussten wir uns einen Schiffscontainer und einen zweiten Hänger organisieren. Wir hatten in Neu-Isenburg Asyl gefunden, um den Trainingsbetrieb aufrecht zu halten, und dafür sind wir der Stadt Neu-Isenburg sehr dankbar. Allerdings ist es schwierig mit Trainingszeiten an Freitagen und Montagen, wenn man am Wochenende ein Bundesligaspiel bestreitet. Unsere Heimspiele mussten verschoben werden. Und wir haben es insgesamt mit vier verschiedenen Sportstätten zu tun. Die Carl-von-Weinberg-Schule ist sehr weit außerhalb der Innenstadt, dadurch konnten unsere Cheerleader nicht mehr zu den Spielen kommen, weil sie alle auf die öffentlichen Verkehrsmittel angewiesen sind. Aber auch für die Zuschauer gab es keine Planungssicherheit. Die große Frage war immer, wann spielen die Skywheelers wo? Dadurch haben immer weniger Leute den Weg zu uns gefunden. Wir haben in dieser Saison dann auch den Verkauf von Eintrittskarten eingestellt. Wir waren froh über jeden, der sich auf den Weg gemacht hat. Die Einnahmen im Catering-Bereich haben sich natürlich massiv reduziert. Also alles nicht unbedingt Faktoren, die uns geholfen haben. Wobei wir großen Wert darauf legen, dass wir hier niemand einen Vorwurf machen. Die Situation ist so wie sie ist, und die Stadt hat sich sehr bemüht, uns zu helfen. Die Kosten durch den Umzug wurden übernommen und auch die Kosten für den Container. Das hätten wir eigenständig auch gar nicht leisten können.
Sebastian Spitznagel hat Malik Zahary nach der letzten Spielzeit an der Seitenlinie abgelöst. Wie fällt dein persönliches Arbeitszeugnis aus?
Dia hat einen sensationellen Job gemacht. Er hat sich für das Team und den Verein aufgeopfert. Er war immer da, wenn Not am Mann war. Ohne ihn hätten wir schon während der Saison die Segel streichen müssen. Auch sportlich hat er das Team immer wieder motiviert und richtig eingestellt. Im Zeugnis wäre es eine 1+ mit Sternchen. Sein Abgang am Ende der Saison tut weh und ist ein weiterer herber Verlust, aber auch hier sind die Gründe mehr als verständlich. Ich persönlich bin ihm sehr dankbar für diesen Einsatz. Aber auch Lisa Gans und Gerald Vogel müssen in diesem Zusammenhang erwähnt werden. Die beiden treten ja mehr so im Hintergrund auf und werden nicht so wahrgenommen. Auch sie haben einen entscheidenden Beitrag geleistet. Lisa hat sich um die Auswärtsfahrten gekümmert und Gerald hat die Spieltage daheim abgewickelt. Wir sind da schon ein tolles Team.
Wie haben sich in deinen Augen die Youngster, wie z. B. die Diedrich-Zwillinge, geschlagen und entwickelt?
Tim und Sven haben extreme Fortschritte unter Dias Fittichen gemacht. Sie sind robuste junge Männer geworden, die auf dem Platz eine Präsenz haben und um jeden Ball kämpfen. Des Weiteren arbeiten sie auch hart an sich selbst. Sie hatten auch schon unter Malik immer mal Verantwortung bekommen und haben sich dort auch schon gut geschlagen, aber in dieser Saison hat es Klick gemacht. Es macht viel Spaß ihnen zuzusehen. Aber auch Chris Spitz hat sich sehr gut ins Team eingebracht und hat einen hohen Anspruch an sich und seine Leistung. Da kann schon etwas Tolles nachwachsen, wenn man sie weiter fördert und fordert.
Hand aufs Herz: Was hättest du vor bzw. in dieser Saison anders oder besser machen können?
Man kann immer vieles besser machen oder anders. Das Problem in dieser Saison war, dass wir vom Agieren zum Reagieren übergehen mussten. Sportlich hat die Verletzung von Marina Mohnen uns schon gleich negativ überrascht. Wenn man so eine tolle Sportlerin für sein Team gewinnen kann, dann ist das natürlich eine Bank. Leider hat Marina noch kein einziges Pflichtspiel im Trikot der Skywheelers absolvieren können. Aber auch organisatorisch wurde es dann ab dem 2. September extrem schwierig. Man kann sich nicht vorstellen, wie viele Meetings, Briefe, E-Mails, Telefonate und Meetings notwendig sind, um in unserer Situation den Trainings- und Spielbetrieb zu gewährleisten. Wir sind hier auch den Teams, wie Trier und Kaiserslautern dankbar, dass sie uns bei der Verlegung der Spieltage so unterstützt haben. Das ist auch nicht selbstverständlich. Was klar ist, wir brauchen mehr Unterstützung, auch bei der Organisation. Aber es ist auch nicht leicht, Menschen zu finden, die sich ehrenamtlich einbringen wollen und können und sich nicht von der Masse der Arbeit abschrecken lassen. Wir sind nicht der RSV Lahn-Dill oder Thüringen, die sich Ihre professionellen Strukturen hart erarbeitet haben, aber auch davon profitieren, dass es in den Regionen auch nicht so viel Konkurrenz gibt. In Frankfurt gibt es Fußball, Fußball und nochmal Fußball, dann kommt lange nichts und dann kommt Frauenfußball. Basketball, Eishockey und American Football spielt dann auch noch eine Rolle. Diese Sportarten finden maßgeblich in der Presse und in der Öffentlichkeit statt. Uns ist es nicht gelungen, uns hier zu positionieren, weder bei den Zuschauern, noch bei potentiellen Sponsoren und das trotz Großevents wie die Eurobasketball 2013 oder dem World Super Cup. Das ist traurig, aber so ticken die Uhren in einer Großstadt wie Frankfurt.
Interview: Martin Schenk / Foto: Harald Appel