Kommentar: Massives Glaubwürdigkeitsproblem

 

Die RBBL und der Rollstuhlbasketball in Deutschland haben ein echtes Problem. Kein kleines, kein großes, sondern ein massives. Der Rückzug des USC München aus der 1. RBBL ist der finale Akt eines repetitiven Theaterstücks. Dabei handelt es sich jedoch keineswegs um eine lustige Aufführung des Ohnsorg-Theaters, sondern eher um ein echtes Drama in mehreren Akten ohne Happy End. Finanzielle Probleme in Zwickau, der Rückzug der Rolling Devils, der Abgang Thomas Henkels als RBBL-Chef, eine 2. RBBL (Süd), die 2016/2017 mit sechs Teams startete oder etliche Mannschaften, die nicht in die 1. oder 2. RBBL aufsteigen wollen. Hier stimmt etwas nicht, und zwar gewaltig. Ich will im Moment gar nicht über die Rückzugsgründe und den Zeitpunkt der USC-Absage spekulieren. Dazu müsste ich bei den Verantwortlichen nachfassen. Fakt ist, dass der Rollstuhlbasketball und die Liga ein echtes Glaubwürdigkeitsproblem haben. Wie kann einem neutralen Dritten oder einem Klubsponsor solch ein Gemurkse und Rumgeiere noch offen und ehrlich verkauft werden? Nein, liebe RBBL-Klubs und lieber DRS, die Zeit sich aus der Verantwortung zu stehlen, ist endgültig vorbei. Zwar kann jetzt auf den USC München gezeigt werden, was aber nicht das grundlegende Problem dieser Liga löst. Denn wer mit dem Finger auf andere zeigt, sollte nicht vergessen, dass dabei mindestens drei Finger auf einen selbst gerichtet sind.

Ich kann mich nur wiederholen: In der RBBL existiert zum jetzigen Zeitpunkt keine erkennbare Führung, keine für Fans und Interessierte sichtbare Strukturdebatte, die in handfeste Beschlüsse und Ergebnisse mündet, keine kommunizierten Ziele, keine (schnelle) Beschlussfähigkeit und keiner, der in der Verantwortung steht. Die RBBL ist aktuell immer noch ein Hort des fröhlichen Zusammenkommens von Oktober bis in den Frühling des nächsten Jahres. Ein netter Stammtisch. Man(n) kennt sich und schätzt sich (zum Großteil).  Was auch okay ist. Aber wer trägt für was die Verantwortung, aus der sich jetzt alle stehlen können? Das Schiff RBBL wird entweder havarieren, weiter vor sich hindümpeln – oder die Liga bestimmt endlich mal einen Kapitän, eine Mannschaft und einen Kurs.

Aus der Causa Kaiserslautern und den vielen Indizien und Ereignisse der letzten Monate haben die RBBL-Vereine viel zu lange keine richtigen Schlüsse gezogen. Statt sich schnellstmöglich zusammenzuraufen und zusammenzusetzen, wurde auf die nächste beschlussfähige Versammlung gewartet. Ergebnisse? Wurden die Strafen für einen verspäteten Rückzug massiv erhöht? Wurde das Zusammenspiel resp. Konstrukt zwischen Liga und DRS vereinfacht bzw. verbessert? Zwar war hier und da nach der Bundesligaversammlung zu hören, dass es in die richtige Richtung geht, die Zusammenkunft gut war und eine Geschäftsordnung beschlossen werden soll, aber wie heißt es so schön: Das Gegenteil von gut ist gut gemeint. Was, liebe Klubs, muss denn noch passieren, dass es endlich eine handlungs- und beschlussfähige Liga gibt? Eine Liga, die agieren kann und nicht reagieren muss. Und nicht nur die Vereine haben ein Problem, die ihren Fans und Sponsoren neun Heimspiele verkauft haben, sondern auch der Sport. Und damit ein Stück weit auch die WM im eigenen Land. Ein Event, das auf der (angeblich) stärksten Liga der Welt fußt.

Eines der Hauptprobleme, und zwar dass die Arbeit in den Klubs auf einer oder wenigen Schulter lastet, ist doch schon ewig bekannt. Es nützt jedoch nichts, dieses Problem immer und immer wieder breit zu treten und auf die Kluft zwischen den Großen und Kleinen der Liga hinzuweisen. Das lässt in den Fans doch eher den Gedanken aufkeimen, dass alle die Krankheitssymptone kennen, aber die Erreger nicht behandelt werden bzw. die Klubs den gemeinsamen Gang zum Arzt vermeiden.  Wenn es den vermeintlich Großen nicht gelingt, die Sorgen der Kleine zu verstehen und die Kleinen nicht kapieren, dass sie sich bewegen und strecken müssen, um den Sport, sich und die Liga zu professionalisieren, wird sich der Rollstuhlbasketball nicht entwickeln. Schlimmer noch: Er wird sich zurückentwickeln bzw. degenerieren.

Liebe Manager, Macher und Klub-Kapitäne, es ist nicht fünf vor zwölf, es ist bereits halb eins. Die Entscheidung und Verantwortung liegt bei euch (allen): havarieren und untergehen, als RBBL-Geisterschiff umher schippern oder endlich die Segel hissen, den Kapitän einsetzen, die Crew anheuern und die Seekarte nebst Reiseziel auspacken. Ahoi, RBBL!

Kommentar: Martin Schenk

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