Wenn ihr mich – nach sieben erschienenen Artikeln – fragen würdet, ob es so etwas wie einen Plan oder eine Abfolge für eine (noch) erfolgreichere Vereinsarbeit gibt, dann würde ich euch sechs Schritte empfehlen, die ihr in eurer nächsten Vorstands- oder Abteilungssitzung diskutieren bzw. angehen solltet. Eine Abkürzung respektive den Erfolg über Nacht gibt es nicht. Es wird weder ein berittener Prinz bei eurer nächsten Vorstandssitzung vorbeigetrabt kommen, noch wird euch eine Fee im rosa Kleidchen mit Sternenstaub bestreuen. Vor den Erfolg bzw. die 85 Prozent Freiwurfquote hat der liebe Gott die Arbeit, das Training und das Anpacken gestellt.
1. Das Wollen
Ihr müsst ehrlich und aufrichtig zu euch selbst sein: Seid ihr bereit, den Status quo infrage zu stellen? Wollt ihr eure Vereinsarbeit auf bessere und professionellere Füße stellen? Seid ihr von Herzen entschlossen, an der aktuellen Situation etwas zu ändern? Schaut euch in die Augen, benehmt euch wie Erwachsene und fasst einen Beschluss: „Ja, wir wollen!“ Alles andere bringt nichts. Es verhält sich wie mit den Neujahrswünschen. Am 1. Januar brüllen alle laut „Chaka-Chaka!“, und nach vier Wochen hält’s der Ambitionierte mit Konrad Adenauer: „Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern.“ Nehmt euch gegenseitig und untereinander in die Pflicht. Entwickelt einen positiven Gruppenzwang. Legt im Voraus feste Besprechungstermine fest. Verschickt eine Tagesordnung. Schreibt ein Kurzprotokoll. Schafft Verbindlichkeit und setzt euch selbst durch die Kommunikation des Veränderungswillens gegenüber Dritten unter Handlungsdruck, zum Beispiel auf der Abteilungsversammlung.
2. Die Antreiber
Fünf bis maximal sieben Menschen sollten sich verbünden und zusammenschließen, um das Wirken des Klubs aufs nächste Level zu heben. Wie auch auf dem Court macht es die Mischung der Mannschaft. Fünf Power Forwards mögen sich gut verstehen, werden beim Ballvortrag aber das eine oder andere Problemchen haben. Genauso verhält es sich im Vorstand. Fünf Kreative, fünf Performer oder fünf Bewahrer werden nur bedingt reüssieren. Stellt eine Mannschaft zusammen, die alle menschlichen Facetten abdeckt – zum Beispiel: der ewige Bedenkenträger, der Visionär und Chefstratege, die positiv verrückte Kreative, der ordnungsbewusste Sicherheitsbeauftragte und die freche Jugendspielerin. Diversity rules! Bitte wertet die Aussagen und Meinungen eurer Mitstreiter nicht während eurer Zusammenkünfte. Ein Punkt, der mir immer wieder begegnet, ist das vermeintliche Problem mit „den Alten“. Die Damen und Herren, die die Jungen mit Geschichten von damals nerven, ständig Bedenken äußern und dies mit einer Prise „Das haben wir anno Tobak schon probiert, das hat nicht funktioniert“ garnieren. Ihr habt zwei Optionen – das Negative oder das Positive zu sehen. Meinen Tipp kennt ihr vermutlich schon: Bindet diese Menschen aktiv ein. Sie haben wertvolle Erfahrung gesammelt. Hört ihnen zu. All dies heißt nicht, dass ihr ihrer Meinung sein müsst. Respektiert diese aber. Lernt aus Fehlern der Vergangenheit. Zeigt Wertschätzung. Macht alle zu Verbündeten in der Sache.
3. Die Wertewelt
All die genannten Antreiber und Ehrenamtler im Basketballverein haben eines gemeinsam – und zwar die Werte, die sie verbinden. Fragt euch in einer ruhigen Minute: Warum engagieren wir uns im Verein? Was gibt mir bzw. uns Sinn? Was macht uns einzigartig? Was treibt mich in meinem tiefsten Inneren an? Notiert die Antworten. Findet den gemeinsamen DNA-Strang. Stelle ich diese Fragen in meinen Beratungen, bekomme ich in den meisten Fällen zu hören, dass Menschen etwas zurückgeben wollen. Eine Art Reziprozitätsprinzip der Klubwelt. „Mir hat der Sport (in meiner Kindheit und Jugend) viel gegeben“, „Meine damalige Trainerin hat ihre Zeit für uns geopfert“ oder „Ich möchte den Kids etwas mit bzw. zurückgeben“. Führt euch diese gemeinsamen Werte und den Sinn eurer ehrenamtlichen Arbeit immer wieder (gegenseitig) vor Augen. Sie bilden den Fist-Bump und den Huddle, der euch zusammenhält.
