Cassandras Plaudercouch | Interview mit Annika Zeyen

Beim Juniorenländerpokal in Bonn habe ich die ehemalige Nationalspielerin Annika Zeyen getroffen. Was wir uns so zu erzählen hatten, lest ihr in meinem neuesten Interview:

 

Hallo Annika, schön, dass du dir die Zeit nimmst 😁 Du spieltest zuerst beim ASV Bonn, von 2004 bis 2009 beim RSV-Lahn Dill und von 2009 bis 2013 in der Mannschaft der University of Alabama. Zu Beginn der Saison 2013 / 2014 bist du zu den BG Baskets Hamburg gewechselt. Welcher Verein gefiel dir am besten? Und gab es einen Unterschied zwischen den Vereinen?

Ich habe die Zeit in allen meinen Vereinen genossen und ich denke, dass sie zum jeweiligen Zeitpunkt für mich die jeweils beste Wahl waren.

 

Okay, wie war’s in Bonn?

Mein Start beim ASV Bonn war super, denn dort konnte ich mich von der Jugendmannschaft über die Oberliga und die 2. Bundesliga bis in die 1. Bundesliga hochspielen. Das war für meine Entwicklung genau richtig.

 

Und Wetzlar?

Nach dem Abitur hatte ich dann die Möglichkeit, zum RSV Lahn-Dill zu wechseln. Dort konnte ich noch mal professioneller trainieren, von internationalen Topspielern lernen und viele Titel gewinnen.

 

Dann kam Amerika.

Ja, nach 5 Jahren beim RSV Lahn-Dill war dann der Schritt in die USA genau richtig, denn dort konnte ich im Team der University of Alabama in einem reinen Damenteam spielen, was mich vor allem für meine Rolle in der Nationalmannschaft weitergebracht hat.

 

Wie ging es weiter?

Nun, meine letzte Station bei den BG Baskets Hamburg habe ich gewählt, um mich optimal auf die Paralympics in Rio vorbereiten zu können. Es war optimal Bundestrainer Holger Glinicki gleichzeitig auch als Heimtrainer zu haben und mit vielen meiner Mitspielerinnen aus der Nationalmannschaft in einem Team zu spielen. Wir haben in Hamburg auch zusätzlich zur Bundesliga mit einem reinen Damenteam in Regionalliga gegen Männerteams gespielt. Insgesamt eine super Vorbereitung für Rio. Insofern waren die Vereine alle sehr unterschiedlich, aber es gibt keinen Favoriten, denn alle Stationen waren wie gesagt zum jeweiligen Zeitpunkt genau richtig.

 

Wie viele Jahre hast du gebraucht um für die Nationalmannschaft nominiert zu werden?

Für mich kam die erste Einladung zur Nationalmannschaft sehr überraschend und schnell. Nach meinem Unfall 1999, habe ich im gleichen Jahr das erste Mal Rollstuhlbasketball gespielt. Zwei Jahre später, im Alter von 16 Jahren habe ich meine erste Deutsche Meisterschaft der Damen gespielt und wurde dort zu meinem ersten Lehrgang der Nationalmannschaft eingeladen. Damit hatte ich absolut nicht gerechnet. Nach einigen Lehrgängen und meinem ersten Länderspiel im Alter von 16 wurde ich dann 2002 für meine erste Weltmeisterschaft nominiert.

 

Du durftest 2016 bei den olympischen Sommerspielen in Rio de Janeiro die deutsche Fahne tragen. Was war das für ein Gefühl? 

Es war eine riesengroße Ehre bei den Paralympics in Rio die deutsche Fahne ins Maracana-Stadion tragen zu dürfen. Das ist ein Erlebnis, das ich niemals vergessen werde und ich bin sehr dankbar, dass Holger Glinicki mich als Fahnenträgerin vorgeschlagen hat.

 

Und konntest du danach noch schlafen?

Auch wenn das ganze Ereignis natürlich sehr aufregend war, konnte ich trotzdem gut schlafen. Denn wir hatten ja nach dem Gewinn der Silbermedaille ordentlich gefeiert und dadurch leichten Schlafmangel.

 

Nach den olympischen Sommerspielen 2016 in Rio de Janeiro hast du die große Bühne des Rollstuhlbasketballs verlassen.  Ist es dir schwer gefallen mit dem Rollstuhlbasketball aufzuhören? Und was hat dich dazu bewogen?

Ich hatte schon einige Zeit vor Rio entschieden, dass ich nach den Paralympics meine Rollstuhlbasketball-Karriere beenden würde. Grund dafür war, dass die Kombination aus Job, Bundesliga und der Nationalmannschaft auf Dauer einfach zu viel war. Tägliches Training, die Arbeit, die Wochenenden auf Reise und kein wirklicher Urlaub, da ich meine Urlaubstage für die Nationalmannschaft genommen habe. Das war einfach unheimlich anstrengend, und ich wollte auch mal selbst entscheiden, was ich an den Wochenenden mache.

 

Du bist dann im Juni 2017 zum Rennrollstuhlsport umgestiegen, richtig?

Das stimmt. Es war völlig klar für mich, dass ich weiterhin viel Sport machen würde. So hatte ich dann nach Rio wieder Zeit, ein paar Sportarten zu betreiben, für die ich viele Jahre keine Zeit hatte: Handbiken, Badminton, Monoski fahren, Wasserski fahren usw. Ich habe dann auch Ende 2016 zum ersten Mal das Rennrollstuhlfahren ausprobiert und war direkt begeistert. Mit Alhassane Balde hatte ich in Bonn vor Ort auch einen super Trainingspartner und mit Alois Gmeiner einen super Coach. So hat sich dann aus dem „nur mal ausprobieren“ schnell deutlich mehr entwickelt.

 

Du hast so viele Jahre Rollstuhlbasketball (Teamsport) betrieben. Jetzt machst du Rennrollstuhl, das ist ein Einzelsport. Wie motivierst du dich alleine? 

Es ist natürlich ein großer Unterschied zwischen einer Team- und einer Einzelsportart, und ich sehe mich auch absolut als Teamspielerin. Allerdings findet das Training im Rennrollstuhl auch teilweise im Team statt, was ich sehr gut finde. Nur bei den Wettkämpfen kommt es dann allein auf einen selbst an. Generell bin ich einfach ein sehr ehrgeiziger Mensch und habe kein Problem damit, mir Ziele zu setzen und mich selbst zu motivieren.

 

Und wie oft trainierst du dafür?

Rennrollstuhl fahren ist ein sehr trainingsintensiver Sport. Ich habe Trainingseinheiten am Tag.

 

Du warst Spielerin der BG Baskets Hamburg. Wie findest du das dort die Weltmeisterschaft stattfindet? 

Ich finde es total super, dass die Rollstuhlbasketball WM in Hamburg stattfindet.

 

Und wirst du Zeit finden, dir die Spiele anzusehen?

Tja, leider findet die Para-Leichtathletik EM zur gleichen Zeit statt. Und deshalb kann ich leider nicht in Hamburg vor Ort sein. Ich drücke aber meinen Mädels – und den Jungs natürlich auch – ganz feste die Daumen und werde hoffentlich viele Spiele im Livestream verfolgen können. Let’s go, Team Germany!

 

Danke, dass du auf meiner Plaudercouch Platz genommen hast, Annika. 😁

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