Wenn Enthusiasmus und Ehrgeiz zusammenkommen

Sie müsse noch viel Erfahrung sammeln, sagte man Doris Korsman, als sie verkündete, bei internationalen Spielen als Schiedsrichterin mitmischen zu wollen. Das werde sie machen, antwortete sie kurzerhand. Heute ist sie auf dem besten Weg dahin.

Im März 2018 reiste Doris Korsman ins italienische Padua, um die Lizenz abzulegen, die ihr erlauben würde, internationale Spiele zu pfeifen. Kaum angekommen ging sie gleich in die Basketballhalle. „Ich hatte so lange darauf hingearbeitet“, erinnert sie sich heute, „und dann war da plötzlich dieses eine Wochenende, an dem entschieden wurde, ob der Traum in Erfüllung geht oder nicht.“ Der Blick in die Halle, in der am nächsten Tag ein Spiel stattfinden würde, bereitete ihr Gänsehaut.

Nach dem ersten Abend ging alles ganz schnell: Korsman absolvierte einen Ausdauertest, beantwortete schriftlich Fragen zu Spielregeln und pfiff ein Spiel – mit Erfolg. Seit diesem Wochenende darf sie als Schiedsrichterin international tätig sein.

Mit dem Pfeifen ins kalte Wasser gesprungen

Einen anderen Sport als Basketball gab es für sie nie. Ihr Vater war als Spieler, Schiedsrichter und Coach beim Fußgänger-Basketball dabei, Doris kam als Kind immer mit. Auch wenn zuerst das Spielen im Vordergrund stand, reichte es ihr bald nicht mehr aus: Mit zwölf Jahren pfiff sie das erste Mal ein Spiel. „Das Pfeifen war ein Hobby, das außer Kontrolle geriet“, sagt sie heute lachend. Rollstuhlbasketball faszinierte sie schon damals: „Das Spiel ist wahnsinnig schnell und sehr taktisch“, findet sie. „Außerdem ist die Atmosphäre toll. Die Szene ist wie eine große Familie.“

Nach ihrem Studium zog Korsman in die Niederlande. Als deren Frauenteam 2012 bei den Paralympics in London Bronze holte, war sie begeistert. Kurze Zeit später fragte sie bei einem Verein vor Ort nach, ob sie ein Spiel pfeifen dürfe. „Die hörten, dass ich vorher schon bei den Fußgängern gepfiffen hatte, und warfen mich spontan ins kalte Wasser“, sagt sie schmunzelnd.

Der Sprung ins Unbekannte klappte gut. Seitdem sie ihre internationale Lizenz erworben hat, war Korsman viel unterwegs: im spanischen Badajoz zum Beispiel, um die letzte Runde der EuroLeague 3 zu pfeifen und im französischen Bordeaux für die U24-EM der Damen – nur zwei von vielen Highlights aus dem Jahr 2018. Auch bei der Damen-EM 2019 in Rotterdam war sie dabei.

Paralympics 2024: Nach ganz oben pfeifen

„Ich liebe es im Hintergrund zu stehen und dafür zu sorgen, dass die Spieler und Zuschauer zufrieden aus dem Spiel herausgehen“, sagt die 40-Jährige über ihre Leidenschaft. „Mir gibt es einen riesigen Kick, eine so große Show nicht nur zu sehen, sondern auch daran mitzuwirken.“ Wenn sie über das Pfeifen im Rollstuhlbasketball spricht, sprudelt sie nur so vor Überzeugung und Begeisterung für den Sport.

In ihren Enthusiasmus mischt sich eine gewaltige Portion Ehrgeiz: Ihr großes Ziel ist, 2024 bei den Paralympics in Paris zu pfeifen. Seit September letzten Jahres arbeitet sie gezielt darauf hin: „Ich brauche große Ziele und erarbeite sie mir dann Etappe für Etappe“, unterstreicht Doris ihre Pläne. Um sich herum hat sie ein Team aus Sportmasseur, Ernährungsberater und mehr aufgebaut, trainiert mit ihrem persönlichen Trainer viel im Fitnessstudio, hat gerade erst Yoga als Zusatztraining für sich entdeckt. Zuhause schaut sie sich regelmäßig Spiele an, die sie oder ihre Vorbilder gepfiffen haben und lässt sich von befreundeten Schiedsrichtern und Trainern Feedback geben. „Einmal Leistungssportlerin, immer Leistungssportlerin“ – das ist ihr Motto auf dem Weg nach ganz oben.

 

Infobox

Name: Doris Korsman

Alter: 40

Sternzeichen: Skorpion

Wohnort: Alkmaar, Niederlande

Hobbys: Pfeifen, Crossfit und Reisen

Lieblingsausdruck auf Deutsch: Null Problemo!

Lieblingsspruch auf Niederländisch: Maak geen fluis aus („Macht mir nichts!“)

Was ich am meisten aus Deutschland vermisse: Christkindlmarkt

 

Text: Marie Menke | Foto: Steffie Wunderl

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