4. Der Fixpunkt
Welche außergewöhnliche und bedeutsame Geschichte wollt ihr in zehn oder 20 Jahren über euren Verein erzählen? Wo werden (und nicht „wollen“) wir als Verein in fünf Jahren strukturell und sportlich stehen? Wie in einer meiner vorherigen Kolumnen beschrieben, möchte ich keine Diskussion darüber führen, ob Ziele, Strategien, Mission und Vision sich gegenseitig bedingen oder das eine auf dem anderen aufbaut. Mir geht es darum, dass der Klub ins Handeln kommt. Es gibt keinen besseren „Kraftbündler“ als ein gemeinsamer Fixpunkt. Ein Brennglas, das die Energie aller zusammenführt. Das Gute: Ihr könnt euch immer wieder auf dieses gemeinsame Ziel berufen und euch hinterfragen: Zahlt das, was wir hier gerade machen oder diskutieren, auf unser Ziel ein? Fokussierung heißt das Zauberwort. „Ja, aber“ – ich höre es schon wieder: „Wir müssen doch auch andere Aufgaben machen.“ Das operative Tagesgeschäft. Bla, bla. Ihr könnt es wie nahezu alle machen und euch immer und immer wieder hinter der Ausrede Tagesgeschäft verstecken – oder ihr fangt endlich an, euer Denken und euer Handeln zu verändern! Fragt euch beim nächsten Gang unter die Dusche: Wenn ich die nächsten zwei, drei Jahre im Verein so weitermache wie bisher, was werde ich dann für mich und den Klub erreicht haben? Willst du weiter verwalten bzw. das Beatmungsgerät deines Klubs sein? Oder möchtest du Erfolge feiern und zum Defibrillator des Vereins werden, der das Herz wieder kräftig zum Schlagen bringt? Du hast die Wahl.
5. Die Mittel
Was und wen benötigt ihr, um eure Ziele bzw. euren Fixpunkt zu erreichen? Bitte begebt euch auf eine grüne Wiese. Schreibt euch eine Wunschliste an Ehrenamtlern, Sach- und Finanzmitteln zusammen, die ihr benötigt, um euer Ziel zu erreichen. Denkt dabei nicht an die Umsetzbarkeit und die Folgeschritte. Die Realisierung steht auf einem ganz anderen Blatt. Schlimmer noch: Die Gedanken an die nächsten Schritte blockieren euer Denken und bedienen alte Glaubenssätze. Beispiele gefällig? „Es machen bei uns immer dieselben die Arbeit“, „Bevor ich das jemandem erklärt habe, mache ich es lieber selbst“, „Wegen Corona werden wir keine Sponsoren finden“, „Wir haben so schon genug zu tun, wie sollen wir das noch hinbekommen?“ Mal eine Frage an den Mini-Trainer in euch: Sagt ihr einem Kind, das immerfort auf den Korb wirft und diesen nicht trifft, dass es zu klein ist oder der Korb zu hoch hängt? Oder findet ihr Mittel und Wege, das Kind zu ermutigen, zu unterstützen und zu einem Erfolgserlebnis zu kommen? Weckt das Kind in euch – und nicht den an Glaubenssätzen haftenden Erwachsenen.
6. Die Maßnahmen
Wie beschaffen wir Mittel und initiieren Maßnahmen, die notwendig sind, um unsere Ziele zu erreichen, die uns Sinn geben? Oder: Wo Energie hinfließt, kommt Energie zurück. Wer sich den ganzen Tag hinter Mannschaftsmeldungen, Kampfgericht- und Schiedsrichter-Einsatzplanungen versteckt, wird keine Kraft haben, den Verein zu entwickeln und Ziele zu erreichen. Ihr müsst verdammt noch mal aufhören, euren „Vereinsbaum“ immer wieder mit einer stumpfen Axt zu bearbeiten. Haltet inne. Schärft die Axt und schlagt mit einem geschliffenen Instrument mit wesentlich weniger Kraftaufwand zu. Wenn Vereine die „Beschwerde- und Lamentierzeit“ in „Lösungsfindungszeit“ ummünzen würden, wären viele Klubs schon viel weiter.
Mein Appell an euch zum Ende meiner Kolumnen-Serie: Nutzt die kostenfreie Engagementberatung des DBB („Engagier dich!“). Das Einzige, das ihr investieren müsst, ist das Wertvollste, das ihr besitzt: eure Lebenszeit. Und wie überall im Leben gibt es nur einen, der über diese Zeit entscheidet: dich selbst!
Text: Martin Schenk – erschienen in BIG-Ausgabe #109 | Foto: Uli Gasper