Deutschlands Jahrhundert-Rollstuhlbasketballer ist – mit kurzen Unterbrechungen – ein Trierer. Doch zu einem Titel hat es für Dirk Passiwan mit seinen Goldmann Dolphins noch nie gereicht. Doch allmählich kommen die Trierer Rollstuhlbasketballer ihrem heimlichen Traum näher. Das Erfolgsrezept ist eine konstant gute Personalpolitik und die Qualität ihres Leaders und Spielertrainers, der paradoxerweise dann am stärksten ist, wenn er nun moderat punktet.
Man muss fast den Eindruck gewinnen, dass Dirk Passiwan mit mittlerweile 38 Jahren ein wenig müde geworden ist. Nur noch 27,7 Punkte markiert der oft stille und grüblerische Kapitän der deutschen Nationalmannschaft in der laufenden Runde. Vor wenigen Jahren waren es oft über 40 Zähler – im Schnitt, versteht sich. Das spannende daran ist: Damit geht ein kleiner Traum für den Spielmacher, Trainer und Go-To-Guy in Erfüllung, denn endlich trägt Passiwan nicht mehr alle offensive Last des Spiels alleine und ist in der Summe aus Punkten, Assists und den Freiräumen, die er mit seiner Präsenz auf dem Feld für andere erzeugt, viel gefährlicher als je zuvor.
Das Delfin-Ensemble um Passiwan herum ist in der zweiten Saison in Folge fast unverändert und harmoniert. Mit Neuzugang Marc van de Kuilen ist die Mannschaft größer und direkt am Korb präsenter geworden – das war ein wichtiger Schritt, weil Passiwan mit 4,5 Klassifizierungspunkten viel lieber aus der Mitteldistanz agiert und Trier bislang ein echter Center fehlte. Van de Kuilen bringt als relativer Frischling zwar wenig Routine, dafür aber Kampfgeist und Fleiß eines Senkrechtstarters in der Szene mit.
Starke Delfin-Frauen
Der zweite Faktor sind Triers Spielerinnen: Janet McLachlan ist eine der wenigen Frauen, die in Männerteams fast positionstreu spielen können. Abzüglich des Bonus nimmt sie als Power Forward nur drei Klassifizierungspunkte der Teamsumme in Anspruch. Ihr Distanzwurf und ihr Finish am Brett sucht im Damenbereich ihresgleichen und im Rebounding gehört sie selbst in gemischten Teams zur Weltspitze. Die zweite im Bunde, Diana Dadzite, haderte lange mit dem immer noch ungewissen Ausgang ihres Klassifizierungsverfahrens. Dabei ist die Lettin auch gegenwärtig mit ihrem hervorragenden Wurf, aber vor allem ihrem guten Auge und exakten Pässen die wichtigste Stütze im Backcourt.
Bissig und schnell präsentieren sich die Dolphins auf den Flügelpositionen – Karlis Podnieks und Tyler Saunders sind zwei der athletischten Sprinter der RBBL, und auch wenn beide angesichts der Offensivpower des Teams gerne übersehen werden, stehen in der Addition beider fast elf Zähler pro Spiel, die auf Triers stärkste Transitionwaffen gehen.
Die Mischung ist so gut wie lange nicht mehr
Das vielleicht wichtigste Puzzlestein im Dolphins-Ensemble ist der “RBBL-Bart des Jahres”, Chad Jassman. Vielen fiel der kleine Regisseur und Paralympics-Sieger möglicherweise erst am 16. Spieltag durch seine spektakuläre Bartmode so richtig auf. Doch “Jazzy” Jassman ist deutlich mehr als ein Clown auf dem Spielfeld: Harter, unnachgiebiger Verteidiger, schneller und aggressiver Angreifer, starker Passer und Werfer sowie disziplinierter Teamspieler.
Die Mischung des spielenden Personals, die Erfahrung und spielerische Qualität – die Rahmenbedingungen für die Goldmann Dolphins sind im DRS-Pokal so gut wie lange nicht mehr. Die stärksten Konkurrenten schalten sich zudem im zweiten Turnierstrang gegenseitig aus. Die Moselaner müssen “lediglich” ihren Weg zu Ende gehen, dann böte sich im Pokalfinale die große Chance, dem “Ungekrönten” doch endlich das ersehnte Edelmetall zu beschaffen.
Fazit:
Gelingt es Trier, das Spiel zu diktieren, sind die Dolphins durch ihre offensive Feuerkraft für jedes Team der Liga eine Gefahr: Wer sich auf ein Wettschießen einlässt, geht ein hohes Risiko ein. Spiele gegen Trier werden durch starke Defense gewonnen.
Text: Daniel Stange