In Köln fliegen die Funken – und das nicht nur an Karneval: Die 99ers im Aufwind

In Köln fliegen die Funken – und das nicht nur an Karneval. Die 99ers des RBC Köln gehören gemeinsam mit weiteren Teams zum breiten Mittelfeld der Rollstuhlbasketball-Bundesliga (RBBL) – und haben noch alle Chancen auf das Erreichen der Playoffs. Rollt.-Redakteur Sven Labenz sprach mit Sedat Oezbicerler, Spieler und Manager der Domstädter. Über die Zukunft, den Rollstuhlbasketball und die rheinische Nähe zu Holland.

 

 

Das Team der RBC Köln 99ers

Das Team der RBC Köln 99ers

Sedat, am vergangenen Wochenende war der RSV Lahn-Dill in Köln zu Gast. Ein Vorbildverein für euch?
Ja und Nein (lacht). Lahn-Dill dürfte wohl für viele Vereine eine Vorbildfunktion haben. Ich denke, dass die Verantwortlichen dort eine tolle Arbeit machen und zur richtigen Zeit am richtigen Ort die richtigen Leute zusammengefunden haben. In Bezug auf die Erfolge im Leistungssportbereich ist Lahn-Dill sicher ein Vorbild für uns, allerding liegt in unserem Verein der Fokus neben dem Leistungs- auch auf dem Breitensport. Dieser Aspekt der Nachwuchsarbeit war uns schon von Anfang an sehr wichtig.

Wir haben in Köln vor knapp 10 Jahren angefangen, die Abteilung Basketball im RSC Köln weiter zu entwickeln. Damals hatten wir ein Team im Ligabetrieb. Nachdem wir den ersten Aufstieg in die nächst höhere Liga geschafft hatten, kamen auch schon neue Leute dazu, so dass wir schnell eine weitere Mannschaft in den Ligabetrieb schicken konnten. Mit jedem Aufstieg der 1. Mannschaft kamen wieder neue Leute nach Köln und wollten hier bei uns spielen. Als wir in der 1. RBBL angekommen waren, haben wir uns seinerzeit mit Andreas Joneck in Köln getroffen und er hat uns wertvolle Tipps mit auf den Weg gegeben. Unsere Philosophie war aber damals schon, dass wir jedem, der gerne spielen möchte, auch die Möglichkeit einräumen wollten, auf seinem persönlichen Level starten zu können. Irgendwann waren wir sogar bei 5 Teams und in jeder Liga, die wir hier in NRW bespielen dürfen, vertreten. Unser Fokus konzentrierte sich also nie ausschließlich auf die 1. Mannschaft – auch wenn klar ist, dass die 1. Mannschaft immer auch das Zugpferd des Vereins war und ist. Das bedeutet aber auch, dass unsere finanziellen Ressourcen auf mehrere Teams verteilt sind.

Mit der Gründung des RollstuhlBasketballClub Köln 99ers, haben wir einen großen Schritt in Richtung Professionalisierung gemacht. Aber die Ausgangslage in einer Großstadt wie Köln ist einfach eine total andere, wie in einer kleineren Stadt. Es ist ein Trugschluss zu denken, dass in einer Millionenstadt ja auch mehr Möglichkeiten bestehen, um auf sich aufmerksam machen zu können. Es ist eher umgekehrt.

 

Du hast ja bereits berichtet, dass sich in Köln einiges bewegt. Neue Homepage, interessanter Spielerkader und ein sehr familiäres Umfeld. Wohin geht der Weg der 99ers mittel- und langfristig?
Eines unserer Ziele ist auf jeden Fall, uns im Kreis der PlayOff Kandidaten zu etablieren und in einem weiteren Schritt auch ein ernst zu nehmender Gegner (über 40 Minuten 😉 ) für Lahn-Dill zu werden. Wir möchten unsere Nachwuchsarbeit weiterführen und weitere Teams im Breitensport und eine Kinder- und Jugendabteilung aufbauen. Uns ist die Entscheidung im letzten Frühjahr nicht leicht gefallen, die 2.Bundesligamannschaft zurückzuziehen. Aber zum Zeitpunkt der Meldefrist, war es die einzige verantwortungsvolle Entscheidung, die wir treffen mussten. Dass unser Nachwuchs in den umliegenden Vereinen mit Kusshand aufgenommen wird, ist für uns einerseits „schmerzhaft“ anderseits eine Auszeichnung.

Die letzten Jahre haben aber auch gezeigt, dass wir unsere Ziele nur erreichen können, wenn wir unsere Strukturen im Management von Ehrenamtlichkeit in Hauptamtlichkeit ändern. Daran arbeiten wir im Moment auch vorrangig. Alles andere läßt sich dann weiter Auf- und Ausbauen.

