Wer A sagt, muss auch B sagen. Sprich, wer den Damen-Bundestrainer interviewt, muss folglich auch den Nationalcoach der Herren auf sein virtuelles Sofa bitten. Gesagt getan. Hier kommt Cassandras Plausch mit Nicolai Zeltinger, der sich extra Zeit genommen hat, um die Fragen unserer Selfie-Queen in aller Ausführlichkeit zu beantworten.
Was sind die Aufgaben eines Bundestrainers übers ganze Jahr?
Nach der Nationalmannschafts-Saison beginnt die Analyse und Aufarbeitung zusammen mit meinem Stab. Im letzten Jahr haben wir uns Ende November, Anfang Dezember mit den Nationalspielern getroffen und konnten uns mit ihnen als Team austauschen. Gleichzeitig haben wir unser erstes Trainingslager absolviert. Im Januar folgten bekanntermaßen das erste und an Ostern das zweite Selection Camp. Noch vor Beginn der WM standen schon die organisatorische Planung der EM-Vorbereitung an. Hier gilt es die richtigen Impulse in puncto Trainingslager und Testspiele zu setzen. Diese Planung zieht sich dennoch meistens sehr lange hin, da einige Turnier-Anfragen erst sehr spät eingehen. Aber da haben wir mittlerweile viel Erfahrung gesammelt. Seit Rio 2016 haben wir einen eigenen Stab für Athletik und so begleiten wir unsere Athleten auch während der Bundesligasaison mit Trainingsplänen. Diese gilt es zu kontrollieren und Rückmeldungen zu geben. Aber unsere Athletiktrainer arbeiten hier sehr selbständig und sind mit den Trainern vor Ort in Kontakt.
Wie behältst du die Nationalspieler im Auge?
Natürlich beobachte ich unsere Spieler, die ja erfreulicher Weise alle in der Bundesliga spielen, regelmäßig. Dies mache ich immer sehr gerne in der Halle, aber auch viel per Video-Fernanalyse. Gleichzeitig müssen wir uns natürlich über die generellen Entwicklungen im Rollstuhlbasketball auf dem Laufenden halten. Unser Sport ist immer noch so jung und es gibt so viel interessante Entwicklungen. Davon etliche in Deutschland, aber eben nicht nur hier.
Was machst du noch?
Nun, ich bin ja beim DBS übergeordnet für die anderen deutschen Rollstuhlbasketball-Nationalmannschaften verantwortlich. Erfreulicherweise haben wir richtig gute Bundestrainer und sehr engagierte Manager. Trotzdem gibt es konzeptionelle Arbeiten, die anfallen, aber auch Themen wie Antidoping, Athletenförderung oder Anforderungen aus dem medizinischen Bereich, die ich bearbeiten darf oder muss. Wir haben vier mischfinanzierte PTS-Trainerstellen (PTS = Paralympischer Trainingsstützpunkt, Anm. d. Red.), die in gewissen Bereichen ebenfalls in meinen Tätigkeitsbereich fallen. Und wenn wir im Zuge unseres Interviews auch auf die DBS-Landesverbände zu sprechen kommen, dann gibt es weitere Aufgabenbereiche, die zum DRS gehören.
Die da wären?
Also, die Landesverbände sind für den Leistungssport im Nachwuchsbereich verantwortlich. Wir versuchen seitens des DRS gute Kooperationen und eine gute Partnerschaft mit den DBS-Landesverbänden zu halten. Das ist für die Zukunft in Deutschland sehr wichtig.
Und dann gibt es noch den Fachbereich Rollstuhlbasketball im DRS, oder?
Das ist richtig. Im DRS-Fachbereich Rollstuhlbasketball bin ich der Leiter der Kommission Leistungssport. Neben Themen wie der Ausschreibung, der Vergabe sowie der Durchführung der Deutschen Meisterschaft der Junioren oder des TOP4-Turniers, fällt hier einiges an. Aber auch dort habe ich starke Mitstreiter, wie z. B. Thorsten Schmidt, um nur nur mal einen zu nennen. Ebenfalls engagiere ich mich im Vorstand des Fachbereich Rollstuhlbasketball, um unseren Sport in Deutschland noch weiter mit zu entwickeln. Ferner hinaus bin ich Mitglied der Kommission Lehre, die ja ebenfalls gerade mit Mareike Miller und Moritz Weith am Durchstarten ist.
Das ist ja ein einiges.
Um ehrlich zu sein, Cassandra, könnte ich noch weiter berichten. Dies würde aber den Rahmen sprengen und weitere Seite füllen.
Den Rahmen will ich natürlich nicht sprengen. Nach welchen Kriterien wurde eigentlich der Kader für die kommende Europameisterschaft in Polen ausgesucht?
Es ist natürlich klar, dass wir mit unserem Trainer- und Betreuerstab das leistungsstärkste Team für Polen ausgesucht haben. Der Druck ist dieses Jahr besonders groß, denn es gibt nur vier Qualifikationsplätze für Tokyo 2020, aber sicherlich sieben bis acht Teams, die diese Plätze einnehmen können. Die Spieler haben im Januar eine Präsentation gezeigt bekommen, die über unsere Erwartungshaltung aufgeklärt hat und Hinweise gibt, nach welchen Kriterien wir sie beurteilen werden. Klar, testen wir auf basketballerische Fertigkeiten, das taktische Verständnis, die Entscheidungsfindung auf dem Feld. Ebenso wichtig waren uns die Athletik sowie die Softskills.
Wie bereitest Du dich auf die Europameisterschaft in Polen vor?
Wir haben zwölf Maßnahmen mit einigen Testspielen auf dem Weg nach Polen. Dieses Jahre werden wir ein verlängertes 10-tägiges Trainingslager 10 Tage mit einbauen.
Wann hast Du mal Freizeit und wie verbringt Du sie?
Das ist eine gute Frage. Es ist sicherlich fünf Wochen her, dass ich aufgestanden bin uns sagen konnte, dass ich heute nicht arbeiten muss. Wenn möglich, versuche ich viel Zeit mit meiner Familie zu verbringen, mit meinen Töchtern Emelie und Kaylie und meiner Partnerin Janet.
Nicolai, vielen Dank für deine Zeit und die ausführliche Beantwortung meiner Fragen.
Interview & Foto: Cassandra Rüger