 

In Köln fliegen ja bekanntlich die Funken, nicht nur an Karneval. Was zeichnet euer Spiel denn in dieser Saison aus?
Auf jeden Fall sind wir flotter denn je unterwegs ;-). Der Kader hat einfach mit unseren Neuzugängen deutlich an Qualität zugenommen und wir sind auf mehreren Positionen gefährlicher geworden. Wir können viel variabler spielen und sind für den Gegner nicht mehr so leicht ausrechenbar. Es macht natürlich auch deutlich mehr Spaß, in einer starken Liga – insbesondere das Mittelfeld der derzeitigen Liga ist ausgeglichen wie nie zuvor- mithalten zu können.

 

Ein niederländisches Trio hat sich den 99ers in dieser Saison angeschlossen. Spielt euch da die geografische Nähe zu Holland in die Karten?
Die Nähe zu den Niederlanden hat natürlich den Vorteil, dass wir unseren Spielern keine Wohnungen finanzieren müssen. Dies können wir uns leider zur Zeit auch nicht leisten. Die Geografie schadet uns also sicher nicht, aber das alleine wäre auf Dauer wohl nicht ausreichend, um gute Leute zu bekommen. Wir unterhalten zu verschiedenen Verbänden beste Kontakte. Unsere Arbeit wird von den Spielern geschätzt. Die Tatsache, dass wir Sportler wie Patrick Anderson in unseren Reihen hatten und wir zu vielen unsrer ehemaligen Spieler immer noch in freundschaftlichem Kontakt stehen, ist auch gleichzeitig Ausdruck dafür, dass wir ein verlässlicher Partner für Spieler sind.

 
Manager Sedat Özbicerler von den 99ers

Manager Sedat Özbicerler von den 99ers

Die RBBL scheint in dieser Saison so stark wie nie, dennoch marschiert der amtierende Meister aus Wetzlar ungeschlagen. Ist die Meisterschaft schon entschieden?
Aus meiner Sicht ja. Es wäre schon eine ziemlich große Überraschung wenn Lahn-Dill noch von irgendeinem RBBL-Team gestoppt würde und die nationalen Titel streitig gemacht würden. Der Kader der Vorsaison war ja schon sehr gut. Mit Steve Serio ist nochmal ein Weltklasse-Spieler hinzugekommen. Die laufende Saison ist für die Wetzlarer besten Falls ein WarmUp-Programm für die Champions League.

 

Kannst du uns einen kurzen Einblick geben, was in Köln außer dem Team in der 1. Rollstuhlbasketball-Bundesliga sonst noch passiert?
Zu unserem Nachwuchs-/ Breitensportkonzept und unseren weiteren Teams habe ich ja eben schon einiges gesagt. Daneben gibt es aber noch weitere Projekte wie unser KickOff Turnier. Köln war schon immer mit dem Bernd Best Turnier Ausrichter des größten RBB Turniers in Europa. Nachdem Guido Schiwing das Turnier nicht mehr ausrichten wollte hat sich der damals aufkommende Rollstuhlrugby der Philosophie Bernd Bests und auch des Turniers angenommen. Wir haben nach kurzer Pause dieses Turnier unter dem Namen KICK OFF Turnier als internationales Vorbereitungsturnier wiederbelebt. Dabei ist uns besonders wichtig, dass alle unsere Teams dort starten können – zwischenzeitlich waren wir bei über 20 Mannschaften und 3 Leistungsklassen.

Leider hat uns die Sporthallensituation in Köln dazu gezwungen, wieder in kleineren Dimensionen zu arbeiten. Aber wir haben das Turnier weiterhin international und mit mindestens 2 Leistungsklassen aufrecht gehalten. Die Durchführung der Schiedsrichterfortbildung der Bundesliga während unseres Events ist auch eine Auszeichnung. Neben unserem eigenen Turnier waren wir bereits zweimal Gastgeber eines 3-Nationenturniers für die Damennationalmannschaft. Unser Summer Camp hat auch bereits zweimal stattgefunden – einmal unter der Leitung von Patrick Anderson und einmal mit Paul Schulte. Eine Fortsetzung soll folgen.

Wir kooperieren außerdem eng mit der Deutschen Sporthochschule, wobei wir regelmäßig Studenten Hospitationsmöglichkeiten bieten, unseren Sport in Seminaren präsentieren und für Interviews zu Verfügung stehen. Auch mit verschiedenen Kölner Schulen finden regelmäßig gemeinsame Projekte statt.

 

Zu guter Letzt: Was steht auf deinem persönlichen und was auf deinem Manager-Wunschzettel zu Weihnachten?
Persönlich wünsche ich mir natürlich eine weiterhin glückliche und gesunde Zukunft mit meiner Frau und unseren zwei Söhnen. Der Manager wünscht sich, dass unser Kader die Saison gesund bleibt und wir mit dieser Truppe in der neuen Saison wieder an den Start gehen und auf dem Bisherigen aufbauen können. Es wäre toll, wenn wir unsere Ideen und Ziele mit unseren aktuellen und hoffentlich weiteren neuen Partnern erreichen können.

 

 

Interview: Sven Labenz // Fotos: RBC Köln 99ers

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